Samstag, 30. November 2019

China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung

Teil 1

China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung – Teil 1
Neue Systemkonkurrenz – Kapitalismus à la USA vs. Kapitalismus à la China?
Die kommunistisch koordinierten kapitalistischen Praktiken haben aus der Volksrepublik China, einem einst kolonial verarmten Entwicklungsland, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde gemacht – und einen direkten Konkurrenten der USA bei der Gestaltung der Globalisierung.
In seinem aktuellen Buch "Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts" untersucht Werner Rügemer abschließend den Aufstieg Chinas zur wirtschaftlichen Supermacht und damit zum direkten Konkurrenten der USA. Mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht RT Deutsch nachfolgend Teile des Kapitels "China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung".
Der KP-Vorsitzende Xi Jinping kritisierte in seiner Eröffnungsrede beim Weltwirtschaftsforum 2017 die gegenwärtigen Kriege des Westens sowie "die exzessive Profitjagd durch das Finanzkapital (...) die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich und zwischen Norden und Süden (...). Das reichste ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt mehr Reichtum als der Rest der 99 Prozent (...). Für viele Familien ist ein warmes Haus, genug zu essen und eine sichere Arbeit immer noch ein ferner Traum." Die Umkehr könne nur durch gleichberechtigte, friedliche Globalisierung erreicht werden. Eine solche Globalisierung hat China bisher praktiziert und führt sie fort.
Teil II – Regionale und kontinentale Kooperationen
Teil I – Allmähliches Vorrücken ins kapitalistische Zentrum
Zwei Jahrzehnte nachdem westliche Konzerne in China investiert hatten, begannen chinesische Unternehmen mit Investitionen im Ausland. Seit 2000 galt die Strategie Going Global. Die Investitionen konzentrierten sich zunächst auf asiatische Staaten, auch Australien und Neuseeland, dann auf Afrika und auf die für die erweiterte Produktion notwendigen Rohstoffe: China ist, neben Kohle und seltenen Erden, ein rohstoffarmes Land, ähnlich den USA und der EU.
Neue Systemkonkurrenz – Kapitalismus à la USA vs. Kapitalismus à la China?
Seit und nach der westlichen Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007 kauft China Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen verstärkt in den zentralen kapitalistischen Staaten, in den USA und in der EU – in der EU zunächst im traditionell verbundenen Großbritannien, dann auch in Deutschland, Frankreich, Italien und auch etwa in der Schweiz. Das begann gleichzeitig mit den Aufkäufen durch die neuen Finanzakteure BlackRock & Co. Der Umfang dieser chinesischen Investitionen im Zentrum des westlichen Kapitals ist allerdings bis heute ungleich niedriger, beträgt in Deutschland 0,3 Prozent aller ausländischen Investitionen, verursacht aber ein Tausendfaches an öffentlicher Aufregung. 2015 übertrafen die chinesischen Investitionen im Ausland zum ersten Mal die ausländischen Investitionen in China. Während China im Jahre 2000 beim Umfang der Auslandsinvestitionen im internationalen Vergleich noch an 32. Stelle lag, lag es 2015 hinter den USA und Großbritannien an 3. Stelle. Über 20.000 chinesische Unternehmen sind im Ausland (Mit-)Eigentümer von Unternehmen, verteilt auf 140 Staaten.
Die Aufkäufe haben nicht das Ziel wie bei den US-Finanzinvestoren, bestehende Substanz zu verwerten und schnellen und hohen Profit herauszuholen. Vielmehr sollen die chinesische Volkswirtschaft und die chinesischen Unternehmen modernisiert, komplettiert werden. Mit der Strategie Made in China 2025 soll die Produktion in China selbst weiter verbessert werden – Entwicklung der Binnenproduktion und des Binnenmarkts. Deshalb rügt der Staat jetzt öffentlich "irrationale" und schuldenfinanzierte Investments privater chinesischer Konzerne im Ausland und verlangt Korrektur.
Staatliche und private Konzerne auf globaler Einkaufstour
Bei den Aufkäufen sind große Staatsunternehmen ebenso aktiv wie Privatunternehmen. Zu den Staatskonzernen zählen die vier größten Banken, die zugleich auch die größten Banken der Welt geworden sind, dann etwa der Telekommunikationskonzern China Mobile, der Stromnetzbetreiber SGCC, der Eisenbahnhersteller CNR und der Ölkonzern CNP. Zu den global aktiven Privatkonzernen gehören die Internetplattform Alibaba, der Technologiekonzern Huawei, der Smartphonehersteller Xiaomi und der Nahrungsmittelkonzern Yili.
Die Aufkäufe im Ausland haben sich verändert. In Europa standen zunächst Maschinenbau, Energie und Autozulieferer im Vordergrund, dann folgten High-Tech/IT, Pharma und Finanzdienste. Sie werden gegenwärtig durch Biotechnologie, Medizin- und Umwelttechnik, Textil- und Logistikindustrie sowie Tourismus und Hotellerie ergänzt. In jedem Land wird das Passende und Beste gesucht, in Frankreich etwa auch Weingüter, die als Familienbetriebe nicht weitermachen.
Neben Investitionen in der EU wurde Russland zu einem immer wichtigeren Standort. Seit dem Beginn der Neuen Seidenstraße 2013 investiert China verstärkt in süd- und osteuropäischen EU-Staaten, in Portugal, Italien, Griechenland und Zypern, aber auch in den verarmten Staaten des westlich eroberten Balkans.
Beispiel Deutschland
Das seit Beginn größte Zielland für chinesische Investitionen in Europa war Großbritannien. Die wichtigste industrielle Technik für China liegt inzwischen aber bei den hochqualifizierten, spezialisierten Mittelstandsfirmen in Deutschland. So ist der Standort Deutschland, verbunden mit seiner wirtschaftlichen und politischen Stellung in der EU, das wichtigste "Tor nach Europa".
So vervierzigfachten chinesische Unternehmen ihren Investitionsbestand in Deutschland von 129 Millionen Euro im Jahr 2004 auf 5,9 Mrd. Euro im Jahr 2014. Für Ende 2016 wird der deutsche Investitionsbestand in China mit 60 Mrd. Euro, der chinesische Investitionsbestand in Deutschland mit 7,55 Mrd. angegeben. In China waren 8.000 deutsche Unternehmen präsent, in Deutschland gut 2.000 chinesische – von 16.000 ausländischen Unternehmen insgesamt. Der US-Investitionsbestand in Deutschland beträgt mehr als das Hundertfache. Aber schon wird es laut herrschendem US- und EU-Selbstverständnis gefährlich.
Rein wirtschaftlich ist auch in kapitalfreundlichen Kreisen klar: Die Investitionen aus China helfen dem Wachstum in der EU, bringen Innovation, schaffen neue Arbeitsplätze und eröffnen den aufstrebenden Markt Chinas.
Die meisten Käufe tätigte der Autozulieferer Ningbo Joyson Holding, dem folgt der Nähmaschinenhersteller Shanggong Group, der Autozulieferer Ningbo Huaxing Electronic, der Flugzeugzulieferer AVIC und der Mischkonzern Zhongding Group. Dabei wurden auch mehrere tausend Patente übernommen, etwa 700 bei Kuka. Bei den Käufen geht es um die vollständige oder kontrollierende Übernahme; anders motivierte Minderheits-Beteiligungen etwa bei der Deutschen Bank und Daimler sind hier nicht berücksichtigt.
Daneben haben global agierende Unternehmen aus China Niederlassungen in Deutschland eröffnet, so Huawei (Telekommunikation), COSCO (Container-Schifffahrt) und die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), die größte Bank der Welt.
Perspektiven für Beschäftigte und neue Märkte
2016 hatte das chinesische Unternehmen Midea den größten deutschen Roboterhersteller Kuka gekauft. Geschäftsführung, Aktionäre, der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall stimmten für den Verkauf. Es ging um 12.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Nur China, der größte Markt für Produktion und Einsatz von Robotern, bietet eine Perspektive.
Im Unterschied zu Blackstone & Co bürden die chinesischen Käufer den gekauften Mittelstandsfirmen nicht die Kaufkredite auf. Die Chinesen belassen die bisherige Geschäftsführung im Amt, geben langfristige Garantien für die Arbeitsplätze und eröffnen einen großen Markt in China. So war etwa das deutsche Unternehmen Kiekert im Jahr 2000 zuerst von Permira aufgekauft, überschuldet und geschrumpft und dann an neue westliche PE-Investoren weiterverkauft worden: Erst ab 2012 kam Kiekert aus der Krise heraus, als das Unternehmen von Lingyun übernommen wurde. Es wurden hunderte neue Arbeitsplätze geschaffen. So "haben sich Manager, Beschäftigte und sogar Gewerkschaften mittlerweile daran gewöhnt, chinesische Investoren den Private-Equity-Fonds vorzuziehen".
Selbst die chinakritische Bertelsmann-Stiftung bescheinigt den chinesischen Investoren: Sie "bringen frisches Kapital ins Land, schaffen und erhalten Arbeitsplätze (...) (sie bedeuten ein) langfristiges Bekenntnis zum Standort, Beschäftigungsgarantien und verbesserten Zugang zum chinesischen Markt".
Zu kritisieren haben die Bertelsmänner im Einklang mit der Bundesregierung und der Unternehmerlobby, dass in China staatliche Subventionen und Staatsbetriebe den Wettbewerb verzerren. Doch staatliche Lenkung ist nötig, wenn die Volkswirtschaft insgesamt wie auch einzelne Technologien vorangebracht werden sollen. Auch das bewunderte High-Tech in Silicon Valley verdankt seinen Aufstieg staatlicher Protektion.
Europäische Union
Auch in anderen EU-Staaten kaufen chinesische Investoren Firmenanteile, die einen strategischen Einfluss ermöglichen, der Firma Kapital zuführen und den chinesischen Markt öffnen.
Auch Ernst & Young bestätigte, dass chinesische Investoren in der EU beliebter und erfolgreicher als US-Investoren sind, weil sie "in Übernahmekämpfen mit US-Firmen punkten, die Unternehmen zerschlagen und Arbeitsplätze im großen Stil abbauen wollen".
USA und EU – die Handelssupermächte des Westens. Wer ist Koch und wer ist Kellner?
USA und EU gegen China
Dem Verkauf von Kuka an Midea war eine heftige Kritik der deutschen Bundesregierung und der Europäischen Kommission vorangegangen. Sie warnten: Deutsche Technologie werde nach China "abgesaugt". Sie suchten hektisch in Europa nach einem anderen Käufer – vergeblich. Aber der "Fall Kuka" führte dazu, dass die Europäische Kommission chinesische Investitionen nun auf die Verletzung "strategischer Interessen" überprüfen will.
Dabei folgt die EU den USA. So hatte der deutsche Wirtschaftsminister 2016 schon die Genehmigung erteilt, dass Fujian Grand Chip (FGC) die deutsche Technologiefirma Aixtron kaufen kann. Die Aixtron-Aktionäre hatten zugestimmt, ebenso Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Betriebsrat. Doch US-Geheimdienste intervenierten: Die nationale Sicherheit der USA sei gefährdet, wegen der Aixtron-Filiale mit 100 Beschäftigten in Kalifornien. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zog die schon erteilte Genehmigung zurück. US-Präsident Obama verbot im Dezember 2016 den Verkauf endgültig: Grundlage ist der Defense Production Act von 1950, der die zivile und militärische Produktion für den Koreakrieg sichern sollte.
Die NATO verhindert die Entwicklung Grönlands
Hier soll noch ein besonders absurd scheinender Fall geschildert werden. Grönland, im arktischen Nordatlantik nahe Kanada gelegen, hat eine sechsmal größere Fläche als Deutschland, aber nur 56.000 Einwohner. Sie leben wie seit Jahrhunderten fast ausschließlich vom Fischfang (Heilbutt, Kabeljau, Krabben), mit dem auch zu 90 Prozent der Export bestritten wird. Aber Grönland ist reich an Bodenschätzen: Erz, Zink, Blei, Uran, Öl, Edelsteine, seltene Erden. Wegen der geografischen und klimatischen Lage ist die Erschließung bisher unmöglich. Einzelne Ansätze britischer und norwegischer Unternehmen kamen nicht weiter. Doch 2014 kaufte das chinesische Bergbauunternehmen General Nice Group (GNG) das insolvente britische Unternehmen London Mining und dessen Lizenzen in Grönland. GNG mit 12.000 Beschäftigten und Niederlassungen in 80 Staaten ist ein wichtiger Zulieferer der weltweiten Stahlindustrie. Die grönländische Regierung verbindet mit ihm große Hoffnung.
Zur Erschließung der Bodenschätze wie auch zur Verbesserung der Infrastruktur für die Einwohner, die auf 17 weit voneinander entfernte Städte verteilt sind, hat die Regierung den Bau und Betrieb von drei Flughäfen ausgeschrieben – bisher gibt es nur einen Flughafen. Auch der Tourismus soll damit gefördert, später sollen auch Straßen gebaut werden. Für die neuen Flughäfen meldeten sich 11 Unternehmen, aus Dänemark, Kanada, Island, den Färöer-Inseln und den Niederlanden – und aus China. Der grönländische Regierungschef Kim Kielsen hatte Peking besucht, die chinesischen Bewerber haben wegen ihres integrierten Ansatzes und günstigen Preises die besten Aussichten.
Plötzlich taucht die NATO auf
Doch nun intervenieren die dänische und die US-Regierung. In der Kolonie Grönland des Königreichs Dänemark hatten die USA 1941 einen Militärstützpunkt errichtet. 1951 wurde Grönland zum NATO-Verteidigungsgebiet erklärt – der US-Militärstützpunkt Thule Air Base besteht bis heute. Seit einem Jahrzehnt ist Grönland keine Kolonie mehr, unterliegt aber außenpolitisch weiter dem NATO-Mitglied Dänemark.
2016 wollte die dänische Regierung einen verlassenen Marinestützpunkt in Grönland verkaufen. Als ein chinesisches Unternehmen sich dafür interessierte, zog sie das Angebot schnell zurück – aus Rücksicht auf die USA.
Auch wegen der chinesischen Angebote für die neuen Flughäfen haben die USA 'Sicherheits'bedenken angemeldet. Die USA wollen in Grönland in aller Ruhe ihren Militärstützpunkt betreiben und fürchten die Weiterungen der "Arktischen Seidenstraße", eines weitergehenden chinesischen Plans: Aufbau eines Hafensystems zur Verkürzung der Seewege. Hinter vorgehaltener Hand gestehen dänische Regierungsbeamte, dass man auf die "Interessen unseres engsten Bündnispartners USA" Rücksicht nehmen müsse.
Der dänische Verteidigungsminister erklärte nach einem Treffen Ende Mai 2018 mit US-Verteidigungsminister Jim Mattis: Das Pentagon möchte keine chinesischen Investitionen in Grönland, das bedrohe "die Sicherheit". Dabei blieb öffentlich unklar, um welche oder wessen Sicherheit es gehe.
Dänemark als vielverwendbarer US-Vasall
Die USA wollten schon im ganzen 20. Jahrhundert, unter welcher politischen Konstellation auch immer, die wirtschaftliche Verbindung zwischen dem europäischen Zentralstaat Deutschland und Sowjetunion/Russland verhindern. Gegenwärtig richtet sich das u.a. gegen die Erdgaslieferungen Russlands in die EU.
Die USA mischen sich in die Auseinandersetzungen um die beschlossene Gas-Pipeline Nord Stream 2 ein. Osteuropäische Staaten wie die Ukraine fürchten um den Verlust von Durchleitungsgebühren, wenn die neue Pipeline nicht durch ihr Territorium verläuft. Die USA drängeln in Polen und in Deutschland auf Stopp. Sie wollen ihr eigenes – teureres – Fracking-Gas in die EU verkaufen. Nicht nur auf die beteiligten deutschen Unternehmen Wintershall und Uniper üben sie Druck aus, auch auf Shell (britisch-niederländisch), Engie (Frankreich) und OMV (Österreich). So hat auch das kleine Dänemark auf Druck von drüben die zunächst genehmigte Verlegung von Röhren entlang der dänischen Küsten verboten. Gleichzeitig haben die USA und Dänemark ihre Energiegeschäfte intensiviert. Und gleichzeitig hat Facebook mit besonderen Vorrechten sein neues europäisches Datenzentrum in Dänemark installiert.
In der Zange – die EU im Handelsstreit mit den USA.
Kooperative Globalisierung
Seit zwei Jahrzehnten investiert China in fast allen anderen Staaten. Für über 90 Staaten wurde China der größte Handelspartner, auch für die mächtigsten wie USA, Japan, Deutschland, Brasilien und Russland.
Im Unterschied zu den westlichen Staaten macht China seine Investitions- und Handelsbeziehungen nicht von Freund-Feind-Kriterien abhängig. Die Volksrepublik entwickelt Beziehungen zu Iran und Saudi-Arabien, zu Israel und Palästina, zur Ukraine und zu Russland. Friedliche und inklusive Globalisierung ist das Motto. Während die USA sich immer weiter von der UNO entfernen, orientiert sich China prinzipiell am UN-Völkerrecht: Gleichberechtigung der Staaten (z. B. auch in WTO und IWF), Teilnahme an UN-Friedensmissionen, multipolares Weltsystem, Aufbau von Kooperationen, keine politische Einmischung.
In gewissem Sinne belebt China die breite Bewegung der "Blockfreien". 1955 hatten sich Staaten zusammengeschlossen, die sich aus kolonialer Abhängigkeit und faschistischer Besetzung befreit hatten: Führend waren China mit Zhou Enlai, Jugoslawien mit Josip Tito, Indonesien mit Sukarno, Ägypten mit Abdel Nasser, Ghana mit Kwane Nkrumah und Indien mit Jawarhal Nehru. Zahlreiche postkoloniale "Entwicklungsländer" aus Afrika und Lateinamerika schlossen sich an. Doch der US-geführte Westen putschte progressive Regierungen weg (Mossadegh/Persien, Sukarno, Allende/Chile, Bolivien), Geheimdienste ermordeten Politiker (Lumumba/Kongo, Sankara/Burkina Faso, Bishop/Grenada), Diktaturen wurden aufgerüstet (Haiti, Guatemala, Venezuela, Apartheid/Südafrika, Argentinien, Uruguay), Marionettenregierungen wurden aufgebaut (Südvietnam, Südkorea, Taiwan, Honduras, Kolumbien, Panama, Karibik), reaktionäre Regierungsclans wurden korrumpiert und für günstige Investitionen bestochen (Schah Reza Pahlavi/Iran, Marcos/Philippinen, Suharto/Indonesien).
1973 bildeten sozialistische und Entwicklungsländer die G77. Mit ihrer Mehrheit beschloss die UNO die New International Economic Order: Gleichberechtigte Wirtschaftsbeziehungen, Abrüstung und die Anerkennung der Charta der UNO. Doch der US-geführte Westen zerstörte die Entwicklung. 1975 bildeten die USA, Großbritannien, Frankreich, Japan, Italien, Kanada und Deutschland mit G7 die Gegen-Revolution; IWF und Weltbank organisierten mit den Vorläufern der neuen Finanzakteure die Überschuldung von Staaten und erpressten Privatisierungen und Regierungswechsel (Mexiko, Brasilien, Venezuela, Argentinien, Ägypten, Marokko, Jugoslawien, Südkorea ...).
Chinas gegenwärtiger Aufbau weltweiter Infrastruktur, die Entwicklung unterschiedlicher regionaler Bündnisse, verbunden mit der Wirtschaftskraft und dem Kreditpotential Chinas, kann dieser erstickten, aber nach wie vor virulenten Aspiration in vielen Dutzend Staaten und Regionen einen neuen, nachhaltigen, strategischen Impuls verleihen.



