Samstag, 22. Februar 2020


ISIS-CHEF: MYTHOS VON BAGHDADIS ENDE, WEIST EKLATANTE UNGEREIMTHEITEN AUF

Ist Russland dem Untergang geweiht?

Winston Churchill sagte einmal, dass Russland „ein einziges Rätsel ist, umgeben von einem Mysterium, einen Hauch von Enigma versprühend“. Ich verstehe jetzt, was Churchill mit dieser Aussage gemeint hat, nachdem ich zwei voneinander abweichende Medienberichte über gedankliche Einstellungen in Russland gelesen habe…

General Waleri Wassiljewitsch Gerassimow, Vorsitzender des Generalstabs der russischen Streitkräfte, ist anhand der Intensivierung der vielen NATO-Übungen durch Washington an der Grenze Russlands zu der Ansicht gelangt, dass Washington und dessen NATO-Alliierte sich auf einen großen Konflikt vorbereiten.
In einer Unterweisung gegenüber ausländischen Militärattachés in Moskau, teilte Gerassimow mit, dass die wachsende Anzahl und das Ausmaß der durch die NATO-Staaten abgehaltenen Militärübungen darauf hindeute , dass die Militärallianz „ihre Truppen zielgerichtet trainiert, um sich für eine Verwicklung in einen großen Militärkonflikt zu wappnen“.
Der Sprecher des Kremls erwiderte hierauf, dass die russische Regierung der Einschätzung von General Gerassimow vertraue. Um es klar zum Ausdruck zu bringen, geht das russische Militär basierend auf analysierten Beweisen davon aus, dass Washington und dessen NATO-Allianzpartner sich auf einen Krieg gegen Russland vorbereiten.
Die russische Regierung erklärt, dass sie volles Vertrauen in die Einschätzungen der eigenen Militärführung habe. Und jetzt geht aus einer zeitgleich veröffentlichten Umfrage, die durch das Levada Center, einem unabhängigen russischen Demoskopie-Institut durchgeführt wurde, hervor, dass ein Anteil von 80 % aller Russen Washington und die NATO-Staaten als „Freunde“ betrachten
Lediglich drei Prozent der russischen Befragten erklärten, dass sie den Westen als Feind Russlands betrachteten, so Levada. Weitere 16 % der Befragten teilten mit, dass sie den Westen als politischen Rivalen ansähen. Zwei Drittel der durch Levada Befragten (67 %) erklärten, dass Russland den Westen als einen Partner behandeln solle, während ein Anteil von elf Prozent angab, dass Russland den Westen wie einen Freund behandeln solle“, wie die Business-Tageszeitung Kommersant nach einer Untersuchung der Umfrageergebnisse schrieb.
Der außergewöhnliche Unterschied zwischen der Sichtweise des Vorsitzenden des russischen Generalstabs und den russischen Ottonormalbürgern lässt sich nur schwer erklären. Wer in der Regierung kommuniziert mit den russischen Staatsbürgern? Deren politische Führer?
Oder sind es die durch den Westen finanzierten Nichtregierungsorganisationen und Medien, die ihre westliche Propaganda über der russischen Bevölkerung herniedergehen lassen? Hören Russen noch immer Voice of America?
Falls sich diese deutlich voneinander abweichenden Medienberichte als jeweils korrekt erweisen sollten, dann blickt Russland der Tatsache ins Auge, dass die Sichtweise und das Bewusstsein der eigenen Regierung, laut denen Washington und dessen europäische Allianzpartner sich als auf einen Krieg vorbereitenden Feind erweisen, nicht durch die eigene russische Bevölkerung geteilt wird.
Hieraus leitet sich ein komplettes Versagen der Kommunikation zwischen der russischen Regierung, die der nationalen Souveränität der Russischen Föderation und der russischen Bevölkerung, die augenscheinlich keine Risiken einer potenziellen Kolonisierung durch deren Freunde im Westen zu erkennen vermag, verpflichtet ist, ab.
Wie kann die russische Bevölkerung, gedemütigt durch eine Verhängung von amerikanischen Sanktionen und endlosen Denunziationen des eigens gewählten Staatspräsidenten, der die russische Bevölkerung einst aus dem Klammergriff Amerikas befreit hat, und die sich ferner durch Washingtons Atomraketen an den eigenen Landesgrenzen bedroht sieht, an eine mögliche Freundschaft und Partnerschaft mit Washington glauben?

