Sonntag, 28. Februar 2021

Der militärische Wahnsinn mit zwei furchterregenden, nuklear bewaffneten Feinden

 


Auf welchem Planeten lebt die NATO?

Despite its recent failures in Afghanistan and Libya, NATO is turning its military madness toward two more formidable, nuclear-armed enemies: Russia and China.

February 23rd, 2021

By Medea Benjamin and
Nicolas Davies

uncut-news.ch

Das Treffen der Verteidigungsminister der NATO (North Atlantic Treaty Organization) im Februar, das erste seit der Machtübernahme durch Präsident Biden, offenbarte ein antiquiertes, 75 Jahre altes Bündnis, das trotz seiner militärischen Misserfolge in Afghanistan und Libyen nun seinen militärischen Wahnsinn auf zwei weitere furchterregende, atomar bewaffnete Feinde ausrichtet: Russland und China.

Dieses Thema wurde von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in einem Meinungsartikel in der Washington Post im Vorfeld des NATO-Treffens hervorgehoben, in dem er darauf bestand, dass „aggressives und zwanghaftes Verhalten von ermutigten strategischen Konkurrenten wie China und Russland unseren Glauben an die kollektive Sicherheit stärkt.“

Russland und China als Rechtfertigung für die Aufrüstung des Westens heranzuziehen, ist ein Schlüsselelement des neuen Strategischen Konzepts“ der Allianz mit dem Titel NATO 2030: United For a New Era“, das die Rolle der Allianz in der Welt für die nächsten zehn Jahre definieren soll.

Die NATO wurde 1949 von den Vereinigten Staaten und elf weiteren westlichen Staaten gegründet, um der Sowjetunion und dem Aufstieg des Kommunismus in Europa entgegenzutreten.

Seit dem Ende des Kalten Krieges ist sie auf 30 Länder angewachsen und hat sich auf den größten Teil Osteuropas ausgedehnt. Sie hat eine lange und anhaltende Geschichte illegaler Kriegsführung, der Bombardierung von Zivilisten und anderer Kriegsverbrechen.

Im Jahr 1999 begann die NATO ohne Zustimmung der UNO einen Krieg, um den Kosovo von Serbien zu trennen. Ihre illegalen Luftangriffe während des Kosovo-Krieges töteten Hunderte von Zivilisten, und ihr enger Verbündeter, der kosovarische Präsident Hashim Thaci, steht nun wegen schockierender Kriegsverbrechen vor Gericht, die unter dem Deckmantel der NATO-Bombardierung begangen wurden.

Fernab des Nordatlantiks kämpft die NATO seit 2001 an der Seite der Vereinigten Staaten in Afghanistan und griff 2011 Libyen an, wobei sie einen gescheiterten Staat hinterließ und eine massive Flüchtlingskrise auslöste.

Die erste Phase der Überprüfung des neuen Strategischen Konzepts der NATO wird als Bericht der NATO 2030 Reflection Group bezeichnet. Das klingt ermutigend, da die NATO offensichtlich und dringend über ihre blutige Geschichte nachdenken muss.

Warum fängt eine Organisation, die sich nominell der Verhinderung von Kriegen und der Erhaltung des Friedens verschrieben hat, immer wieder Kriege an, die Tausende von Menschen töten und Länder auf der ganzen Welt in Gewalt, Chaos und Armut versinken lassen?

Aber leider ist diese Art der Selbstbeobachtung nicht das, was die NATO mit „Reflexion“ meint. Die Reflexionsgruppe lobt stattdessen die NATO als „das erfolgreichste Militärbündnis der Geschichte“ und scheint sich ein Beispiel an Obama genommen zu haben, indem sie nur „nach vorne schaut“, während sie mit fest aufgesetzten Scheuklappen in ein neues Jahrzehnt der militärischen Konfrontation stürzt.

Die Rolle der NATO im „neuen“ Kalten Krieg ist in Wirklichkeit ein Rückfall in ihre alte Rolle im ursprünglichen Kalten Krieg. Das ist lehrreich, denn es fördert die hässlichen Gründe zutage, aus denen die Vereinigten Staaten überhaupt die Gründung der NATO beschlossen haben, und stellt sie einer neuen Generation von Amerikanern und Europäern vor Augen, die sie im Kontext der heutigen Welt untersuchen müssen.

Jeder Krieg der USA mit der Sowjetunion oder Russland hätte die Europäer immer direkt an die Front geführt, sowohl als Kombattanten als auch als Opfer von Massenunfällen.

Die Hauptaufgabe der NATO besteht darin, dafür zu sorgen, dass die Menschen in Europa weiterhin die ihnen zugewiesenen Rollen in Amerikas Kriegsplänen spielen.Wie Michael Klare in einem Bericht von NATO Watch über die NATO 2030 erklärt, zielt jeder Schritt, den die USA mit der NATO unternehmen, darauf ab, sie in die US-Pläne zu integrieren, China und Russland in einem totalen Krieg zu bekämpfen und zu besiegen.“

Der Plan der US-Armee für eine Invasion Russlands, der euphemistisch als „The U.S. Army in Multi-Domain Operations“ bezeichnet wird, beginnt mit Raketen- und Artillerie-Bombardements russischer Kommandozentralen und Verteidigungskräfte, gefolgt von einer Invasion durch gepanzerte Kräfte, um Schlüsselgebiete und -orte zu besetzen, bis Russland kapituliert.

Es überrascht nicht, dass Russlands Verteidigungsstrategie angesichts einer solchen existenziellen Bedrohung nicht darin bestünde, zu kapitulieren, sondern die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten mit Atomwaffen zu bekämpfen.