China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung – Teil 2

China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung – Teil 2
Neue Systemkonkurrenz – Kapitalismus à la USA vs. Kapitalismus à la China?
Die kommunistisch koordinierten kapitalistischen Praktiken haben aus der Volksrepublik China, einem einst kolonial verarmten Entwicklungsland, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde gemacht – und einen direkten Konkurrenten der USA bei der Gestaltung der Globalisierung.
In seinem aktuellen Buch "Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts" untersucht Werner Rügemer abschließend den Aufstieg Chinas zur wirtschaftlichen Supermacht und damit zum direkten Konkurrenten der USA. Mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht RT Deutsch nachfolgend Teile des Kapitels "China: Wirtschaftliche und friedliche Globalisierung".
Der KP-Vorsitzende Xi Jinping kritisierte in seiner Eröffnungsrede beim Weltwirtschaftsforum 2017 die gegenwärtigen Kriege des Westens sowie "die exzessive Profitjagd durch das Finanzkapital (...) die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich und zwischen Norden und Süden (...). Das reichste ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt mehr Reichtum als der Rest der 99 Prozent (...). Für viele Familien ist ein warmes Haus, genug zu essen und eine sichere Arbeit immer noch ein ferner Traum." Die Umkehr könne nur durch gleichberechtigte, friedliche Globalisierung erreicht werden. Eine solche Globalisierung hat China bisher praktiziert und führt sie fort.
Teil II – Regionale und kontinentale Kooperationen
Mit den fortgesetzten internationalen Investitionen und Handelsbeziehungen hat China mehrere regionale und kontinentale Kooperationen initiiert. Sie sind der jeweiligen Situation angepasst.
Neue Systemkonkurrenz – Kapitalismus à la USA vs. Kapitalismus à la China?
Shanghai Cooperation Organisation (SCO)
Auf Initiative von China wurde 2001 die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit gegründet. Als eine eurasische Union umfasst sie neben der Volksrepublik auch Russland, Indien, Pakistan, Kirgisien, Tadschikistan, Usbekistan und Kasachstan. In diesen Staaten wohnen etwa 40 Prozent der Menschheit. Als Beobachterstaaten kamen die Mongolei, Afghanistan, Weißrussland und der Iran hinzu. Weitere zehn Staaten haben Dialog- und Gaststatus. Gründungsziel war die Bekämpfung von Terrorismus und Separatismus, deshalb werden auch kleinere Militärmanöver organisiert. In der Folgezeit kamen wirtschaftliche Kooperationsprojekte hinzu. Der IWF, der sich unbeliebt gemacht hat, wird allmählich durch chinesische Kreditgeber ersetzt. Während der Westen sich in Afghanistan militärisch eingräbt, entwickelt die SCO sogar dort Infrastrukturprojekte.
BRICS
Auf anderen gemeinsamen und keineswegs einheitlichen Interessen beruht der Zusammenschluss Chinas mit den Schwellenländern Brasilien, Indien, Russland, Südafrika (BRICS). Sie repräsentieren fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Seit 2009 treffen sich die Regierungen reihum in den Hauptstädten, um Kooperationen zu vereinbaren. China hat Ägypten, Mexiko, Thailand, Tadschikistan und Guinea zur Teilnahme eingeladen.
Als Antwort auf das von Obama initiierte Pazifische Freihandelsabkommen (TPP) – inzwischen von Trump ohnehin blockiert – treibt China eine Asien-Pazifik-Freihandelszone (FTAAP) voran. Die Sanktionen, die von der US-Regierung unter Trump nicht nur gegen China, sondern auch gegen US-Verbündete wie die EU und Kanada gerichtet sind, haben beim BRICS-Treffen 2018 in Südafrika zu gemeinsamem Protest geführt: Die multilateralen Institutionen UNO und WTO und die Herrschaft des Rechts müssten gestärkt werden. Zusätzlich nahmen Regierungsdelegationen aus 18 afrikanischen Staaten sowie Argentiniens und der Türkei an den Beratungen teil.
Forum für China-Afrika-Kooperation (FOCAC)
China wurde innerhalb eines Jahrzehnts auch zum größten Handelspartner für Staaten des afrikanischen Kontinents. Im Forum für China-Afrika-Kooperation (FOCAC), 2000 gegründet, wurden alle Staaten des Kontinents Mitglied, außer Swasiland – als einziger unterhält dieser Staat diplomatische Beziehungen zu Taiwan. China fördert die Gründung von kleinem Gewerbe, von kleinen Textilfabriken und dezentralen Solar- und Biogas-Projekten, aber auch den Abbau von Erdöl und den Anbau von Baumwolle. Das ist verbunden mit der Entwicklung der Infrastruktur. So bauen chinesische Unternehmen in Tansania die Eisenbahnverbindung zwischen dem Hafen Daressalam und dem Nachbarland Sambia. Entlang der Strecke entstehen Fabriken als chinesisch-tansanische Joint Ventures. Die 725 Kilometer lange Eisenbahnverbindung zwischen Addis Abeba und Djibuti ist die erste voll elektrifizierte in Afrika.
McKinsey muss feststellen: Die etwa 10.000 chinesischen, meist privaten Unternehmen auf dem Kontinent tragen zur Verbilligung von Produkten und zur gezielten Ausbildung von Managern und Arbeitern bei. Chinas Investitionen sind "äußerst positiv für die Volkswirtschaften Afrikas, für Regierungen und Arbeiter".
Viele afrikanische Staaten sind ökonomisch und politisch von westlichen Staaten abhängig. Aber China zeigt, wie der Weg aus Unterentwicklung aussehen kann. So können auch afrikanische Unternehmen viel leichter in China investieren. Neuerdings wird auch die Zusammenarbeit bei Verteidigung, Sicherheit, Terroristenbekämpfung und Waffenlieferungen mit 49 afrikanischen Staaten vertieft.
China-CELAC Forum
Südamerika ist zeitlich der letzte Kontinent, den China für sich erschließt. Für wichtige Staaten wie Brasilien, Peru, Chile und Venezuela wurde die Volksrepublik schnell zum größten Handelspartner.
Die zeitliche Verzögerung hat damit zu tun, dass Südamerika seit über einem Jahrhundert der "Hinterhof" der USA war und vielfach noch ist oder wieder werden soll. Die 33 Staaten Lateinamerikas selbst haben sich erst 2011 zur Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños (CELAC, Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten) zusammengeschlossen. Damit soll die nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA gegründete und beherrschte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS, Sitz Washington) abgelöst werden. Alle Staaten des Kontinents und der Karibik sind Mitglied in CELAC – außer den kolonialen Rest-Territorien der Niederlande (Antillen), Frankreichs (Guayana), Großbritanniens (Falkland, Cayman und Virgin Islands, Bermuda) und der USA (Bahamas), die außen-, handels- und steuerpolitisch weiter von ihren ehemaligen Herren und Königinnen abhängig sind.
2013 verkündete US-Außenminister John Kerry: Die Ära der Monroe-Doktrin ist zu Ende. Damit war zumindest rhetorisch der "Hinterhof"-Status Süd- und Mittelamerikas aufgegeben. Die USA waren in mehreren Staaten des Kontinents als Entwicklungshindernis kritisiert worden, etwa durch die venezolanische Regierung unter Hugo Chavez. Schon 1997 hatten die USA ihr Southern Command von Panama nach Miami verlegt. 2000 übernahm Panama nach einem Jahrhundert von den USA die Regie über den Panama-Kanal.
China hat 2014 das China-CELAC Forum initiiert. Der 2015 beschlossene Kooperationsplan, der bis 2019 läuft, regelt die verschiedenen Formen und Foren der Kooperation, auf Ebene der Regierungen, der Unternehmen und Experten. Zwischen Chile und China soll ein 19.000 Kilometer langes Hochleistungs-Unterseekabel verlegt werden. China hat die CELAC-Staaten auch eingeladen, der Asian Investment and Infrastructure Bank (AIIB) beizutreten. Es geht aber nicht nur um Infrastruktur, Technologie und Finanzen, sondern auch um Kultur, Bildung, Umweltschutz und Tourismus.
Globales Elektrizitätsnetz
Chinas übergreifendes internationales Konzept ist seit 2013 die Neue Seidenstraße. Ein Teilprojekt, das schon vorher begonnen wurde, ist das Globale Elektrizitätsnetzwerk.
Der staatliche Netzbetreiber State Grid Corporation of China (SGCC) koordiniert die Beteiligung an Stromnetzen in anderen Staaten, so bisher in Laos, Brasilien, Chile, Portugal, Italien, Spanien, Griechenland, Mosambik, Südafrika und auf den Philippinen. SGCC ist auf der Fortune-500-Liste nach WalMart das zweitgrößte Unternehmen der Erde.
Chinesische Unternehmen haben die von Siemens und Asea Brown Boveri (ABB) produzierten Ultra-Hochspannungskabel weiterentwickelt (ultra high voltage, UHV). Sie sind die schnellsten und leistungsfähigsten der Welt mit dem geringsten Transportverlust. SGCC hat in China bereits 37.000 Kilometer verlegt. Die Kabel werden auch in den ausländischen Stromnetzen eingebaut. Daraus soll ein interkontinentales Stromnetz entstehen, an dem bis 2050 etwa 100 Staaten beteiligt sein sollen.
Gleichzeitig wird die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien gefördert. Damit sollen die Kosten und die Umweltbelastung sinken, auch durch leichteren Ausgleich von Über- und Unterlastung. Eins der Szenarien lautet: Elektrizität, im Kongo mit Wasserkraft produziert, wird mit UHV nach Europa transportiert.
Nationale und globale Kreditvergabe
China hat für das Netzwerk von 2013 bis Anfang 2018 bereits 452 Mrd. US-Dollar investiert. Für die Neue Seidenstraße, die letztlich alle Kontinente einbeziehen soll, sind noch wesentlich mehr Kredite nötig. Neben Elektrokonzernen wie SGCC verfügt China über ein großes Spektrum von Kreditgebern. Vier chinesische Banken sind die vom Umsatz her größten Banken der Erde.
Dabei gibt es einen systemischen Unterschied: Die US-Banken haben zwar weniger Umsatz, aber einen höheren Aktienwert. Die chinesischen Banken fördern die Realwirtschaft einschließlich steigender Löhne, während die westlichen Banken die Realwirtschaft – insbesondere die Arbeitskraft und die unersetzlichen Ressourcen – auszehren und für ihre eigene Wertsteigerung nutzen.
Daneben finanzieren die China Development Bank und zahlreiche Spezialfonds Klima-, Energie- und Agrarprojekte. Auf Initiative Chinas wurde 2015 die Asia Infrastructure Investment Bank (AIIB) gegründet, China hält die Sperrminorität, fünf Dutzend asiatische und EU-Staaten sind beteiligt. Mit den BRICS-Staaten gründete der chinesische Staat 2014 die New Development Bank (NDB), um sich noch weiter von Weltbank und IWF zu befreien; im Unterschied zur Weltbank, wo die Abstimmungsrechte von der Höhe der Kapitaleinlage der Staaten abhängen und die USA dominieren, haben in der NDB alle Staaten eine gleichgewichtige Stimme.
Die Gürtel- und Straßen-Initiative
Die Neue Seidenstraße, Belt and Road Initiative (BRI, Gürtel- und Straßen-Initiative), knüpft an die alte Seidenstraße an: Das war ein Netzwerk von Handelsrouten, über die seit der Antike Waren zwischen China und dem Mittelmeer transportiert wurden. Für die mindestens 6.400 Kilometer brauchten Karawanen damals bis zu zwei Jahre – wenn sie überhaupt durchkamen. 2008 brauchten Güterzüge mehr als einen Monat, demnächst brauchen sie zwischen Suzhu/Ostchina und Duisburg nur noch zehn Tage. Schon jetzt wird Elektronik, von Hewlett Packard und Asus in Chongqing produziert, nach Duisburg transportiert, und auf dem Rückweg transportieren die Containerzüge BMW-Teile aus Leipzig nach China. BRI ist derzeit das größte wirtschaftliche Kooperationsprojekt der bisherigen Menschheit. Es kann auch als Alternative zu der von den USA und der EU forcierten Politik gesehen werden, die nach dem Scheitern der WTO und nach dem von US-Präsident Trump forcierten Wirtschaftskrieg verstärkt auf bilaterale Handelsverträge (EU-Kanada, EU-Japan u. ä.) setzen. China setzt dagegen auf multipolare und multinationale Strukturen. So besteht die Neue Seidenstraße aus zwei Hauptrouten, dem Wirtschaftsgürtel über den Landweg und über den Seeweg. Beide Routen werden durch Korridore, Nebenstrecken, Industrieansiedlungen und Infrastrukturprojekte mit- und untereinander verbunden.