Was heißt das für mich konkret!?“

Falls die Ergebnisse dieser Umfrage korrekt sein sollten, und die russische Bevölkerung den hegemonialen Impuls der Washingtoner Regierung nicht verstehen sollte, erweist sich eine Aufrechterhaltung der nationalen Souveränität Russlands nicht als Gewissheit.
Gastbeitrag für CK*Wirtschaftsfacts / © 2020 Dr. Paul Craig Roberts / Institute of Political Economy
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Hochrangiger Pentagon-Offizieller: USA müssen sich auf Krieg gegen China vorbereiten
Der ein oder andere Leser erinnert sich vielleicht an unseren Gastbericht von Global Research vom 8. August 2016:
Eben jenen Bericht möchte ich einleitend aus der Mottenkiste holen, und würde jedem Leser empfehlen, den obigen Link noch einmal anzuklicken. Denn es gibt neue Entwicklungen in dieser Hinsicht, die nicht gerade freudig stimmen. Denn:
Die Vereinigten Staaten müssen sich auf einen möglichen Militärkonflikt mit China vorbereiten, indem neue Waffen entwickelt, die Allianzen mit Partnernationen gestärkt werden und die Effizienz des Pentagons verbessert wird“, wie ein hochrangiger Offizieller der Trump-Administration am Donnerstag vor einem wichtigen Ausschuss erklärte.
Die Wahrscheinlichkeit hinsichtlich eines möglichen Ausbruchs eines militärischen Konflikts mit China ist beängstigend“, wie Chad Sbragia, stellvertretender US-Verteidigungsminister für die Verteidigungsbereitschaft gegen China weiter ausführte.
Es handelt sich um einen langfristigen Prozess. Aus diesem Grund müssen wir flexibel und klug handeln. Chinas Volksbefreiungsarmee erweist sich als zunehmend beeindruckender Gegner, der seit langer Zeit gehegte Ambitionen mit ungesehenen, neuen Ressourcen verknüpft. China und der Volksbefreiungsarmee wird es auf diese Weise erlaubt, die eigene Militärpräsenz rund um den Globus auszuweiten, vorhandene Kapazitäten zu modernisieren und die nationalen Interessen der Vereinigten Staaten auf weit effizientere Weise herauszufordern“, wie Chad Sbragia, ehedem Amerikas Militärattaché in Peking in einer Anhörung vor der US-China Economic and Security Review Commission mitteilte. Hier der entsprechende Link:
Chinas jüngst abgehaltene DF-26-Raketenübung habe eine „klare Botschaft“ an die USA ausgesendet. Während China seine Fähigkeit, das eigene Militär auch weit entfernt von den eigenen Gestaden einzusetzen, permanent ausweite, müsse das Pentagon ein Mehr an tödlichen Waffen zum Einsatz bringen und einen robusten Kampfverband mit Hilfe der US-Allianzpartner bilden.
Hierin sei die Entwicklung von mehr hypersonischen Waffen, Künstlicher Intelligenz (KI), Robotern und Laserwaffen eingeschlossen, so das Zeugnis Sbragias vor der oben genannten Kommission. Eine zweite Säule müsse aus Sicht des Pentagons eine Stärkung der Allianzen mit bestehenden Partnern haben, während neue Allianzpartner in der Welt gesucht werden sollten.
Die oben erwähnte Kommission wurde im Jahr 2000 durch den US-Kongress ins Leben gerufen, um die Verteidigungsbereitschaft des eigenen Landes im Hinblick auf bestehende Verbindungen in Handel und Wirtschaft zwischen den USA und China in bestimmten Zeitintervallen zu überprüfen.
Die nun ins Spiel gebrachten Vorschläge würden den USA einen potenziellen „asymmetrischen“ Vorteil gegenüber Peking verschaffen, der sich durch China nicht so leicht kompensieren ließe. Diese Einschätzung basiert insbesondere auf einer Vielzahl an mit den USA verbündeten Partnerländern in der Welt.
Gleichzeitig bestünden enge diplomatische Verbindungen und eine einende Historie in Bezug auf einen freien Handel und offene Grenzen mit diesen Allianzpartnern, so Chad Sbragia weiter. Während das Pentagon seine Aufmerksamkeit bereits seit einiger Zeit in Richtung Asien-Pazifik-Region (Pivot to Asia) ausgerichtet habe, habe eine Reihe der durch die Trump-Regierung verfolgten Strategien unter langjährigen Allianzpartnern in Europa und Asien für Irritationen gesorgt.