Die US-Kriegspläne für einen Angriff auf China sind ähnlich und beinhalten Raketen, die von Schiffen und Basen im Pazifik abgefeuert werden. China hat sich nicht so öffentlich zu seinen Verteidigungsplänen geäußert, aber wenn seine Existenz und Unabhängigkeit bedroht wären, würde es wahrscheinlich ebenfalls Atomwaffen einsetzen, so wie es auch die Vereinigten Staaten tun würden, wenn die Positionen umgekehrt wären. Aber das tun sie nicht – denn kein anderes Land verfügt über die offensive Kriegsmaschinerie, die es für eine Invasion der Vereinigten Staaten benötigen würde.

Michael Klare kommt zu dem Schluss, dass die NATO 2030 „alle Bündnismitglieder zu einem kostspieligen, alles verschlingenden militärischen Wettbewerb mit Russland und China verpflichtet, der sie einem immer größeren Risiko eines Atomkriegs aussetzt.“

Wie denken also die Europäer über ihre Rolle in Amerikas Kriegsplänen?

Der European Council on Foreign Relations hat kürzlich eine ausführliche Umfrage unter 15.000 Menschen in zehn NATO-Ländern und Schweden durchgeführt und die Ergebnisse in einem Bericht mit dem Titel „The Crisis of American Power: How Europeans See Biden’s America“ veröffentlicht.

Der Bericht zeigt, dass eine große Mehrheit der Europäer keine Rolle in einem Krieg der USA mit Russland oder China spielen und neutral bleiben möchte. Nur 22% würden es unterstützen, in einem Krieg mit China auf der Seite der USA zu stehen, 23% in einem Krieg mit Russland. Die öffentliche Meinung in Europa ist also mit der Rolle der NATO in den amerikanischen Kriegsplänen völlig uneins.

Was die transatlantischen Beziehungen im Allgemeinen betrifft, so sehen Mehrheiten in den meisten europäischen Ländern das politische System der USA als zerrüttet und die Politik ihrer eigenen Länder als in einem gesünderen Zustand an.

Neunundfünfzig Prozent der Europäer glauben, dass China innerhalb eines Jahrzehnts mächtiger sein wird als die Vereinigten Staaten, und die meisten sehen Deutschland als wichtigeren Partner und internationale Führungsmacht als die Vereinigten Staaten.

Nur 17% der Europäer wünschen sich engere wirtschaftliche Beziehungen zu den USA, während noch weniger, nämlich 10% der Franzosen und Deutschen, glauben, dass ihre Länder Amerikas Hilfe bei der Landesverteidigung benötigen.

Die Wahl Bidens hat die Ansichten der Europäer im Vergleich zu einer früheren Umfrage im Jahr 2019 nicht sehr verändert, da sie den Trumpismus als Symptom für tiefer verwurzelte und seit langem bestehende Probleme in der amerikanischen Gesellschaft sehen. Die Autoren schlussfolgern: „Eine Mehrheit der Europäer bezweifelt, dass Biden Humpty Dumpty wieder zusammensetzen kann.“

Die Europäer sträuben sich auch gegen die Forderung der NATO, dass die Mitglieder zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben sollten – ein willkürliches Ziel, das nur zehn der 30 Mitglieder erreicht haben. Ironischerweise werden einige Staaten das NATO-Ziel erreichen, ohne ihre Militärausgaben zu erhöhen, weil der COVID ihr Bruttoinlandsprodukt schrumpfen ließ, aber es ist unwahrscheinlich, dass NATO-Mitglieder, die sich wirtschaftlich schwer tun, den Militärausgaben Vorrang einräumen werden.

Die Kluft zwischen der Feindseligkeit der NATO und den wirtschaftlichen Interessen Europas geht tiefer als nur bei den Militärausgaben. Während die Vereinigten Staaten und die NATO Russland und China in erster Linie als Bedrohung sehen, betrachten europäische Unternehmen sie als wichtige Partner.

Im Jahr 2020 hat China die USA als wichtigsten Handelspartner der Europäischen Union abgelöst, und Ende 2020 hat die EU ein umfassendes Investitionsabkommen mit China abgeschlossen, trotz der Bedenken der USA.

Die europäischen Länder haben auch ihre eigenen wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland. Deutschland setzt sich weiterhin für die Nord Stream 2-Pipeline ein, eine 746 Meilen lange Erdgas-Ader, die von Nordrussland nach Deutschland führt – auch wenn die Biden-Administration sie als „schlechtes Geschäft“ bezeichnet und behauptet, sie mache Europa anfällig für russischen „Verrat“.

Die NATO scheint die sich verändernde Dynamik der heutigen Welt nicht zu bemerken, als ob sie auf einem anderen Planeten leben würde. Ihr einseitiger Bericht der Reflexionsgruppe nennt Russlands Verletzung des Völkerrechts auf der Krim als Hauptursache für die Verschlechterung der Beziehungen zum Westen und besteht darauf, dass Russland „zur vollständigen Einhaltung des Völkerrechts zurückkehren“ müsse.

Aber es ignoriert die USA und die NATO weit zahlreichere Verletzungen des Völkerrechts und führende Rolle in den Spannungen, die den erneuten Kalten Krieg anheizen:

die illegalen Invasionen im Kosovo, in Afghanistan und im Irak

die gebrochene Vereinbarung über die NATO-Erweiterung in Osteuropa

den Rückzug der USA aus wichtigen Rüstungskontrollverträgen

mehr als 300.000 Bomben und Raketen, die von den USA und ihren Verbündeten seit 2001 auf andere Länder abgeworfen wurden

US-Proxy-Kriege in Libyen und Syrien, die beide Länder ins Chaos stürzten, Al-Qaida wiederbelebten und den Islamischen Staat hervorbrachten

das US-Management des Putsches in der Ukraine 2014, der zum wirtschaftlichen Zusammenbruch, zur russischen Annexion der Krim und zum Bürgerkrieg in der Ostukraine führte

die nackte Realität der USA als Serienaggressor, dessen offensive Kriegsmaschinerie die Verteidigungsausgaben Russlands im Verhältnis 11 zu 1 und Chinas im Verhältnis 2,8 zu 1 in den Schatten stellt, selbst wenn man die Militärausgaben anderer NATO-Länder nicht mitzählt.