Bisher sind 68 Staaten beteiligt, aus Europa bzw. Eurasien 23, aus dem Nahen Osten und Afrika 16, aus Ost- und Südostasien 13, aus Mittel- und Südasien 13 – weitere können hinzukommen. Bisher hat China etwa eine Billion US-Dollar investiert, vereinbart oder geplant. Gleichzeitig investieren auch beteiligte Staaten und Unternehmen.
Mit diesen Investitionen sollen auch neue Industrien und Dienstleistungen entstehen, der gegenseitige Handel soll weiter wachsen: Mit Beginn wuchsen die Exporte der beteiligten Staaten nach China schneller als die Exporte Chinas in diese Staaten. Schon bisher sind bei den BRI-Projekten etwa 200.000 neue Arbeitsplätze entstanden.
Auch die Traditionelle Chinesische Medizin gehört dazu
In die Seidenstraße ist etwa auch die Traditionelle Chinesische Medizin eingebunden. Sie wird in China verstärkt gefördert. Zwei Dutzend Zentren für Forschung und Praxis wurden auch bereits im Ausland eingerichtet. Dabei wird mit vergleichbaren Methoden in anderen Kulturen experimentiert, etwa in Verbindung von Akupunktur mit moderner Medizintechnik. So entwickeln in Afrika einheimische Doktoren zusammen mit chinesischen "Barfuß-Ärzten" die Verbindung mit afrikanischer Heilkräuter-Behandlung. Man kooperiert mit der internationalen Organisation "Ärzte ohne Grenzen". Am Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin an der Universität von Guangzhou wird geforscht, wie bei AIDS das Immunsystem gestärkt werden kann. Die Entwicklung hat auch in der etablierten Öffentlichkeit an Aufmerksamkeit gewonnen, nachdem die Pharmakologin Tu Youyou 2015 den Medizin-Nobelpreis bekommen hatte – sie forscht über die Behandlung von Malaria mithilfe alter Methoden.
USA und EU – die Handelssupermächte des Westens. Wer ist Koch und wer ist Kellner?
Ost- und Südeuropa
Die EU hat in den 1990er Jahren, nach der Zerschlagung Jugoslawiens und dem Zusammenbruch der anderen sozialistischen Staaten, diverse Pläne zum wirtschaftlichen Aufbau Ost- und Südeuropas aufgelegt. So definierten die EU-Verkehrsminister 1994 bei ihrer Konferenz, die bewusst in Kreta stattfand, "Prioritätskorridore" für modernisierte Eisenbahnverbindungen mit dem begleitenden Ausbau von Straßen- und Wasserwegen.
Doch aus diesen Plänen wurde fast nichts. Die von der Troika aufgezwungene Sparpolitik trug ebenso dazu bei wie das mangelnde Interesse der neuen Finanzakteure: Hier müsste erst etwas Neues aufgebaut werden, bevor es nach der Methode von BlackRock und Blackstone verwertet werden kann. Einzelne "Leuchttürme" wurden in die Landschaft gestellt, etwa die vom US-Konzern Bechtel gebauten Bezahl-Autobahnen in Kroatien. Aber die Infrastruktur in der Fläche verfällt. Millionen von Arbeitsmigranten verlassen die vernachlässigte EU-Peripherie, die neben der Bereitstellung von Niedriglöhnern lediglich dafür gut ist, neue Amazon- und NATO-Stützpunkte aufzunehmen. Die von der EU geförderten Sonderwirtschaftszonen werden in bleibende Unterentwicklung gepresst, politisch getragen vornehmlich von nationalistisch-rechtsradikalen Parteien, die vom Westen für die Überwindung des Sozialismus gefördert werden.
Griechenland
Griechenland gehört zu den von der EU und westlichen Finanzakteuren kaputtgesparten Staaten. Die EU hat zwar Griechenland gezwungen, auch den Großhafen von Piräus zu privatisieren, um Kredit und Zins an westliche Banken zurückzuzahlen. Aber an Modernisierung und Ausbau des Hafens waren EU und westliche Finanzakteure nicht interessiert. Deswegen ist China bisher die einzige Rettung. Nur der chinesische Schifffahrtskonzern COSCO investiert in den (für 35 Jahre gepachteten) Hafen.
Er war zwar der größte europäische Passagierhafen, aber veraltet und ohne Eisenbahnanbindung. COSCO modernisiert ihn seit 2008, erneuert die Logistik und bezieht ihn durch zwei neue Containerterminals in den internationalen Handel und auch in die Neue Seidenstraße ein. Seitdem stieg die Zahl der umgeschlagenen Container von 880.000 auf vier Millionen, bis 2022 sollen es 7,2 Millionen sein.
So werden inzwischen die in China von ausländischen wie chinesischen Unternehmen – Hewlett Packard, Sony, Huawei, ZTE – hergestellten Produkte über den Hafen nach Europa weiterverteilt. Hewlett Packard hat eine neue europäische Vertriebszentrale hier eingerichtet. COSCO hat auch drei neue Trockendocks in Betrieb genommen, auf denen Schiffe gewartet und repariert werden. Neue Arbeitsplätze werden geschaffen.
Globales Hafennetz
Zur Seidenstraße gehört in Griechenland auch der Ausbau der Häfen Thessaloniki, Kavala und Alexandroupoli. Sie werden mit den bulgarischen Schwarzmeer-Häfen Warna und Burgas sowie dem Binnenhafen Ruse an der Donau verbunden. Zur Seidenstraße gehören auch zwei bestehende Binnenkanäle, die angeschlossen und damit erweitert werden sollen: Der Donau-Oder-Elbe-Kanal und der Donau-Ägäis-Kanal (mit Serbien und Mazedonien). Der geplante Eurasien-Kanal soll das Kaspische Meer mit dem Schwarzen Meer verbinden. Die International Association of Ports and Harbors, 1955 in den USA gegründet, mittlerweile mit Sitz in Japan und 180 Häfen in 90 Staaten, lobte bei ihrer letzten Konferenz im aserbaidschanischen Baku die Seidenstraße. Die nächste Konferenz 2019 wird in Guangzhou/China stattfinden.
Griechenland im europäischen Stromnetz
SGCC kaufte sich mit 24 Prozent in den griechischen Netzbetreiber ADMIE ein. SGCC beschafft während eines Jahrzehnts Milliardenkredite, um die zahlreichen griechischen Inseln durch Unterseekabel an die Stromproduktion auf dem Festland anzuschließen. Zugleich ist ADMIE schon mit den Stromnetzen der Nachbarstaaten Albanien, Mazedonien, Bulgarien, Türkei und Italien verbunden, die Vernetzung mit Zypern, Israel und auch Nordafrika ist geplant. Damit agiert ADMIE für das Globale
Elektrizitätsnetzwerk als eine der Zentralen in Europa. Die staatliche Shenhua Group hat einen 75-Prozent-Anteil an vier griechischen Windparks übernommen und plant deren weiteren Ausbau.
Zu den Seidenstraßen-Projekten gehört auch, dass gut ausgebildete griechische Techniker und Ingenieure in den Wissenschaftsparks Lefkippos und Patras und mehreren Technologieparks wie in Thessaloniki und auf Kreta zusammengeholt werden.
EU/NATO: Griechenland als geopolitischer Vorposten
Für das von Kommissionspräsident Juncker "auf ewig" bekräftigte Bündnis von EU, USA und NATO hat dagegen die militärische Einbindung Griechenlands Priorität. So freute sich der griechische Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos im Juli 2018 über "die geopolitische Aufwertung" seines verarmten Landes: "Griechenland ist auf NATO-Ebene viel stärker, in Bezug auf die Erfüllung seiner Mission, als es noch vor ein paar Jahren war."
Balkan: Aufregung in der EU
Den Neubau der Bahnstrecke zwischen Budapest und Belgrad hatte zwar schon die EU geplant, aber auch daraus wurde nichts. So gewährt nun die chinesische Export-Import-Bank Ungarn einen Zwei-Milliarden-Kredit. Diese Hochgeschwindigkeits-Strecke wird zudem an den Hafen Piräus angeschlossen. So finanzieren und bauen chinesische Unternehmen auch eine Ost-West-Tangente in Mazedonien, das öffentliche Verkehrsnetz der Hauptstadt Skopje und ein Kraftwerk in Serbien. Seit 2012 versammelt China mit der 16+1-Plattform jährlich mittel- und osteuropäische Staaten zu einer Investitionskonferenz. Sie findet reihum in einer der Hauptstädte statt. Zu den Treffen kommen die fünf bisher noch Nicht-EU-Staaten Albanien, Montenegro, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien, aber auch die elf EU-Mitgliedstaaten Polen, Tschechien, Slowakei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Kroatien, Slowenien und die drei baltischen Staaten. Mehrere hundert Unternehmer und Experten beider Seiten nehmen teil. Neben Infrastrukturprojekten werden Tourismus- und Kulturprojekte vereinbart. China kauft hier vermehrt Agrarprodukte ein.
Eigentlich könnten die EU-Verantwortlichen zufrieden sein, dass ihre verarmten Mitgliedstaaten aus der Unterentwicklung herausgeholt werden. Doch die EU ist seit 2017 plötzlich in höchster Besorgnis. "Peking nutzt die innere Schwäche der EU, um im östlichen Europa Macht auszuüben", schreiben deutsche Alpha-Journalisten. Sie blenden aus, dass die EU für die Unterentwicklung in Osteuropa selbst verantwortlich ist – Serbien wurde von der NATO zerbombt, erobert, der Sozialismus bzw. seine Reste wurden vernichtet: mission accomplished. Hastig reiste EU-Kommissar Juncker Anfang 2018 in diese Staaten, um mit finanziellen Versprechungen China rauszuhalten.
In der Zange – die EU im Handelsstreit mit den USA.
Friedliche, gleichberechtigte und kooperative Globalisierung
Die chinesische Führung hält am Begriff der "Globalisierung" fest. Die von China initiierten Zusammenschlüsse – SCO, FOCAC, China-CELAC Forum, 16+1 – bestätigen, dass eine multipolare Weltordnung möglich und für alle Beteiligten vorteilhaft ist.
Multipolare Weltordnung oder America First
Dem steht der Ansatz der USA entgegen: Sie praktizieren den Anspruch der "einzigen Supermacht". Er manifestiert sich auch in Leitbegriffen wie America First, national interest und God’s own country. Er ist verfassungsmäßig darin verankert, dass der Staat als einziger großer Staat kein Außenministerium hat, sondern ein Staatsministerium, State Department.
Dieses Ministerium war und ist das staatlich-organisatorische Zentrum für die Integration fremder Territorien und Staaten zunächst in den US-Staat (Ausdehnung des Gründungsstaates in Nordamerika, außer Kanada, das britisches Einflussgebiet blieb) und danach für unterschiedliche Formen der Durchdringung oder Einbeziehung in das US-Herrschaftsgebiet. Dieser Anspruch wurde durchgesetzt durch Völkermord, Investitionen, Verträge, Bündnisse, Kriege, zunächst auf dem nordamerikanischen Territorium, griff dann über mit regime changes auf Mittelamerika und die Karibik, dann auf den Pazifik (Philippinen, diverse Inseln). Regierungsamtlich wurde der Anspruch formalisiert zuerst 1823 durch die Monroe-Doktrin: Im Gesamtraum, der "Amerika" benannt wurde, dürfen raumfremde Mächte – damals gemünzt auf Europa – nicht intervenieren, hier herrscht auf immer nur der Staat USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Anspruch schließlich auf die ganze Erde ausgedehnt.
Wie geschildert, manifestiert sich der Anspruch auch gegenwärtig im Namen des "nationalen Interesses", wenn rund um den Globus Militärstützpunkte betrieben und wenn bei kriegerischen Interventionen notfalls die UNO ausgeschaltet oder belogen wird und wenn gegen Unternehmen, Staaten und Individuen exterritoriale Strafen exekutiert werden. Nach der UN-Charta besteht aber "nationales Interesse" gerade darin, das nationale Interesse anderer Nationen als gleichberechtigt zu achten.
China: Aufstieg und Globalisierung ohne militärische Begleitung
Erst als die USA mit der strategischen Verlagerung ihres militärischen Engagements nach "Asien" gegen China aufrüsteten, zog die Volksrepublik nach, und zwar begrenzt auf ihre unmittelbare Umgebung und im Sinne der Verteidigung ihres Territoriums. Während Kriegsschiffe der USA in Asien und in der Nähe Chinas patrouillieren, patrouilliert kein einziges Kriegsschiff Chinas in US-Nähe. Während die USA in unmittelbaren Nachbarstaaten zu China immer mehr Militärstützpunkte errichtet haben, betreibt China keinen einzigen Militärstützpunkt in US-Nähe.
Übrigens: Nicht nur gegenwärtig verzichtet China auf militärische Operationen und Putsche im Ausland. Auch war der wirtschaftliche Aufstieg Chinas schon bisher möglich ohne Kriege, militärische Interventionen oder Putsche in anderen Staaten.
Werner Rügemer: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständliche Notizen zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. Köln 2018, Papyrossa Verlag, 357 Seiten, 19,90 Euro. 