Traditionelle Allianzpartner hätten sich demnach über die aggressive Verhängung von Zöllen durch die Trump-Regierung beschwert. Auch Trumps Entscheidung, sich aus multilateralen Abkommen zurückzuziehen und dessen Fokussierung auf „America First“ erschwerten die aktuelle Situation.
Chad Sbragia wollte im Rahmen der Anhörung nicht weiter darauf eingehen, ob das Pentagon überrascht ob der jüngsten Ankündigung des philippinischen Staatspräsidenten Rodrigo Duterte gewesen sei, laut der das Bündnis zwischen den Philippinen und den Vereinigten Staaten aufgekündigt werde. Lesen Sie hierzu bitte unter dem folgenden Link weiter:
Die Inselnation befindet sich strategisch betrachtet im Südchinesischen Meer, einem potenziellen Brennpunkt im Angesicht eines voranschreitenden Ausbaus einer künstlichen Inselgruppe in der umstrittenen Region. Chad Sbragia fügte hierzu an, es verwundere nicht, dass Peking seine Anstrengungen zu einer Beeinflussung von US-Allianzpartnern stetig intensiviere.
Es handele sich um einen Wettbewerb. Aus diesem Grund müssten die USA scharfsichtig handeln. Denn weitere Nationen würden zukünftig unter diesen Druck geraten. Chad Sbragia fuhr fort, indem er dazu mahnte, dass einer höchst ambitionierten Volksbefreiungsarmee Chinas nur mittels einer Säuberung des eigenen Hauses (und somit des Pentagons) begegnet werden könne.
Das dem Pentagon zur Verfügung stehende Budget müsse aus diesem Grund effizienter eingesetzt werden. Gleichzeitig müsse die Innovationskraft in der Zivilbevölkerung gestärkt, während die technologischen Errungenschaft in den Vereinigten Staaten weit besser geschützt werden müssten.
Chinas Fokus sei ganz klar auf den Bau von weiteren Militärbasen in Übersee und einer Wiedervereinigung mit dem abtrünnigen Inselstaat Taiwan gerichtet. Dies notfalls auch mittels eines Einsatzes von Gewalt. Chinas Regierung bediene sich darüber hinaus weiterer strategischer Mittel, wie beispielsweise Investitionen in Übersee, um mehr Einfluss auf die Regierungen anderer Nationen auszuüben.
Und deshalb die hieraus gezogene Schlussfolgerung von Chad Sbragia:
EIN BEWAFFNETER KONFLIKT ZWISCHEN DEN USA UND CHINA IST KAUM VERMEIDBAR.“
Ein sich intensivierender Wettbewerb zwischen den USA und China müsse jedoch nicht zwangsläufig zu einer militärischen Konfrontation führen, so die Hoffnung von Chad Sbragia. Die Volksbefreiungsarmee habe US-Offizielle zuletzt nach der Publikation von deren im Jahr 2019 lancierten „Defence White Paper“ über die eigene Sichtweise unterrichtet, so dass in Washington weiterhin darauf gehofft werde, auch in der Zukunft eine konstruktive, stabile und an Ergebnissen orientierte Verteidigungsbeziehung zur Volksrepublik zu unterhalten.
Die Volksbefreiungsarmee setze sich zum aktuellen Zeitpunkt aus rund zwei Millionen Soldaten unter Waffen zusammen. In diese Zählungen seien paramilitärische Einheiten, bewaffnete Polizeikräfte und Angehörige der Küstenwache noch nicht inbegriffen.
Diese Daten stünden in direktem Vergleich mit rund 1,3 Millionen aktiven Soldaten im US-Militärdienst und weiteren 800.000 abrufbaren Kräften in Reserve.
Was heißt das für mich konkret!?“
Verlieren Sie nicht Ihren Blick für das große Ganze – und somit das geopolitische Gesamtbild. Es wird sich zeigen, wie sich diese Dinge im Angesicht der um die Welt schwappenden Coronavirus-Krise entwickeln werden. Es bleibt zu hoffen, dass es im Falle einer Intensivierung der allgemeinen Lage in der Welt nicht demnächst zu Schuldzuweisungen und ähnlichem kommen wird, wodurch die Welt der Diplomatie vollends aus den Angeln gehoben werden könnte – mit allen Konsequenzen, die ein solches Ereignis nach sich ziehen würde

Russland veröffentlicht Videoaufnahmen von seinen jüngsten und futuristi...