Das Versäumnis der NATO, ihre eigene Rolle in dem, was sie euphemistisch als „unsichere Zeiten“ bezeichnet, ernsthaft zu prüfen, sollte daher für Amerikaner und Europäer alarmierender sein als ihre einseitigen Kritiken an Russland und China, deren Beiträge zur Unsicherheit unserer Zeit im Vergleich dazu verblassen.

Die kurzsichtige Bewahrung und Erweiterung der NATO für eine ganze Generation nach der Auflösung der UdSSR und dem Ende des Kalten Krieges hat auf tragische Weise die Voraussetzungen für die Erneuerung jener Feindseligkeiten geschaffen – oder vielleicht sogar ihr Wiederaufleben unvermeidlich gemacht.

Die Reflexionsgruppe der NATO rechtfertigt und fördert den erneuten Kalten Krieg der Vereinigten Staaten und der NATO, indem sie ihren Bericht mit gefährlich einseitigen Bedrohungsanalysen füllt.

Eine ehrlichere und ausgewogenere Überprüfung der Gefahren, mit denen die Welt konfrontiert ist, und der Rolle der NATO darin würde zu einem viel einfacheren Plan für die Zukunft der NATO führen: dass sie so schnell wie möglich aufgelöst und abgebaut werden sollte.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärt NATO-Verbündeten, dass die USA wieder engagiert sind, warnt aber vor der russischen Bedrohung

17. Februar 2021

Von Barbara Starr, CNN-Pentagon-Korrespondentin

(CNN)Bei seinem ersten Auftritt auf der Weltbühne, bei dem er sich mit NATO-Verbündeten traf, verschwendete US-Verteidigungsminister Lloyd Austin keine Zeit, um ihnen zu sagen, dass die Trump-Ära der angespannten Beziehungen vorbei ist.

“Der Sekretär bekräftigte die Botschaft des Präsidenten, dass die Vereinigten Staaten beabsichtigen, unsere Beziehung mit der Allianz wiederzubeleben“, sagte Pentagon-Pressesprecher John Kirby gegenüber Reportern über die Botschaft, die Austin bei einem virtuellen NATO-Ministertreffen vermittelte, das am Mittwoch und Donnerstag stattfindet.

“Minister Austin betonte, dass die wichtigste Aufgabe der NATO der Schutz unserer Bevölkerungen und Territorien ist, indem wir eine glaubwürdige Abschreckung und ein starkes Militär präsentieren”, fügte Kirby hinzu.

Austin ging über die traditionellen Themen hinaus und betonte, dass die NATO Lieferketten und Technologien vor “strategischen Konkurrenten” schützen müsse, so Kirby. Die Implikation war klar, dass es an der Zeit ist, sich mehr Sorgen um China und insbesondere Russland zu machen.

NATO-Chef sagt, die Allianz werde ihre Truppen nicht aus Afghanistan abziehen, “bevor die Zeit reif ist”.

Im Vorfeld des Treffens nutzte Austin einen Meinungsartikel in der Washington Post, um zu unterstreichen, dass die USA die NATO und die traditionelle Rolle der USA bei der Verteidigung Europas wieder voll unterstützen, nachdem Präsident Donald Trump seine Amtszeit damit verbracht hatte, das Bündnis zu kritisieren.

“Für das Verteidigungsministerium bedeutet dies, eine glaubwürdige Truppe aufzustellen, die bereit ist, die harte Arbeit der Diplomatie zu unterstützen. Es bedeutet auch, eng mit unseren Verbündeten und Partnern zusammenzuarbeiten, um unsere gemeinsamen Interessen zu sichern und unsere gemeinsamen Werte im Ausland zu fördern. Einfach ausgedrückt: Wir können unserer Verantwortung nicht allein gerecht werden, und wir sollten es auch nicht versuchen”, schrieb Austin.

Er teilt der NATO auch mit, dass die USA für die erhöhten Verteidigungsausgaben der Mitgliedsstaaten dankbar sind, aber es wird nicht erwartet, dass sie Zusagen zu Themen wie der Zukunft der US-Militärpräsenz in Afghanistan, Irak und Deutschland sowie zu anderen Fragen machen, zu denen die Verbündeten Klarheit wünschen…

Warnung vor Putin

Austin macht deutlich, dass er weiß, dass der Hauptrivale der NATO – Wladimir Putins Russland – nicht wartet. “Aggressives und zwanghaftes Verhalten von ermutigten strategischen Konkurrenten wie China und Russland bestärken unseren Glauben an die kollektive Sicherheit“, schrieb Austin in seinem Beitrag in der Washington Post.

“Es ist sehr offensichtlich, dass Russland eine Bedrohung für alle NATO-Verbündeten ist, einschließlich der Vereinigten Staaten. Russland untergräbt Transparenz und Berechenbarkeit. Sie setzen militärische Gewalt ein, um ihre Ziele zu erreichen. Sie unterstützen Stellvertretergruppen und säen Chaos und Zweifel und untergraben die regelbasierte internationale Ordnung“, sagte ein zweiter Verteidigungsbeamter, der an den US-Vorbereitungen für das Ministertreffen beteiligt war.

“Daher hat diese Regierung bereits deutlich gemacht, dass wir mit Russland zusammenarbeiten werden, um unsere eigenen Interessen voranzubringen, während wir es für seine rücksichtslosen und aggressiven Handlungen zur Verantwortung ziehen. Und so werden wir uns darauf freuen, das mit unseren Verbündeten in dieser Woche zu besprechen.”

Cyber-Angriffe durch Russland stehen weiterhin ganz oben auf der Liste der Sorgen. Die NATO bezieht nun andere Nationen in ihre Klausurgespräche über den Umgang mit dieser Bedrohung ein.

Offensichtliche russische Militärmanöver geben ebenfalls Anlass zur Sorge.