Freitag, 29. November 2019

Neue Weltmacht China

Die Auferstehung der Lehren von Konfuzius

23.11.2019
https://de.rt.com/215j
http://www.globallookpress.com
von Jochen Mitschka

Während der Westen mit den Vereinigten Staaten von Amerika als selbsternannter globaler Führungsmacht auf Konfrontation zur Behauptung seiner “Full Spectrum Dominance” setzt, fusst die neue Macht Chinas in der Welt auf seiner jahrtausendealten Kultur der Kooperation.

Neue Systemkonkurrenz – Kapitalismus à la USA vs. Kapitalismus à la China?

Jeder Student der Politologie lernt die wichtigsten Werkzeuge jeder Herrschaftsform seit Jahrtausenden:
Eine gefüllte Schatulle – die Geldbörse des Staates – und eine loyale Armee – das Schwert. Hinzu kommt die kulturelle Hegemonie, welche jedoch durch die beiden wichtigeren Werkzeuge ersetzt werden kann, wie man lehrt.

Die Supermacht USA ersetzte die gefüllte Schatulle durch die weltweite Leitwährung, den US-Dollar, was es ihr ermöglichte, jede denkbare Summe als Kredit aufzunehmen, und verfügte so über unbegrenzte Geldmittel, wie kein Imperium vor ihr.

Um eine Gefährdung dieses Status des Dollar zu verhindern, benutzten die USA das zweite Werkzeug, ihre mit Abstand mächtigste Armee der Welt, die jemals existiert hat. Diese wiederum wurde durch die unermesslichen Kreditmöglichkeiten finanziert.

Auf eine wirkliche kulturelle, moralische und ethische Führungsrolle hatten Generationen von lügenden und kriegführenden Präsidenten stillschweigend verzichtet, im Glauben, allein mit den beiden wichtigsten Werkzeugen ausreichende Macht projizieren zu können, um die Welt zu beherrschen. Aber das war ein entscheidender Fehler.

Gleichzeitig wurde immer deutlicher, dass jene Politiker, welche diese Politik der die Wirtschaft beherrschenden Kräfte des Westens umsetzten, sich immer öfter als sogenannte “Würstchenwender” erwiesen. Das sind solche Politiker, die sich gern überall sehen lassen, keine wirklich kontroverse eigene Meinung – sondern nur die des Mainstreams – vertreten und sich bemühen, bei internen politischen Konflikten möglichst keine eigenständige Position einzunehmen.

Derweil Länder wie Russland und China die klügsten, intelligentesten und geschicktesten Geister nicht in die Wirtschaft mit ihren Traumgehältern abwandern lassen, sondern sie in diplomatischen und politischen Kaderschmiden auf zukünftige Führungspositionen vorbereiten.

Während im Westen aus den Absolventen der Eliteuniversitäten in erster Linie “Berater” werden, welche ihren Auftraggebern möglichst hohe kurzfristige Profite direkt zu generieren versuchen, oder im Interesse derselben ihre Regierungen beraten, um eben jenes Ziel zu erreichen.

Und während die politische Führungselite Chinas tatsächlich Konfuzius und seine Erben studieren, glaubten die im Westen Studierenden, mit japanischen und deutschen Kriegslehren und Machiavellismus (also der politischen Theorie, nach der für die Erlangung politischer Macht jedes Mittel – unabhängig von Recht und Moral – gerechtfertigt sei) für die Politik optimal gerüstet zu sein. Sie erkannten zwar sehr wohl die Gefahr, welche von einem aufsteigenden China ausging, glaubten aber, durch ihre zwei Hauptwerkzeuge diese Gefahr bannen zu können.

Im Jahr 1992 hatte das US-Verteidigungsministerium angekündigt, eine rivalisierende Macht in Asien verhindern zu wollen.

Und so kaperte die Marine ein chinesisches Frachtschiff in internationalen Gewässern und zwang es drei Wochen lang, die Befehle der US-Offiziere zu befolgen. Natürlich beförderte das Schiff keine Schmuggelware, wie von den USA dreist behauptet wurde. Es war der Beginn des Versuchs einer Einschüchterung. Zwei Jahre später schickte der damalige Präsident Clinton eine ganze Flotte durch die Taiwanstraße. Es war die größte, welche jemals von den USA dorthin beordert worden war. Dann folgte der Krieg gegen Serbien. Und – welch zufälliges “Versehen” – die USA warfen Bomben auf Chinas Botschaft in Belgrad ab. Dabei wurden zwanzig Menschen schwer verletzt und drei Diplomaten Chinas getötet. Der ehemalige CIA-Chef George Tenet erklärte dazu dem Kongress später, dass dieses Ziel das einzige gewesen wäre, welches von der CIA ausgewählt worden war. Dann folgte im Jahr 2014 ein Artikel seitens der US Navy, in dem die Idee entwickelt wurde, entlang der chinesischen Küste Unterwasserminen zu legen und Möglichkeiten zu schaffen, um die Kommunikationslinien Chinas zu stören. Gleichzeitig wurden Aufstände in Xinjiang und Tibet unterstützt. Im Jahr 2017 folgte die US Luftwaffe und erklärte ihre Bereitschaft, Nuklearangriffe gegen China zu fliegen. Und so ist es kein Wunder, dass Professor John Mearsheimer seit Jahrzehnten die These vertritt, dass ein Krieg zwischen den USA und China unvermeidbar werden wird.

Aber alle Einschüchterungsversuche, alle “Eindämmungs”-Maßnahmen der letzten Jahrzehnte stellten sich als nutzlos heraus. Mit dem Selbstbewusstsein der kulturellen Überlegenheit einer Tausende von Jahren alten Hochkultur verfolgten nun schon Generationen von chinesischen Politikern Ziele und Herrschaftswerkzeuge, die schon Konfuzius und dessen Erben definiert hatten.

Die Antwort Chinas

“Durch die Anwendung von Gewalt und dem Vortäuschen von Wohlwollen wird der Hegemon sicherlich einen großen Staat beherrschen. Durch die Verwendung von Tugend und Wohltätigkeit aber wird der weise Herrscher eine humane Autorität erlangen.” (Mencius)

Schon Mao hatte 1956 China gewarnt, dass es absolut notwendig wäre, die USA zu überholen, weil das Land sonst dem Untergang geweiht wäre. “Die Vereinigten Staaten zu überholen ist nicht nur möglich, sondern absolut notwendig und obligatorisch. Wenn wir es nicht tun, wird die chinesische Nation die Welt im Stich lassen und wir werden keinen großen Beitrag zur Menschheit leisten. Wenn wir versagen, werden wir vom Erdboden getilgt.”

Und so war fünfzig Jahre später die Gründung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) die logische Fortsetzung dieser Gedanken. Eine wirtschaftliche, aber auch militärische Kooperation mit verteilten Koordinationszentren in Moskau, Usbekistan und Peking. China, Russland, Indien, Pakistan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan repräsentieren zusammen schon mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, ein Viertel des globalen Bruttosozialproduktes und die Nuklearmacht von vier Atommächten. Nicht zu vergessen auch drei der größten Volkswirtschaften sowie den größten Teil der derzeit noch wichtigsten Ressourcen der Welt. Und weitere Staaten stehen auf der Warteliste, um zu dem Verbund zu gehören.

Während die USA mit Kriegen den Mittleren Osten “neu ordnen” wollten und auch bekannt wurde, dass sie eine Liste von sieben Ländern aufgestellt hatten, welche sie in fünf Jahren militärisch zu unterwerfen gedachten, forderte der chinesische Präsident Hu vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen

“Neue Wege, um Konflikte in der internationalen Gemeinschaft durch gegenseitiges Vertrauen, gemeinsamen Nutzen, Gleichheit und Zusammenarbeit zu lösen, im Unterschied zu den Gesetzen des Dschungels und der Machtpolitik, um Frieden, Vorteile für alle Beteiligten, und eine weltweite Entwicklung zu erreichen”. Und dieser, einer der Politik der USA gänzlich entgegengesetzten Philosophie blieb China auch weiter treu.

“Im Jahr 2013 schlug sein Nachfolger, Präsident Xi, die Belt and Road Initiative, BRI, vor, die auf den Prinzipien von Hu basiert. Die BRI konzentriert sich auf politische Koordinierung, Infrastrukturanbindung, ungehinderten Handel, finanzielle Integration und engere persönliche Beziehungen und integriert vier Milliarden Menschen in einhundertdreißig Ländern sowie dreißig internationalen Organisationen in Eurasien, Afrika, Lateinamerika und dem Südpazifik. Die BRI verändert Wirtschaft, Handel, Logistik, Kommunikation, internationale Beziehungen und sogar Geographie, indem sie Kraftwerke in Pakistan baut, Eisenbahnlinien in Ungarn und Häfen von Afrika bis Griechenland betreibt.

Die neue Allianz exportiert Chinas Entwicklungsmodell, ersetzt westliche Institutionen und gestaltet die Weltwirtschaftsordnung neu, indem sie neue Beziehungen knüpft, neue Märkte schafft, Wirtschaftsbeziehungen vertieft und die diplomatischen Beziehungen mit einer Billion Dollar an jährlichen Infrastrukturausgaben stärkt.”

Der chinesische Außenminister Wang Yi hob noch einmal die Unterschiede hervor – ganz offensichtlich als Gegenpol zu den Wirtschaftskriegen und Sanktionspolitik der USA – und erklärte, wie eine “Diplomatie mit chinesischen Charakteristika” aussehen kann:

“Die einzigartigen Merkmale der chinesischen Diplomatie stammen von der reichen und tiefgründigen chinesischen Zivilisation. In ihrer fünftausendjährigen Geschichte hat die chinesische Nation das humane Konzept entwickelt, alle Geschöpfe so zu lieben, als wären sie von der eigenen Art, und alle Menschen so, als wären sie deine Brüder, die politische Philosophie der Wertschätzung von Tugend und Gleichgewicht, den friedlichen Ansatz der Liebe, der Friedfertigkeit und der guten Nachbarschaft, die Idee, dass der Frieden von größter Bedeutung und Harmonie ohne Eintönigkeit ist, sowie das persönliche Verhalten, andere so zu behandeln, wie du behandelt werden möchtest, und anderen zum Erfolg zu verhelfen, wenn du selbst Erfolg haben willst.”

Während transatlantische Politiker vor einer angeblichen Erpressung durch China schwadronieren, welche sich aus den Infrastrukturkrediten und aus den Investitionen in den Zielländern der BRI ergeben würde, aber selbst den Begriff der Diplomatie mit ihren eigenen Erpressungen und Sanktionen zu verwechseln scheinen, findet China immer mehr Anhänger seiner Politik.

Allein im Jahr 2018 unterzeichnete Präsident Xi Handels- und Wirtschaftsvereinbarungen im Umfang von über 1.000 Milliarden Dollar. Zu den Ländern, welche sich in dem Jahr zu einer Kooperation mit China entschlossen, waren die Staaten der “Eastern Europe Economic Union” (EEEU), also Weißrussland, Kasachstan, Russland, Armenien und Kirgisistan. Moskau begann bereits mit dem Ausbau einer Hochgeschwindigkeits-Eisenbahn-Verbindung zwischen Moskau und Peking. Und im Jahr 2019 – unter Ausnutzung derzeitiger klimatischer Veränderungen – eröffnete Russland die Nord-Polar-Route, die dramatische Veränderungen in den Warenflüssen mit sich bringen wird. Auf die aber die USA vollkommen unvorbereitet sind – und auf welche die USA wieder nur mit Druck auf ihre Vasallen, mit Behinderungen und dem Versuch der Sabotage reagieren.

Der russische Präsident Putin, der auf Betreiben der USA und seiner Vertreter in Europa erfolgreich davon abgehalten worden war, einen kontinental-europäischen Markt zu verwirklichen, spricht nunmehr von einem großen, integrierten Markt vom Pazifik bis zum Atlantik. Darin werden als Erste dann eben zweifellos die genannten Staaten der EEEU, die BRI-Staaten, die SCO, und die ASEAN-Länder vertreten sein.

Aber damit nicht genug. Man hat in Deutschland – zumindest in den vollständig auf US-Hegemonie ausgerichteten Medien – auch kaum etwas über die “Regional Comprehensive Economic Partnership” (RCEP) gehört oder gelesen. Das ist eine Freihandelszone, welche die ASEAN-Länder Thailand, Indonesien (das größte muslimische Land der Welt), Malaysia, die Philippinen, Singapur und Brunei sowie Vietnam, Myanmar, Laos und Kambodscha umfasst. Der Verband südostasiatischer Nationen ASEAN ist flächenmäßig und hinsichtlich der Bevölkerungszahlen vergleichbar mit der EU, natürlich noch nicht in Hinsicht auf die Wirtschaftskraft. Aber zur RCEP gehören außerdem auch noch Australien, China, Indien, Japan, Süd-Korea und Neuseeland, insgesamt also 3,4 Milliarden Menschen, die ungefähr 40 Prozent des Welt-Bruttosozialproduktes erwirtschaften.

Bis 2045 ist geplant, den gesamten eurasischen Kontinent komplett integriert und durch alle denkbaren Kommunikations- und Verkehrswege verwoben zu haben. Dazu gehört auch das sehr interessante Projekt eines Stromnetzwerkes (GEIDCO) auf Basis von Ultra-Hochspannung, wodurch umweltfreundlich produzierte Energie global verteilt werden soll. Während “der Westen” offenbar gerade alles Erdenkliche unternimmt, damit eine Integration des europäischen Kontinents eben nicht stattfindet, sondern ein neuer eiserner Vorhang zwischen Ost und West errichtet wird. Eine Politik, die von der Angst geprägt ist, dass Europa in den Einflussbereich Chinas und Russlands entgleiten könnte…
https://de.rt.com/1qmy
http://www.globallookpress.com

Der größte Schlag gegen die Ansprüche der USA auf eine globale Hegemonie gelang durch die Finanzierung der gigantischsten Infrastrukturmaßnahmen, welche die Welt je gesehen hat. Haben die USA sowohl die Weltbank als auch den Internationalen Währungsfonds und andere globale Finanzorganisationen unter ihrer Kontrolle, so haben nun die Herausforderer dieses Hegemonieanspruchs eigene Finanzorganisationen gegründet, um Finanzierungen zu sichern. Dazu gehört die “Silk Road International Bank” und die Entwicklung einer neuen Welt-Währungseinheit.

Nach der globalen Finanzkrise kündigte Zhou Xiaochuan, Gouverneur der Bank of China (Anm.: der Chinesischen Volksbank von 2002 bis 2018), an:

‘Die Welt braucht eine internationale Reservewährung, die unabhängig von einzelnen Nationen ist, und langfristig stabil bleiben kann, um die inhärenten Mängel zu beseitigen, die durch die Verwendung kreditbasierter nationaler Währungen entstehen’. Er schlug Sonderziehungsrechte vor, SZRs, die ihren Wert aus einem Korb von Weltwährungen ableiten. Die Nobelpreisträger C. Fred Bergsten, Robert Mundell und Joseph E. Stiglitz unterstützten: ‘Die Schaffung einer globalen Währung würde die notwendige Kohärenz des internationalen Währungssystems wiederherstellen, dem IWF eine Funktion geben, die ihm helfen würde, die Stabilität zu fördern und ein Katalysator für internationale Harmonie zu sein. Um die Stabilität des Systems zu demonstrieren, begann China, seine eigene Währung, den RMB, gegen einen Korb von Dollar, Euro, Yen und Pfund Sterling zu bewerten, und fast sofort hörten Beschwerden über die Bewertung des RMB auf.