Moskau verstärkt seine militärischen Aktivitäten im Nordosten Syriens, wo die USA immer noch 900 Soldaten stationiert haben. Es gibt Befürchtungen, dass die Russen sich nicht an lange vereinbarte Verfahren halten, um sich von US-Gebieten fernzuhalten, sagen mehrere Verteidigungsbeamte.

Und die USA und Russland rangeln um ihre Position und Präsenz in der ressourcenreichen Arktis. Ende des Monats werden zum ersten Mal B-1-Bomber von Norwegen aus vor Russlands Westküste fliegen. Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete, dass zwei russische Tu-160-Bomber Anfang des Monats die internationalen Gewässer der Barentssee, Grönlands und Norwegens überflogen.

Auch die NATO meldete in den letzten Tagen mehrere Luftbegegnungen mit Russland. NATO-Kampfflugzeuge aus Rumänien, Bulgarien und der Türkei flogen am 10. Februar als Antwort auf mehrere russische Tu-22-Langstreckenbomber und Kampfjets, die in der Nähe des NATO-Territoriums über dem Schwarzen Meer flogen. Die russischen Flugzeuge flogen, ohne einen Transpondercode zu übermitteln und gaben weder ihre Position noch ihre Flughöhe an oder legten einen Flugplan vor.

Die Beibehaltung einer robusten Anzahl von US-Truppen in Deutschland und tiefer in die östliche Flanke der NATO durch rotierende Truppen in Rumänien, Polen und sogar der Ukraine für Übungen und Ausbildung würde eine klare Botschaft an Putin zu begegnen senden, sagen Beamte. Biden hat bereits den Abzug von Truppen aus Deutschland bis zu einer Überprüfung gestoppt und die Ukraine sagt öffentlich, dass sie zwei neue Marinestützpunkte bauen wird.

https://edition.cnn.com/2021/02/17/politics/lloyd-austin-nato-meeting/index.html

Übersetzt mit http://www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

“Weltweit einzigartig” – Putin präsentiert neue Super-Waffen als Antwort auf nukleare US-Bedrohung

 

Sie sollen Raketenschirme und Radarsysteme umfliegen können und auf diese Weise unentdeckt bleiben.

Durch ihre Reichweite soll jedes Ziel auf der Erde erreichbar sein.

Die Rede ist von Russlands neuen strategischen Waffen, die in der Lage sein sollen, ballistische Raketen abzufangen und somit bestehende Raketenschirme “eigentlich nutzlos machen”.

Die Rede ist von Russlands Hyperschall-Interkontinentalrakete “Sarmat”. Diese soll in der Lage sein, Raketenabwehrsysteme zu überwinden, und hat bereits entsprechende Tests absolviert. Sie stell einen “Durchbruch” für das Raketenprogramm des Landes dar, so Präsident Wladimir Putin.

Immer wieder hatte Russland die US-Aufrüstung, deren Ausdruck beispielsweise der US-Raketenabwehrschirm in Europa ist, als Bedrohung für die nationale Sicherheit kritisiert und asymmetrische Gegenmaßnahmen angekündigt. Trotz der Warnungen vor einer Rüstungsspirale sahen die USA und deren Partner in Europa nicht von ihren Plänen ab.

Unter US-Präsident Donald Trump kam die Ankündigung der USA hinzu, sogenannte “taktische Atomwaffen” (“Mini-Atombomben”) zur Abschreckung Russlands entwickeln zu wollen.

Die Aufrüstungsspirale scheint damit nun tatsächlich ein neues Hoch zu erfahren.

Nukleare Abschreckung Heute

08. juni 2020

Jessica Cox

Warum bleibt nukleare Abschreckung ein wichtiges Thema für NATO-Verbündete?

Sind Atomwaffen im Zeitalter zunehmend leistungsfähiger konventioneller Waffen, Cyberkriegsführung und autonomer Roboter nicht ein irrelevantes Relikt des Kalten Krieges? Warum sind diese Waffen immer noch in einem friedlichen Europa stationiert?

…In einer Zeit, in der Diskussionen über tödliche autonome WaffenDrohnenschwärme und die Militarisierung des Weltraums die moderne Kriegsführung wie einen Science-Fiction-Thriller erscheinen lassen, können Atomwaffen so rückständig wirken wie ein Walkman…

Atomwaffen bilden seit der Gründung der NATO die Grundlage für die kollektive Verteidigung der Allianz… Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben wiederholt bekräftigt, dass die NATO ein nukleares Bündnis bleiben wird solange Kernwaffen existieren…

Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges stationierten die Vereinigten Staaten rund 7.300 Atomwaffen in Europa, um den NATO-Verbündeten erweiterte Abschreckungs- und Sicherheitsgarantien zu geben.

Seit dem Ende des Kalten Krieges wurde die Anzahl der US-Atomwaffen, die in Europa zur Unterstützung der NATO stationiert sind, um 90 Prozent reduziert…

Die Verabschiedung des Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF) im Jahr 1987, gefolgt vom Vertrag zur Reduzierung strategischer Waffen (START)) im Juli 1991 und dem Vertrag zur Reduzierung Strategischer Offensivwaffen (SORT) ) im Jahr 2002, sorgte für eine konsequente Reduzierung der strategischen Atomwaffenarsenale der USA und Russlands, die durch die Umsetzung dieser Verträge immer geringer wurden…

Am 27. September 1991 nahm US-Präsident George H. W. Bush tiefgreifende Änderungen am US-Nukleardispositiv als Reaktion auf den Zusammenbruch der Sowjetunion vor, und forderte die Staats- und Regierungschefs im Kreml auf, entsprechend gleichzuziehen… Diese ‘Presidential Nuclear Initiatives’ führten zu der bedeutendsten Reduzierung taktischer – oder nicht-strategischer – Atomwaffen in Europa. Die USA zerstörten ca. 2.000 nukleare Artilleriegeschosse und ballistische Kurzstreckenraketen, entfernten alle taktischen Atomwaffen von Kriegsschiffen, U-Booten und Marineflugzeugen, zerstörten alle nukleare Seeminen, senkten den Bereitschaftsgrad strategischer Bomber und strichen geplante Modernisierungen einiger nuklearer Waffensysteme…

Bis 2010 hatte Russland seine taktischen Atomwaffen in zentralen Lagerstätten in Russland konsolidiert, taktische Atomwaffen aus seinen Bodentruppen entfernt und das taktische Atomarsenal der Luftwaffe, der Raketenabwehrtruppen und der Marine drastisch gekürzt, wodurch die Anzahl nicht-strategischer Atomwaffen um rund 75 Prozent verringert wurde.