Natürlich ist das ein Frontalangriff gegen die dominante Stellung des US-Dollar, dem sich – nach dem in den letzten Jahren immer deutlicher werdenden Missbrauch durch die USA für ihre Wirtschaftskriege – immer mehr Nationen zuneigen.

Nachdem 2014 die “New Development Bank” bereits deutlich gemacht hatte, dass die USA nicht mehr in der Lage waren, ihr Monopol über das Weltfinanzsystem aufrecht zu erhalten und sich sogar einige ihrer treuesten Vasallen – entgegen der dringenden Warnungen der USA – an diesem neuen Finanzinstrument beteiligten, folgte ein Jahr später die Gründung der “Asian Infrastructur Investment Bank” (AIIB) und damit endgültig ein Erdbeben, das drastische Veränderungen in der globalen Finanzwirtschaft einleitete. In der Washington Post vom 5. April 2015 konnte man die Äußerung des ehemaligen US- Finanzministers Larry Summers lesen, der erklärte:

An diesen letzten Monat kann man sich als den Moment erinnern, in dem die Vereinigten Staaten ihre Rolle als Underwriter des globalen Wirtschaftssystems verloren haben. (…) Ich kann mir kein Ereignis vorstellen, seit Bretton Woods, das vergleichbar ist mit der Kombination aus Chinas Bemühungen, eine große neue Institution zu gründen, und dem Versagen der USA, Dutzende ihrer traditionellen Verbündeten, angefangen bei Großbritannien, davon zu überzeugen, sich da rauszuhalten.

Für die USA drohte nun also das “Leeren” ihrer Schatulle, denn ohne die dominante Rolle des US-Dollar wäre die Verschuldung des Landes in der derzeit gepflegten Höhe nicht mehr realisierbar. Und so kommt nun das “Schwert” ins Spiel. Die USA – den Niedergang und vielleicht sogar die Finanzkatastrophe vor Augen – können sich nun nur noch auf die Macht ihrer Waffen stützen. Aber auch hier hat China gelernt – nicht zuletzt aus den Opiumkriegen, mit denen Großbritannien das Land gezwungen hatte, Opium als Quasi-Zahlungsmittel zu akzeptieren. Und schließlich konnte sich China auf noch ältere Grundsätze der militärischen Stärke eines Staates besinnen, als der Westen mit seinen oft aus dem Mittelalter stammenden Ideen.
Westliche Staatsführer wie Winston Churchill erklärten, dass sie an das Gelingen einer Aufteilung Chinas glauben würden. Und sie taten viel in den darauffolgenden Jahrzehnten, um dieses Riesenland zu zerschlagen – Auch derzeit sehr “lebhaft” zu beobachten bei den von den USA geschürten Unruhen in Hongkong und der US-Politik im Hinblick auf Taiwan. Aber Chinas Führung war letztlich immer in der Lage, diese Einheit des Riesenlandes zu bewahren – und damit die Möglichkeiten, der imperialen Macht USA eines Tages die Stirn bieten zu können.

Und so wird China – bei gleichbleibendem Ausbau seiner Streitkräfte – etwa im Jahr 2028 “Augenhöhe” zu den USA erreicht haben. Das wird die nächste dramatische Veränderung in der Weltpolitik darstellen: Die USA werden nicht mehr in der Lage sein, andere Länder durch ihr übermächtiges “Schwert” zu erpressen.

Im Zeitalter von chinesischen und russischen Hyperschallwaffen und S-400-Luftabwehrsystemen sowie auf Erpressung und Sanktionierung oder Bestechung reduzierte Diplomatie der USA können die USA ihre bisher bewährte Kanonenbootdiplomatie nicht länger zu einer ernsthaften Bedrohung Chinas werden lassen.

Was allerdings nicht ausschließt, dass die USA einen großen Krieg beginnen könnten, um China endlich doch noch “einzudämmen”. China dagegen – dank hervorragend gebildeter und befähigter Politiker – ist in der Lage, wirtschaftliche, diplomatische, rechtliche und militärische Aspekte der Politik optimal zu koordinieren:

Die Macht des Nationalstaates besteht keineswegs nur in seinen Streitkräften, sondern auch in seinen wirtschaftlichen und technologischen Ressourcen; in der Geschicklichkeit, Weitsicht und Entschlossenheit, mit der seine Außenpolitik betrieben wird; in der Effizienz seiner sozialen und politischen Organisation. Sie besteht vor allem in der Nation selbst, den Menschen, ihren Fähigkeiten, Energie, Ehrgeiz, Disziplin, Initiative, Glauben, Mythen und Illusionen. Und es besteht weiterhin darin, wie alle diese Faktoren miteinander in Beziehung stehen.

Und so baut China seine Flotte kontinuierlich auf, ohne aber die Größenordnung der US-Rüstungsausgaben, bezogen auf den Staatshaushalt, zu erreichen oder zu übertreffen, und wird trotzdem in absehbarer Zeit mit Hunderten von Kriegsschiffen, U-Booten und auch einigen Flugzeugträgern in der Lage sein, seine Küste gegen jede Art von militärischer Bedrohung zu verteidigen. Alleine im Jahr 2018 wurden 15 neue Kriegsschiffe sowie gleichzeitig vier atomgetriebene U-Boote auf Kiel gelegt. Und das bei nur ca. 1,9 Prozent des BPI, verglichen mit 3,2 Prozent der USA.

Schon heute verfügt Chinas Marine über 180.000 hochseetüchtige Fischerbote und 4.000 Frachtschiffe, von denen einige Sonare hinter sich her ziehen, die von mehr als einer Million ausgebildeter Seeleute auf diesen Schiffen betrieben werden und so Informationen über jedes andere (auch) Kriegsschiff weitergeben. Und schon heute ist die Sicherung der chinesischen Küste nicht mehr vergleichbar mit der Verwundbarkeit zu Zeiten chinesischer Kaiser angesichts britischer Aggression.

Kommandantin Yang Yi, eine Frau und die jüngste Chefdesignerin der Marinegeschichte, schuf die Verteidigungsflotte der PLAN mit dreihundert Schnellangriffsraketenbooten der Typ 022 Houbei Class. Sie tragen acht C-802 Anti-Schiffs-Raketen mit 500-Pfund-Sprengköpfen, die mit 650 mph, fünfzehn Fuß über der Oberfläche zu Zielen in hundert Meilen Entfernung fliegen (eine einzige C-802 deaktivierte 2006 ein israelisches Kriegsschiff). Vier ihrer Boote, sagt sie, reichen aus, um die Taiwan-Straße abzudecken, während sie sich hinter Chinas Küsteninseln verstecken. Dreißig Fregatten vom Typ 056 mit einer Reichweite von 2.500 Meilen, bewaffnet mit YJ-83 Anti-Schiffs-Raketen, acht SAM-Triebwerken und sechs Torpedorohren unterstützen die Patrouillenboote.

Neben diesen Schiffen gibt es noch Zerstörer mit über 60 Raketen-Abschusseinrichtungen, U-Boote und viele andere Komponenten einer modernen Marine. Dagegen wirken die Flugzeugträger der USA, auf welche die Regierungen dieses Landes seit Jahrzehnten ihre Machtprojektionen stützten, wie Dinosaurier einer vergangenen Epoche. Hier soll nicht weiter auf die Waffen-Entwicklung und -Produktion in China eingegangen werden, denn wer mag, kann sicher weitere Informationen finden, welche die hier nur ansatzweise erläuterten Entwicklungen ergänzen. Nur auf eine Hyperschallwaffe – die CM-401 – sei noch hingewiesen, denn während die USA noch in der Entwicklung einer solchen Waffe stecken, haben nicht nur Russland, sondern auch China bereits die Serienproduktion begonnen.

Ebenso wichtig ist das Brechen der Luftüberlegenheit der USA. Denn in allen Kriegen war sie es, welche die größten Zerstörungen in den von den USA angegriffenen Ländern anrichtete. Dazu dient nun nicht nur der Kauf und die Lieferung von russischen S-400-Systemen, sondern dem dienen auch chinesische Eigenentwicklungen. Und nicht zuletzt auch modernste Kampf- und Bomber-Flugzeuge der sogenannten 5. Generation.

Und so ist es verständlich, dass sich China im Hinblick auf seine Nuklearstreitmacht mit lediglich 260 Sprengköpfen selbst beschränkt, diese lediglich als Abschreckung gegen den Ersteinsatz von Kernwaffen durch einen Gegner bezeichnet und selbst auf den Ersteinsatz solcher Waffen unter allen denkbaren Umständen verzichtet. Aber wenn sie zum Einsatz kommen, wird diese mit nun nicht mehr berechenbarer Route fliegenden Sprengköpfe kein Raketenabwehrsystem aufhalten können.

Wie wir aus allen vergangenen Kriegen wissen, ist aber die militärtechnische Überlegenheit in erster Linie zwar ein Mittel zur Zerstörung, nicht aber des Sieges in einem Krieg. Vietnam, Afghanistan, Irak, jetzt im Jemen:

Überall zeigt sich, dass ein Angreifer letztlich aus dem Land gejagt wird, wenn die Menschen dieses Landes bereit sind, für ihren Staat zu kämpfen.

So sind es in Deutschland lediglich 18 Prozent der Menschen – zufolge einer Gallup-Umfrage aus dem Jahr 2015 – während in China 71 Prozent der Befragten für ihr Land in den Krieg ziehen würden. Ob das etwas mit weggeworfenen Deutschlandfähnchen zu tun hat? In den USA waren zu dieser Zeit immerhin 44 Prozent der Meinung, man müsse für sein Land im Krieg kämpfen.

Während die USA versuchen, in Europa einen neuen Eisernen Vorhang zuzuziehen, um die Völker dieses Kontinents davon abzuhalten, den Sirenenklängen der chinesischen Verführer zu folgen und sich mit Russland, dem größten Land der Welt, das über die größten Naturreserven verfügt zusammenzutun, fürchten hiesige Politiker natürlich weitere Staatsverdrossenheit und Ablehnung ihrer Politik…

Donnerstag, 28. November 2019

9/11: A Conspiracy Theory

Sechs widersprüchliche Weltordnungs-Projekte



von Thierry Meyssan

Die sechs großen Weltmächte beginnen die Neuordnung der internationalen Beziehungen auf der Grundlage ihrer Erfahrungen und Träume. Vorsichtig beabsichtigen sie zuerst, ihre Vorstellung von der Welt zu verteidigen, bevor sie ihre Weltanschauung voranbringen. Thierry Meyssan beschreibt ihre jeweiligen Positionen, bevor der Kampf beginnt.

 | DAMASKUS (SYRIEN)  
+


PNG - 920.2 kB
Der Rückzug der USA aus Syrien, auch wenn er sofort korrigiert wurde, zeigt mit Sicherheit, dass Washington nicht mehr der Weltpolizist, das "notwendige Imperium" sein will. Er destabilisierte sofort alle Regeln der internationalen Beziehungen. Wir sind in eine Übergangsphase eingetreten, in der jede Großmacht eine neue Agenda verfolgt. Hier sind die wichtigsten.