Die gemeinsame Reduzierung nicht-strategischer Atomwaffen der USA und Russlands war die tiefst greifende Veränderung des Nukleardispositivs in Europa. Dies führte zu einer erheblichen Reduzierung stationierter Atomwaffen und zur Verringerung militärischer Spannungen in Europa…

In den letzten Jahren hat Russland erneut beschlossen, sich auf in Europa stationierte Atomwaffen zu verlassen, um einer vermeintlichen konventionellen Überlegenheit der NATO entgegenzuwirken… entwickelt neue Arten von Raketensystemen wie den Hyperschall-Gleitflugkörper Avangard mit strategischer Reichweite und den Hyperschall-Marschflugkörper Tsirkon, die Russland auf einer Vielzahl von Trägersystemen testet und stationiert. Russland entwickelt außerdem die luftgestützte ballistische Rakete Kinzhal, von der Moskau behauptet, dass sie eine Reichweite von etwa 2.000 km haben wird.

Hyperschallwaffen fliegen mit extrem hohen Geschwindigkeiten, in relativ geringer Höhe und sind während des Fluges manövrierbar – eine Kombination, die es schwierig macht, Hyperschallraketen zu verfolgen, und es fast unmöglich macht, sich gegen sie zu verteidigen.

Während die Vereinigten Staaten begonnen haben, mehr in die eigene Entwicklung von Hyperschall-Raketensysteme zu investieren, haben Russland (und China) einen Vorsprung.

Abgesehen von Hyperschallwaffen ist Russland auch dabei, neuartige nukleare Waffensysteme wie einen nuklear angetriebenen Marschflugkörper mit Nuklearsprengkopf und einen unbemannten atomar angetriebenen und bewaffneten Unterwassertorpedo zu entwickeln.

Diese könnten dazu verwendet werden, NATO-Verbündete einzuschüchtern, zu nötigen oder anzugreifen – mit geringer Vorwarnung und Abwehrfähigkeit.

Russlands Begründung für die Entwicklung solcher Waffen ist unklar. Es ist allerdings notwendig, dass die NATO ihre eigenen Fähigkeiten im Lichte der neuen russischen Systeme überprüft.

Die vielleicht größte Diskrepanz zwischen der NATO und Russland besteht jedoch im Bereich taktischer oder nicht-strategischer Atomwaffen. Dazu gehören Waffensysteme, die mit Atomsprengköpfen mit geringerer Sprengkraft ausgerüstet sind. Darunter fallen beispielsweise luft-, see- und bodengestützte Marschflugkörper.

Russland verfügt heute über ein bedeutendes Arsenal an Raketensystemen, das für konventionelle sowie nukleare Sprengköpfe ausgelegt ist. Diese Raketen können das gesamte Territorium der europäischen NATO-Verbündeten von Land, von der See aus oder von der Luft aus erreichen.

Mit einem vergleichsweisen großem Arsenal an nicht-strategischen Atomsprengköpfen – öffentlich geschätzt werden 1500 bis 2000 Sprengköpfe verglichen mit den geschätzten 150 bis 200 US-Freifallbomben, die in Europa gelagert werden – stellt Russland eine erneute Herausforderung an die regionale Abschreckungs- und Verteidigungsaktivitäten der NATO dar.

Effektive nukleare Abschreckung aufrechterhalten

GAngesichts dieses sich ändernden Sicherheitsumfelds – und bis unsere Herausforderer und potenziellen Gegner bereit sind, selbst auf Atomwaffen zu verzichten – muss die NATO in der Lage sein, atomare Bedrohungen abzuschrecken. Dazu gehört die Fähigkeit, auf einen Einsatz von Atomwaffen seitens Russland angemessen reagieren zu können. Nur so kann die die Sicherheit von fast einer Milliarde Menschen gewährleistet werden, die unter dem Schutzschirm der NATO leben.

Wie die Staats- und Regierungschefs der NATO vereinbart haben – und oft wiederholen –, ist der Hauptzweck der nuklearen Fähigkeiten der NATO „die Wahrung des Friedens, der Schutz vor Zwangsmaßnahmen und die Abschreckung von Aggressionen.“ Dies beinhaltet die Rückversicherung der Alliierten durch eine starke transatlantische Bindung im Rahmen kollektiver Sicherheit. Diese manifestiert sich auch durch die nukleare Teilhabe, bei der europäische und nordamerikanische Verbündete die Risiken und Verpflichtungen der nuklearen Abschreckung teilen.

Indem die NATO zeigt, dass sie in der Lage und entschlossen ist, einem Angreifer nicht annehmbare Kosten aufzuerlegen, die weit schwerer wiegen würden als die Vorteile, die sich ein Angreifer erhofft, sendet dies auch ein starkes Signal an Russland. Es zeigt, dass Russland seine Ziele in einem Konflikt selbst mit einem begrenzten Einsatz von Atomwaffen nicht erreichen würde und, dass daher ein nuklearer Angriff seitens Russland keinen Erfolg haben würde.

Die NATO-Verbündeten bleiben fest entschlossen, eine Welt ohne Kernwaffen zu erreichen und Rüstungskontrolle, Nichtverbreitung und Abrüstung zu fördern. Solange es Kernwaffen gibt, wird die NATO aber ein nukleares Bündnis bleiben.