Die drei "Großen"

JPEG - 62.9 kB
Die Vereinigten Staaten von Amerika
Der Zusammenbruch der Sowjetunion hätte den der Vereinigten Staaten insofern provozieren können, als die beiden Imperien sich auf einander stützten. Es kam nicht so. Präsident George Bush Senior sorgte mit der Operation „Wüstensturm“ dafür, dass Washington zum unumstrittenen Führer aller Nationen wurde, dann eine Million Soldaten demobilisierte und die Suche nach Wohlstand verkündete.
Die Transnationalen Konzerne besiegelten dann einen Pakt mit Deng Xiaoping, um ihre Produkte von chinesischen Arbeitern herstellen zu lassen, zwanzigmal niedriger bezahlt als ihre amerikanischen Kollegen. Dies führte zu einer beträchtlichen Entwicklung des internationalen Güterverkehrs, gefolgt vom allmählichen Verschwinden von Arbeitsplätzen und der Mittelschicht in den Vereinigten Staaten. Der Industriekapitalismus wurde durch den Finanzkapitalismus verdrängt.
Ende der 1990er Jahre analysierte Igor Panarine, Professor an der Russischen Diplomatischen Akademie, den wirtschaftlichen und psychologischen Zusammenbruch der amerikanischen Gesellschaft. Er vermutete die Zerschlagung dieses Landes nach dem Vorbild dessen, was mit der Sowjetunion durch die Entstehung neuer Staaten geschehen war. Um den Zusammenbruch abzuwehren, setzte Bill Clinton sich und sein Land mit der NATO-Aggression in Jugoslawien über die völkerrechtlichen Verpflichtungen hinweg. Diese Bemühungen erwiesen sich als unzureichend, und US-Persönlichkeiten dachten daran, ihr Land den Erfordernissen des Finanzkapitalismus anzupassen und mit Gewalt den internationalen Austausch so zu organisieren, dass die kommende Periode ein "neues amerikanisches Jahrhundert" werden würde. Mit George Bush Jr. gaben die Vereinigten Staaten ihre Position als führende Nation auf und versuchten, sich in eine absolute unipolare Macht zu verwandeln. Sie starteten den "endlosen Krieg" oder den "Krieg gegen den Terror", um alle staatlichen Strukturen des "Erweiterten Nahen Ostens" nacheinander zu zerstören. Barack Obama setzte diesen Versuch mit der Einbindung einer Vielzahl von Verbündeten fort.
Diese Politik brachte ihre Früchte, aber nur sehr wenige Leute profitierten davon, nämlich die "Superreichen". Die Vereinigten Staaten reagierten, indem sie Donald Trump zum Präsidenten des Bundesstaates wählten. Er brach mit seinen Vorgängern und versuchte, wie Michail Gorbatschow in der UdSSR, die Vereinigten Staaten zu retten, indem er sie von ihren teuersten Verpflichtungen befreite. Er reanimierte ihre Wirtschaft, indem er die heimische Industrie gegen jene förderte, die ihre Arbeitsplätze ausgelagert hatten. Er subventionierte die Schieferölförderung und konnte trotz des von der OPEC und Russland gebildeten Kartells die Kontrolle über den globalen Kohlenwasserstoffmarkt übernehmen. Er war sich bewusst, dass seine Armee zunächst eine riesige Bürokratie war, die ein riesiges Budget für unbedeutende Ergebnisse verschwendete, und hörte auf, Daesch und die PKK zu unterstützen, verhandelte mit Russland über einen Weg, den "endlosen Krieg" zu beenden und dabei so wenig wie möglich zu verlieren.
In der kommenden Periode werden die Vereinigten Staaten in erster Linie von der Notwendigkeit getrieben sein, bei all ihren Aktionen im Ausland zu sparen, bis sie sie notfalls aufgeben. Das Ende des Imperialismus ist keine Wahl, sondern eine Existenz-Frage, ein Überlebensreflex.
JPEG - 37.4 kB
Die Volksrepublik China
Nach Zhao Ziyangs Putschversuch und dem Tienanmen-Aufstand begab sich Deng Xiaoping auf seine "Reise in den Süden." Er kündigte an, dass China seine wirtschaftliche Liberalisierung fortsetzen würde, indem es Verträge mit US-Multis schmiedete.
Jiang Zemin setzte diesen Weg fort. Die Küste wurde zur "Werkstatt der Welt" und verursachte eine enorme wirtschaftliche Entwicklung. Nach und nach säuberte er die Kommunistische Partei von ihren Bonzen und sorgte dafür, dass gut bezahlte Arbeitsplätze ins Landesinnere gingen. Hu Dschintao, bemüht um eine "harmonische Gesellschaft", hob die Steuern auf, die von den Landwirten in den Binnenregionen gezahlt wurden, die noch nicht von der wirtschaftlichen Entwicklung betroffen waren. Aber es gelang ihm nicht, die regionalen Mächte zu bändigen und ging in einem Korruptionsfall unter.
Xi Jinping schlug vor, neue Märkte zu erschließen, durch die Verwirklichung eines titanischen Projektes internationaler Handelsrouten, die "Seidenstraßen". Dieses Projekt kam jedoch zu spät, weil China im Gegensatz zur Antike keine Originalprodukte mehr anbietet, sondern Artikel günstiger verkauft als die transnationalen Unternehmen. Dieses Projekt wurde von armen Ländern als Segen begrüßt, aber von den Reichen gefürchtet, die sich darauf vorbereiten, es zu sabotieren. Xi Jinping gewinnt seine Position auf allen Inseln zurück, die sein Land im Chinesischen Meer verlassen hat, während des Zusammenbruchs des Qing-Imperiums und der Besetzung durch die acht ausländischen Armeen. Der zerstörerischen Macht des Westens bewusst, verbündete er sich mit Russland und verbot sich jegliche internationale politische Einmischung.
In der kommenden Zeit sollte China seine Positionen in internationalen Foren behaupten, indem es daran denkt, was ihm die Kolonialreiche im 19. Jahrhundert zufügten. Aber China sollte davon absehen, militärisch einzugreifen und eine rein wirtschaftliche Macht bleiben.
JPEG - 7.7 kB
Die Russische Föderation
Als die UdSSR zusammenbrach, glaubten die Russen, sie könnten sich retten, indem sie sich an das westliche Modell halten. Tatsächlich organisierte das Team von Boris Jelzin, das von der CIA ausgebildet wurde, die Plünderung von kollektivem Eigentum durch einige wenige Personen. Innerhalb von zwei Jahren übernahmen etwa 100 von ihnen, zu 97 % aus der jüdischen Minderheit, alles, was zur Verfügung stand, und wurden Milliardäre. Diese neuen Oligarchen lieferten sich mitten in Moskau einen gnadenlosen Kampf mit Maschinengewehren und Bombenattentaten, während Präsident Jelzin das Parlament beschießen ließ. Ohne eine wirkliche Regierung war Russland nichts anderes als ein Wrack. Warlords und von der CIA bewaffnete Dschihadisten organisierten die Abspaltung Tschetscheniens. Der Lebensstandard und die Lebenserwartung brachen zusammen.
1999 rettete FSB-Direktor Wladimir Putin Präsident Jelzin vor einer Korruptionsuntersuchung. Im Gegenzug wurde er zum Präsidenten des Ministerrats ernannt; er benutzte den Posten, um den Präsidenten zu zwingen, zurückzutreten und an seiner Stelle gewählt zu werden. Er setzte eine breite Politik der staatlichen Wiederherstellung durch: Er beendete den Bürgerkrieg in Tschetschenien und brachte methodisch alle Oligarchen zur Strecke, die sich weigerten, sich dem Staat zu unterstellen. Die Rückkehr der Ordnung war auch das Ende der russischen Fantasievorstellung vom Westen. Der Lebensstandard und die Lebenserwartung erholten sich.
Nach der Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit kandidierte Wladimir Putin nach zwei aufeinanderfolgenden Amtszeiten nicht mehr. Er unterstützte einen blassen Juraprofessor, Dmitri Medwedew, der von den Vereinigten Staaten verehrt wurde, um seine Nachfolge anzutreten. Doch da er nicht die Absicht hatte, die Macht in schwachen Händen zu lassen, ließ er sich bis zu seiner Wiederwahl zum Präsidenten im Jahr 2012 zum Premierminister ernennen. In dem Irrglauben, dass Russland wieder zusammenbrechen würde, griff Georgien Südossetien an, aber traf sofort auf Premier-Minister Putin, der sich in den Weg stellte. Dieser bemerkte dann den erbärmlichen Zustand der Roten Armee, konnte aber dank der Überraschungswirkung den Sieg davontragen. Er wurde als Präsident wiedergewählt und konzentrierte sich auf die Reform der Verteidigung. Er versetzte Hunderttausende, oft desillusionierte und manchmal betrunkene Offiziere in den Ruhestand, und setzte einen Tuwan (türkisch sprechenden Mann), Sergej Choigou, in das Verteidigungsministerium.
Mit einer traditionellen russischen Managementmethode trennte Wladimir Putin das zivile Budget von einem Teil des Militärbudgets. Das erste wird von der Duma gewählt, das zweite ist geheim. Er stellte die militärische Forschung wieder her, während die Vereinigten Staaten dachten, nicht mehr in diesen Bereich investieren zu müssen. Er testete eine Reihe neuer Waffen – einschließlich der Hyperschallwaffen, die die Strategie umwälzten – bevor er die neue Rote Armee zur Rettung Syriens einsetzte. Er experimentierte seine neuen Waffen in Kampfsituationen und entschied, welche hergestellt und welche aufgegeben werden sollten. Er organisierte einen vierteljährlichen Austausch seiner Truppen, damit alle, nacheinander, Kriegserfahrung bekommen. Die Russische Föderation, die 1991 nichts mehr war, wurde in 18 Jahren zur weltweit führenden Militärmacht.
Gleichzeitig nutzte er den Nazi-Putsch in der Ukraine, um die Krim zurückzuerobern, ein russisches Territorium, das von Nikita Chruschtschow administrativ an die Ukraine angeschlossen wurde. Er sah sich dann einer Kampagne von Agrarsanktionen der Europäischen Union gegenüber, die er ausnutzte, um eine autarke heimische Produktion herzustellen.
Er schloss ein Bündnis mit China und verlangte von ihm, sein Seidenstraßenprojekt zu ändern, indem es die Kommunikationsbedürfnisse des russischen Territoriums integriert, um eine "erweiterte Eurasien-Partnerschaft" zu gründen.
In den kommenden Jahren wird Russland versuchen, die internationalen Beziehungen auf zwei Grundlagen neu zu organisieren:
- politische und religiöse Mächte trennen;
- das Völkerrecht auf der von Zar Nikolaus II. formulierten Grundlage wiederherstellen.