Die NATO wird weiterhin die Wirksamkeit unseres Abschreckungs- und Verteidigungsdispositivs sicherstellen, einschließlich der Gewährleistung, dass unsere Fähigkeiten für die nukleare Abschreckung sicher, geschützt und wirksam bleiben. Atomwaffen spielen weiterhin eine wichtige Rolle für die Sicherheit der NATO, um den Frieden zu wahren, vor nuklearer Erpressung zu schützen und Aggressionen abzuschrecken.

Jessica Cox ist Direktor für Nuklearpolitik bei der NATO. Vor ihrem NATO-Einsatz war sie Direktorin für Rüstungskontrolle im Nationalen Sicherheitsrat der USA.

https://www.nato.int/docu/review/articles/2020/06/08/nuclear-deterrence-today/index-ge.html

Samstag, 27. Februar 2021

„Gleichgewicht des Schreckens“ wieder hergestellt!


Russland präzisiert seine Nukleardoktrin

6. Juli 2020

von Wilfried Schreiber

Anfang Juni 2020 informierten die russischen Medien über einen Erlass des Präsidenten zu den „Grundlagen der staatlichen Politik der russischen Föderation auf dem Gebiet der nuklearen Abschreckung“.

Die deutschen Medien reagierten zunächst verhalten und unsicher. Wenn sie denn überhaupt darüber berichteten, lief das unter dem Motto „Russland hat eine neue Nukleardoktrin und die ist besonders aggressiv“. Tatsächlich ergibt sich die Frage, was daran neu ist und warum das Dokument gerade zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht wurde. . .

Bedingungen für den Nuklearwaffeneinsatz

17. Die Russische Föderation behält sich das Recht vor, Nuklearwaffen anzuwenden als Antwort auf den Einsatz der Nuklearwaffen und/oder anderer Arten von Massenvernichtungsmitteln gegen sie und/oder ihre Verbündeten, sowie im Fall einer Aggression gegen die Russische Föderation mit Einsatz herkömmlicher Waffen, wenn die staatliche Existenz selbst bedroht wurde.

18. Der Entschluss zur Anwendung der Nuklearwaffen wird von dem Präsidenten der Russischen Föderation gefasst.

Folgende Bedingungen sind für den möglichen Einsatz der Nuklearwaffen durch die Russische Föderation bestimmend:

a) das Eintreffen von glaubwürdigen Informationen über den Start ballistischer Raketen, die das Territorium der Russischen Föderation und/oder ihrer Verbündeten angreifen;
b) der Einsatz von Nuklearwaffen oder anderer Arten von Massenvernichtungsmitteln durch den Gegner gegen das Territorium der Russischen Föderation und/oder ihrer Verbündeten;
c) die Einwirkung des Gegners auf kritisch wichtige staatliche und militärische Objekte der Russischen Föderation, deren Ausfall zur Vereitelung der Antworthandlungen der Nuklearstreitkräfte führt;
d) eine Aggression gegen die Russische Föderation mit dem Einsatz herkömmlicher Waffen, wenn die staatliche Existenz selbst bedroht wurde.

Das Verständnis der russischen Position macht eine Vorbemerkung erforderlich. Unter den Bedingungen der Blockkonfrontation und des Kalten Krieges war es etwa ab Mitte der 1980er Jahre eine in Ost und West weitgehend akzeptierte Erkenntnis, dass ein Kernwaffenkrieg weder führbar noch gewinnbar ist.

Nukleares Gleichgewicht

Bereits zuvor hatte die völkerrechtliche Vereinbarung eines umfassenden nuklearen Abrüstungs- und Rüstungskontrollsystems begonnen – mit dem Ziel, eine weitere Verbreitung von Kernwaffen zu verhindern und zugleich ein annäherndes nukleares Gleichgewicht zwischen den beiden damals bestehenden Hauptmachtblöcken in der Welt – der NATO und dem Warschauer Pakt – zu wahren und damit die Gefahr eines ungewollten Atomkriegs reduziert werden.

Internationales Abrüstungs- und Rüstungskontrollsystem

Zu diesem internationalen Abrüstungs- und Rüstungskontrollsystem gehörten insbesondere der

Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NPT) von 1968, der

ABM-Vertrag über eine Begrenzung von antiballistischen Raketenabwehrsystemen von 1972, der

INF-Vertrag zur Beseitigung der landgestützten nuklearen Mittelstreckenwaffen in Europa von 1987, die beiden

Verträge zur Begrenzung der strategischen Raketenrüstung (START 1 1991 und START 2 1993) sowie der

Kernwaffenteststopp-Vertrag (CTBT) von 1996.

Am Ende der Blockkonfrontation und kurz danach existierte also eine weitgehend funktionierende normative Vertragsordnung zur Begrenzung der Gefahr eines Atomkrieges.

Beide Blocksysteme hatten ein Selbstverständnis ihrer Militärdoktrinen als defensiv und respektierten sich gegenseitig auf Augenhöhe.

Inzwischen haben sich die internationale Lage und das geopolitische Kräfteverhältnis grundlegend geändert.

Die Organisation des Warschauer Vertrages hat sich mit dem Scheitern des realen Sozialismus selbst aufgelöst;

die NATO ist bis unmittelbar an die russische Grenze vorgerückt;

China hat sich wirtschafts- und militärpolitisch zu einem „global Player“ entwickelt;

die USA haben ihre unangefochtene Rolle als Weltpolizist verloren und

das internationale Rüstungskontrollsystem ist zerbrochen, respektive weitgehend außer Kraft gesetzt worden.

Neue Kernwaffenmächte sind entstanden und beteiligen sich an einem vorwiegend qualitativen nuklearen Wettrüsten. Technologische Entwicklungen begünstigen neue Optionen zur Kriegführung, die die Schwelle zwischen Krieg und Frieden verwischen lassen. Insbesondere die Tendenz zur Miniaturisierung von Kernwaffen bei gleichzeitiger Entwicklung neuer Raketenabwehrsysteme begünstigt das Wiederaufleben der Debatte über die Führbarkeit von begrenzten Atomkriegen.

Die NATO und der transatlantische Westen insgesamt geben die Alleinschuld an dieser Entwicklung Russland und China und bewerten deren Verhalten als aggressiv.Auf die Rolle von China soll hier nicht weiter eingegangen werden.

Russlands Sicht auf die genannten Veränderungen und Vorwürfe des Westens wird in dem genannten Dokument vom 2. Juni 2020 zur nuklearen Abschreckung klar erkennbar.

Die erste Frage, die sich hierbei stellt, ist die Frage, was an den russischen Aussagen zur nuklearen Abschreckung tatsächlich neu ist. Für sicherheitspolitisches Fachpersonal in Deutschland sind die entsprechenden Aussagen nämlich keineswegs überraschend. Dennoch sollen zwei Aspekte besonders hervorgehoben werden:

Erstens: Mit diesem Dokument werden erstmals die offiziellen Positionen Russlands über die Grundlagen der staatlichen Politik auf dem Gebiet der nuklearen Abschreckung öffentlich gemacht. Bisher waren diese Aussagen Bestandteil einer geheimen Anlage zum Grundsatzdokument der Russischen Föderation über die Militärdoktrin von 2014.

Zugleich werden mit dem Dokument vom 2. Juni 2020 die Bedingungen und Ziele des Einsatzes von Kernwaffen entsprechend der eingetretenen Veränderungen der internationalen Situation präzisiert. Insofern versteht sich das Dokument nicht als neue Nukleardoktrin, sondern als Untersetzung der seit 2014 gültigen Militärdoktrin.

Zweitens: Der Erlass legt die letzte Entscheidungsgewalt über einen Kernwaffeneisatz in die Hand des Präsidenten. Damit soll offensichtlich die Fähigkeit Russlands für eine schnelle Entscheidungsfindung und entschlossenes militärisches Handeln demonstriert werden.

Diese Rolle Putins dürfte die potenziellen militärischen Gegner Russlands am ehesten beunruhigen und für eigenständigen Diskussionsstoff und Erklärungsbedarf sorgen.

Was aber bewegte die Kreml-Spitze, dieses Dokument gerade jetzt, also im Frühsommer 2020, der internationalen Öffentlichkeit zu übergeben? Ganz offensichtlich diente das russische Regierungsdokument der unmittelbaren Vorbereitung von offiziellen Gesprächen zwischen den USA und der Russischen Föderation zur strategischen Stabilität. Diese Gespräche haben am 22. Juni 2020 in Wien auf der Ebene der Außenministerien begonnen und sollen im Rahmen von Arbeitsgruppen weitergeführt werden.

Diese Gespräche können jedoch nur als unmittelbarer Anlass der Publikation gewertet werden. Die Hintergründe liegen tiefer und berühren vor allem die inhaltlichen Aussagen des Dokuments.

Dmitri Trenin, der Direktor des Carnegie Moscow Center, schreibt in einem Aufsatz zur Erklärung des Dokuments:

„Der Zeitpunkt der Veröffentlichung legt […] nahe, dass der Kreml eine Welt ohne Rüstungskontrolle ernst nimmt und sich darauf vorbereitet.“ Das heißt, Russland ist dabei, sich darauf einzustellen, dass die Welt ohne die bisher bestehende und auch funktionierende normative Vertragsordnung zur nuklearen Rüstungskontrolle auskommen muss und zu einer unregulierten Politik der nuklearen Abschreckung als Instrument der Friedenssicherung zurückkehren wird.

Trenin wertet den Präsidentenerlass insbesondere als Reaktion auf die Präzisierung der amerikanischen Kernwaffendoktrin von 2018 (Nuclear Posture Review – NPR), die Optionen für eine begrenzte Anwendung von Kernwaffen geringen Kalibers in realen militärischen Operationen vorsehe und die Notwendigkeit frühzeitiger Nuklearoperationen betone.

Russland lehne die amerikanischen Vorstellungen zur Führung eines begrenzten Atomkriegs ab, da dieser, so Trenin, „auf dem Territorium Russlands oder in dessen Nähe ausgetragen“ werden solle. Für den Moskauer Experten ist der Erlass mit der Offenlegung ihrer Rahmenbedingungen ein Zeichen für die Transparenz der Nukleardoktrin Russlands und zugleich der Bereitschaft zum Start eines neuen Dialogs.

Trenin macht auf drei „Botschaften“ aufmerksam, die das Dokument enthalte:

In Auseinandersetzung mit der westlichen Unterstellung, dass Russland eine Politik der nuklearen „Eskalation zur De-Eskalation“ betreibe und damit zu einem frühzeitigen Kernwaffeneinsatz neige, orientiere das Dokument auf das genaue Gegenteil: Russland vertraue unverändert auf seine Kraft der Abschreckung ohne sich auf einen realen Kernwaffeneinsatz festzulegen.

Eine zweite Botschaft richte sich an jene Verbündeten der USA, die es zulassen, dass Kernwaffen (insbesondere Mittelstreckensysteme), Raketenabwehrsysteme oder andere strategischen High-Tech-Waffen der USA (mit oder ohne Nuklearsprengstoff) auf ihrem Territorium in Grenznähe zu Russland stationiert werden. Das würde diese Systeme und Einrichtungen zu Objekten der russischen Zielplanung machen und würde als „äußerst gefährliche Entwicklung“ angesehen.

Die dritte Botschaft bezieht sich auf den Verweis, dass Angriffe gegen die kritische Infrastruktur Russlands, die für die Kontrolle und den Einsatz von Kernwaffen verantwortlich ist, eine Reaktion mit Atomwaffen hervorrufen könnte. Das könnten zum Beispiel Cyberangriffe auf strategische Befehls-und Kontrollsysteme Russlands sein.