Die Westeuropäer

JPEG - 24.1 kB
Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland
Zum Zeitpunkt des Falls der UdSSR schloss sich das Vereinigte Königreich dem Vertrag von Maastricht mit Vorbehalten an. Der konservative Premierminister John Major beabsichtigte, den im Aufbau befindlichen supranationalen Staat auszunutzen und gleichzeitig seine eigene Währung davon fernzuhalten. Er freute sich daher, als George Soros das englische Pfund angriff und es aus dem SEM ("Monetäre Schlange") zwang. Sein Nachfolger, Tony Blair von der Labour Partei, stellte die volle Unabhängigkeit der Bank of England wieder her und erwog, die EU zu verlassen, um der NAFTA beizutreten. Er änderte die Verteidigung der Interessen seines Landes, indem er Verweise auf die Menschenrechte durch die Achtung des Völkerrechts ersetzte. Er warb für die US-Politik von Bill Clinton und dann von George Bush Jr., um die Erweiterung der Europäischen Union, den "humanitären Krieg" gegen den Kosovo und den Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein zu fördern und zu rechtfertigen. 2006 entwarf er den Plan für den "arabischen Frühling" und schickte ihn in die Vereinigten Staaten.
Gordon Brown zögerte, diese Politik zu verfolgen und versuchte, wieder etwas Spielraum zu gewinnen, aber seine Energie wurde durch die Finanzkrise von 2008 erfasst, die er trotzdem überwinden konnte. David Cameron setzte zusammen mit Barack Obama den Blair-Bush-Plan für den "arabischen Frühling" um, einschließlich des Krieges gegen Libyen, aber letztlich gelang es ihm nur teilweise die Muslimbruderschaft im Erweiterten Nahen Osten an die Macht zu bringen. Am Ende trat er nach der Abstimmung der Wähler über den Brexit zurück, obwohl der Plan, der NAFTA beizutreten, nicht mehr auf der Tagesordnung stand.
Theresa May se proposa d’appliquer le Brexit en ce qui concerne la sortie de l’État supranational du Traité de Maastricht, mais pas en ce qui concerne la sortie du marché commun antérieur à Maastricht. Elle échoua et fut remplacée par le biographe de Winston Churchill, Boris Johnson. Celui-ci décida de sortir totalement de l’Union européenne et de réactiver la politique étrangère traditionnelle du royaume : la lutte contre tout État concurrent sur le continent européen.
Theresa May schlug vor, den Brexit im Hinblick auf den Ausstieg des supranationalen Staates aus dem Maastrichter Vertrag umzusetzen, aber nicht im Hinblick auf den Ausstieg aus dem gemeinsamen Markt vor Maastricht. Sie scheiterte und wurde durch Winston Churchills Biographen Boris Johnson ersetzt. Er beschloss, die Europäische Union ganz zu verlassen und die traditionelle Außenpolitik des Königreichs zu reaktivieren: den Kampf gegen jeden konkurrierenden Staat auf dem europäischen Kontinent.
Si Boris Johnson reste au pouvoir, le Royaume-Uni devrait dans les prochaines années tenter de dresser l’Union européenne et la Fédération de Russie l’une contre l’autre.
Wenn Boris Johnson an der Macht bleibt, sollte das Vereinigte Königreich in den kommenden Jahren versuchen, die Europäische Union und die Russische Föderation gegeneinander auszuspielen.
JPEG - 7.5 kB
Die Französische Republik
Francois Mitterrand hat nicht die Auflösung der UdSSR verstanden und ging sogar so weit, den Putsch der Generäle gegen seinen russischen Amtskollegen Michail Gorbatschow zu unterstützen. Auf jeden Fall sah er darin eine Gelegenheit, einen europäischen supranationalen Staat aufzubauen, der groß genug ist, um in der Kontinuität des napoleonischen Versuchs mit den USA und China zu konkurrieren. So hat er auch mit Bundeskanzler Helmut Kohl für die deutsche Einigung und den Vertrag von Maastricht geworben.
Aus Sorge über das Projekt der Vereinigten Staaten von Europa, und überzeugt von der "Wolfowitz-Doktrin", zwang Präsident Bush Senior ihn, um das Entstehen eines neuen Konkurrenten der US-Führung zu verhindern, den Schutz der NATO für die EU und ihre Erweiterung auf die ehemaligen Mitgliedern des Warschauer Paktes zu akzeptieren. François Mitterrand nutzte die „cohabitation“ (Präsident und Regierung aus oppositionellen Lagern Anm.d.Ü) mit dem gaullistischen Innenminister Charles Pasqua, um gegen die Muslimbruderschaft zu kämpfen, die die CIA ihn gezwungen hatte in Frankreich zu akzeptieren und die der MI6 benutzte, um Frankreich aus Algerien zu vertreiben.
Jacques Chirac entwickelte die französische Abschreckung, indem er die atmosphärischen Atombombenversuche im Pazifik beendete, bevor er zu Simulationen überging und den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTTC) unterzeichnete. Gleichzeitig passte er die Armeen an die Bedürfnisse der NATO an, indem er die allgemeine Wehrpflicht aufgab und dem militärischen (Planungs-)Komitee der Allianz beitrat. Er unterstützte die NATO-Initiative gegen Jugoslawien (Kosovo-Krieg), führte aber — nach der Lektüre und dem Studium der L’Effroyable imposture [1] — die globale Opposition gegen die Aggression im Irak an. Diese Episode ermöglichte es ihm, sich mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zu verbinden und den europäischen supranationalen Staat voranzubringen, den er immer als Instrument der Unabhängigkeit rund um das deutsch-französische Paar sah. Destabilisiert durch die Ermordung seines Geschäftspartners Rafik Hariri wandte er sich gegen Syrien, welches die Vereinigten Staaten als Drahtzieher des Mordes identifizierten.
Nicolas Sarkozy, der eine radikal andere Politik befürwortete, unterstellte die französische Armee dem US-Kommando, durch den Eintritt in das Integrierte Kommando der Nato. Er versuchte, die französische Einflusszone durch die Organisation der Union für das Mittelmeer zu erweitern, aber dieses Projekt funktionierte nicht. Er bewies seinen Wert, indem er Laurent Gbagbo in der Elfenbeinküste stürzte, und obwohl er vom Arabischen Frühling in Tunesien und Ägypten überholt wurde, leitete er den NATO-Einsatz gegen Libyen und Syrien. Aus Realismus sah er jedoch den syrischen Widerstand und zog sich aus dem Schauplatz zurück. Er setzte den Aufbau der Vereinigten Staaten von Europa fort, indem er den Vertrag von Lissabon vom Parlament annehmen ließ, obwohl die Wähler denselben Text unter dem Namen „Europäische Verfassung" abgelehnt hatten. In Wirklichkeit verwandelt die Veränderung der Institutionen, die mit 27 Mitgliedsstaaten effektiver werden sollten, den supranationalen Staat tiefgreifend, der nun seinen Willen den Mitgliedsstaaten aufzwingen kann.
Nachdem er unvorbereitet an die Macht gekommen war, trat François Hollande etwas steif in die Fußstapfen von Nicolas Sarkozy, was ihn dann zwang, dessen Ideologie anzunehmen. Er unterzeichnete alle Verträge, die sein Vorgänger ausgehandelt hatte – einschließlich des Europäischen Fiskalpakts zur Sanktionierung Griechenlands –, indem er jedes Mal eine Erklärung mit seinem eigenen Standpunkt hinzufügte, allerdings ohne jegliche bindende Wirkung, so als ob er sich für seinen Sinneswandel entschuldigen müsse. So genehmigte er die Errichtung von NATO-Militärstützpunkten auf französischem Boden und beendet damit die gaullistische Doktrin der nationalen Unabhängigkeit endgültig. Oder er verfolgte die Aggressions-Politik gegen Syrien, indem er sich einen verbalen Ausbruch leistete, bevor er auf Befehl des Weißen Hauses nichts unternahm. Er beauftragte die französische Armee mit einer Intervention in der Sahelzone, die auf dem Boden die Hilfstruppen des AfriCom spielt. Schließlich rechtfertigte er die CO2-Handelsbörse im Rahmen des Pariser Klimaabkommens.
Emmanuel Macron, der dank des US-Investmentfonds KKR gewählt wurde, ist zuerst ein Verfechter der Globalisierung mit Bill Clinton, George Bush Jr. und Barack Obama. Er übernahm jedoch schnell die Sicht von François Mitterrand und Jacques Chirac, dass nur ein europäischer supranationaler Staat Frankreich erlauben würde, weiterhin eine bedeutende internationale Rolle zu spielen, aber in seiner Sarkozy-Hollande-Version: die Union ermöglicht den Zwang. Diese beiden Haltungen führen ihn manchmal zu Widersprüchen, vor allem mit Russland. Sie vereinen sich jedoch darin, dass sie den Nationalismus der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, einen kurzen Brexit oder den Wunsch nach Wiederherstellung des Handels mit dem Iran verurteilen.
In den kommenden Jahren sollte Frankreich seine Entscheidungen an den Auswirkungen auf den Aufbau der Europäischen Union messen. Es wird als Priorität versuchen, sich mit jeder Macht zu verbünden, die in diese Richtung arbeitet.
JPEG - 8.1 kB
Bundesrepublik Deutschland
Bundeskanzler Helmut Kohl sah in der Auflösung des Sowjetreichs eine Gelegenheit, die beiden Teile Deutschlands zu vereinen. Er erhielt grünes Licht von Frankreich im Austausch für die deutsche Unterstützung für das Gemeinschaftswährungsprojekt der Europäischen Union, den Euro. Er erhielt auch die Zustimmung der Vereinigten Staaten, die darin eine Hintertür sahen, um die ostdeutsche Armee in die NATO zu bringen, trotz des an Russland gegebenen Versprechens, die Deutsche Demokratische Republik ihr nicht einzuverleiben.
Nach der deutschen Wiedervereinigung warf Bundeskanzler Gerhard Schröder die Frage nach der internationalen Rolle seines Landes auf, das noch immer unter der Niederlage im Zweiten Weltkrieg leidet. Obwohl Deutschland nicht mehr militärisch von den vier Großmächten besetzt ist, beherbergt es dennoch riesige US-Garnisonen und das Hauptquartier von EuCom und bald von AfriCom. Gerhard Schröder nutzte den "humanitären" Krieg gegen den Kosovo, um erstmals seit 1945 deutsche Truppen legal ins Ausland zu entsenden. Aber er weigerte sich, dieses von der NATO eroberte Gebiet als Staat anzuerkennen. In ähnlicher Weise engagierte er sich sehr stark an der Seite von Präsident Chirac gegen den Krieg zwischen den USA und Großbritannien im Irak und betonte, dass es keine Beweise für die Beteiligung von Präsident Saddam Hussein an den Anschlägen vom 11. September 2001 gebe. Er versuchte, die europäische Integration friedlich zu beeinflussen. Er stärkte daher auch die Energiebeziehungen zu Russland und schlug ein föderales Europa (langfristig auch mit Russland) nach deutschem Vorbild vor, stieß aber auf den Widerstand von Frankreich, das an dem Projekt eines supranationalen Staates sehr hängt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel kehrte zur Politik ihres Mentors Helmut Kohl zurück, der sie in einer Nacht aus ihrem Verantwortungsposten für die Kommunistische Jugend des Demokratischen Deutschlands in die Bundesregierung geführt hat. Sie wird von der CIA, die nicht sicher ist, wie sie sie zu definieren ist, genau überwacht, und stärkt die Beziehungen Deutschlands zu Israel und Brasilien. 2013 bat sie Volker Perthes auf Vorschlag von Hillary Clinton, die Möglichkeit einer Entwicklung der deutschen Armee zu einer zentralen Rolle bei CentCom zu prüfen, wenn die Vereinigten Staaten ihre Truppen in den Fernen Osten verlegen sollten. Dann gab sie Studien in Auftrag, wie deutsche Offiziere die Armeen Mittel- und Osteuropas überwachen könnten, und beauftragte Volker Perthes, einen Plan für die Kapitulation Syriens zu entwerfen. Sehr verbunden mit den atlantischen und europäischen Strukturen, distanzierte sie sich von Russland und unterstützte den Nazi-Putsch in der Ukraine. Aus Gründen der Effizienz fordert sie, dass die Europäische Union fähig sein muss, kleinen Mitgliedstaaten ihren Willen aufzuzwingen (Vertrag von Lissabon). Sie zeigte sich während der griechischen Finanzkrise sehr hart und hat ihre Schachfiguren in der Europäischen Bürokratie geduldig aufgestellt, bis Ursula von der Leyen zur Präsidentin gewählt wurde. Als sich die Vereinigten Staaten aus Nordsyrien zurückzogen, reagierte sie sofort mit dem Vorschlag an die NATO, die deutsche Armee zu entsenden, um diese dort gemäß dem Plan von 2013 zu ersetzen.
In den kommenden Jahren sollte sich Deutschland auf die Möglichkeiten einer militärischen Intervention innerhalb der Nato, insbesondere im Nahen Osten, konzentrieren und sich vor dem vorgeschlagenen zentralisierten europäischen supranationalen Staat hüten.

Machbarkeit

Es ist sehr seltsam, heute die Worte von "Multilateralismus" und "Isolationismus" oder "Universalismus" und "Nationalismus" zu hören. Diese Fragen stellen sich nicht, insofern alle seit der Haager Konferenz (1899) wissen, dass der technologische Fortschritt alle Nationen solidarisch macht. Dieses Geschwafel verbirgt schlecht unsere Unfähigkeit, das neue Kräfteverhältnis zu akzeptieren und eine so wenig wie möglich ungerechte Weltordnung zu schaffen.
Nur die drei Großmächte können hoffen, über die Mittel ihrer Politik zu verfügen. Sie können ihre Ziele ohne Krieg nur erreichen, wenn sie der russischen Linie folgen, die auf dem Völkerrecht beruht. Die Gefahr innenpolitischer Instabilität in den Vereinigten Staaten birgt jedoch mehr denn je die Gefahr einer weitverbreiteten Konfrontation.
Durch den Austritt aus der EU haben sich die Briten gezwungen, den Vereinigten Staaten beizutreten (was Donald Trump verweigert) oder politisch zu verschwinden. Während Deutschland und Frankreich im Niedergang sind, bleibt ihnen nichts anderes übrig als der Aufbau der Europäischen Union. Vorerst beurteilen sie jedoch die zur Verfügung stehende Zeit sehr unterschiedlich und sehen sie auf zwei unvereinbare Weisen, die sie selbst dazu bringen könnten, die Europäische Union aufzulösen.
      
[111. September 2001: Der inszenierte Terrorismus. Auftakt zum Weltenbrand?: Kein Flugzeug traf den Pentagon!, Thierry Meyssan, Editio de facto, 2012.