Zu den Hintergründen des russischen Präsidentenerlasses gehören aber nicht nur die offiziellen doktrinären Aussagen der USA sondern auch reale politische Aktivitäten des Westens, die Russland beunruhigen.

Russland fühlt sich insbesondere seit 2014 durch eine zunehmend russlandfeindliche Politik des Westens bedroht, ausgegrenzt, verleumdet, gedemütigt, provoziert, missioniert, sanktioniert und isoliert.

Irritierend ist dabei die Scheinheiligkeit, mit der die USA und einige ihrer Verbündeten sowie NATO-Repräsentanten Russland mit Vorwürfen über einseitig aggressives und völkerrechtswidriges Verhalten belegen und sich selbst keineswegs anders verhalten.

Insbesondere trifft das auf solche Aktivitäten zu wie die Flottenmanöver, die die NATO im Frühjahr 2020 im Schwarzen Meer, in der Ostsee und im Nordmeer durchgeführt hat und die von Russland als Bedrohung wahrgenommen werden.

Dazu gehört auch das Logistikmanöver „Defender Europe 2020“, bei dem zum Zeitpunkt des 75. Jahrestages der Beendigung des zweiten Weltkrieges NATO-Truppen bis unmittelbar an die russische Staatsgrenze herangeführt wurden.

Als i-Punkt dieser als Provokation wahrgenommenen Aktivitäten erscheint das Manöver „Defender Europe 2020 Plus“, das speziell enge polnisch-amerikanische Beziehungen demonstrieren sollte.

Dazu gesellt sich die auffällige Unberechenbarkeit des amerikanischen Präsidenten, der gerade während der Coronakrise statt auf Kooperation voll auf Konfrontation geschalten hat. Trump hat nunmehr auch den „Open Skies“-Vertrag von 1992 einseitig gekündigt. Dieser Vertrag ermöglichte gegenseitige Beobachtungsflüge und wirkte vor allem vertrauensbildend. Die US-Vertragskündigung war – ohne Zutun Russlands – der bisher jüngste Schritt zur Zerstörung des internationalen militärpolitischen Vertragssystems. Es muss nicht der letzte gewesen sein, denn bekanntlich wird in Washington auch der New Start-Vertrag zur Disposition gestellt.

Was ist das Fazit einer nüchternen und sachlichen Beurteilung des Dokuments über die Grundlagen der nuklearen Abschreckungspolitik Russlands?

Russland hat gezeigt, dass es bereit ist, sich auf die neue Situation einzustellen, aber auch für einen neuen Dialog zur Verfügung steht. Russland legt seine Karten offen auf den Tisch.

Den Defensivcharakter seiner Nukleardoktrin nimmt man Russland eher ab als den USA. Dafür sprechen vor allem historische Erfahrungen. Russland hat seit dem Beginn seiner Staatlichkeit nie einen Krieg gegen den europäischen Westen angezettelt, wurde aber mehrfach (1812, 1914 und 1941) aus dieser Richtung in seiner Existenz bedroht.

Russland will vor allem seine eigenen Probleme lösen. Zu mehr ist es ökonomisch auch gar nicht in der Lage. Ein Vergleich seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und seiner Militärausgaben mit denen der NATO macht das überdeutlich. Russland handelt nicht aus einer Position der ökonomischen und militärischen Stärke. Es will keinen neuen Rüstungswettlauf. Das ist seine Grunderfahrung aus der Zeit der Blockkonfrontation.

Erhalt der nuklearen Zweitschlagfähigkeit

Insofern ist Russlands Abschreckungspolitik eine Politik der Minimalabschreckung, die auf ausgewählte qualitative Bereiche fokussiert ist und vor allem auf den Erhalt der nuklearen Zweitschlagfähigkeit abzielt.

Russland will keineswegs einen frühen Einsatz von Kernwaffen sondern zeigt Entschlossenheit, einen Kernwaffenkrieg zu verhindern und alle potenziellen Gegner davor abzuschrecken.

Russland hält die Begrenzung eines Nuklearkriegs – zumal auf seinem eigenen Territorium – für eine Illusion.

Allerdings widerspiegelt das neue Grundlagendokument auch Veränderungen im militärpolitischen Denken Russlands sowie die Suche nach Antworten auf die geostrategischen Entwicklungen. Man darf also auch darauf gespannt sein, wie sich die Debatte in Russland selbst entwickelt.

P.S.: Als Mitglied der NATO wäre Deutschland mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Teilnehmer und Betroffener einer nuklearen Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland.

Wer – wie der Autor – schon zu Zeiten der Blockkonfrontation mit dieser Frage befasst war, verfügt dabei über die Erfahrungen und auch über das Vorstellungsvermögen, was ein großer Krieg in Europa bedeuten würde, und weiß zugleich, dass eine Politik der Abschreckung im High-Tech-Zeitalter und ohne wirksame Rüstungskotrollmechanismen noch weitaus fragiler wäre als während des Kalten Krieges vor mehr als 30 Jahren.

 Die Alternative zur nuklearen Abschreckung kann letztlich nur ein System der gemeinsamen Sicherheit in Europa – wie auch in anderen Regionen der Welt – sein.

Das erfordert von allen geostrategischen Rivalen ein Umdenken.

Statt zu einer allgemeinen Wiederbelebung der nuklearen Abschreckung muss es zu einer Intensivierung des politischen Dialogs kommen. Genau darauf sollte es allen an Frieden und Stabilität interessierten Kräften in den USA, in Russland und auch in Deutschland ankommen.

Es geht um die Durchsetzung des Primats der politischen Logik gegenüber der militärischen. „Schon ein erneutes Bekenntnis zum Statement der Präsidenten Gorbatschow und Reagan“, da kann Wolfgang Richter von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) nur zugestimmt werden, wäre in diesem Zusammenhang „ein wichtiges politisches Signal:

Ein Atomkrieg kann nie gewonnen und darf nie geführt werden.“

https://das-blaettchen.de/2020/07/russland-praezisiert-seine-nukleardoktrin-53289.html

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