„Nato-Osterweiterung ist Mutter aller Konflikte“ – Alexander Rahr zu Ost-West-Konfrontation
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30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer ist das deutsch-russische Verhältnis wieder belastet. Streit über die Nato-Ostausdehnung und Russlands Wiederherstellung seiner Einflusszone im Osten sowie der Werte-Konflikt haben beide Seiten entzweit. Russlandexperte Alexander Rahr hat am Dienstag in Berlin über Ursachen, Folgen und Auswege gesprochen.
„Die Nato-Osterweiterung ist die Mutter aller heutigen Verwerfungen und Konflikte“. Das stellte Alexander Rahr, Politologe, Publizist und einer der führenden deutschen Russlandexperten, am Dienstag in Berlin fest. Das deutsch-russische Verhältnis beleuchtete er während einer Veranstaltung des „Welttrends-Institutes für Internationale Politik“. Beide Seiten hätten sich in dem gegenwärtigen Verhältnis festgebissen. Das führe zu gefährlichen Konflikten, deren Konsequenzen nicht bedacht würden.
© AFP 2020 / CHRISTOF STACHE
US-Politiker Pompeo und Esper in München mit Ansagen für den Rest der Welt
Gegenüber Sputniknews kritisierte Rahr das westliche Verhalten gegenüber Moskau, zwar den Dialog weiter anzubieten, das aber mit Schuldzuweisungen und Bedingungen zu verknüpfen. „Genau das ist das Problem, dass man weiterhin ziemlich überheblich daherkommt, als Europäer und als US-Amerikaner.“ Der Westen wolle weiter die Weltordnung bestimmen, was die Russen und Chinesen aber nicht mehr mitmachen würden.
Der Russland-Experte zog in seinem Vortrag vor einem Publikum aus Ex-Diplomaten und Politikwissenschaftlern eine Linie vom Ende des Kalten Krieges nach 1989 bis heute. Es sei „immer gut, sich an die Zeit zu erinnern“, als die Sowjetunion unterging und Russland an die Tür von Nato und EU klopfte. Doch für das neue Russland sei kein Platz in dem neuen Europa mit dem vergrößerten Deutschland als Führungsmacht gefunden worden.

Ostpolitik in Trümmern

„Vielleicht hielten wir das damals nicht für so wichtig“, blickte Rahr zurück und stellte fest: „Aber heute rächt sich das. Für die Nato und die EU ist Russland einfach zu groß, zu fremd und für manche immer noch zu bedrohlich.“ Damals sei eine wichtige Chance verpasst worden, ein großes Europa mit allen europäischen Nationen zu gründen.
Der Politologe und Historiker erinnerte auch an die Zeit des Kalten Krieges: Mit der Ostpolitik der SPD-geführten Bundesregierung sei versucht worden, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Statt Bedrohung sei es um Wandel durch Handel gegangen, was zum Beispiel die damalige deutsche-russische Energie-Allianz ermöglicht habe. „Pipelines rissen die ersten Löcher in den Eisernen Vorhang.“
Rahr stellte fest: „Heute liegt diese Energie-Allianz fast in Trümmern, wie auch die gesamte Ostpolitik.“ Zu den Ursachen zählt für ihn, dass der Westen die Angebote von Russlands Präsident Wladimir Putin, unter anderem in seiner Rede 2001 vor dem Bundestag, ignorierte. Dem Beifall im Bundestag sei statt des Ergreifens der ausgestreckten Hand die westliche Kritik an Russland wegen des vermeintlichen Abdriftens von der Demokratie gefolgt.

Vom Westen enttäuschtes Russland

„Russland hoffte, dass Deutschland weiterhin eine Art Anwaltsrolle für Russland im Westen spielen könnte. Aus Moskau kamen neue Friedensvorschläge, zum Beispiel zum Aufbau eines gemeinsamen Raumes von Lissabon bis Wladiwostok. Im Westen wurden die russischen Vorschläge ignoriert und erklärt, Russland sei nicht mehr vorrangig zu behandeln. Es habe den Kalten Krieg verloren und müsste sich seinen Platz in der europäischen Familie erst noch durch liberale Reformen und Demokratie verdienen.“
Bereitet US-Großmanöver mit deutscher Unterstützung Krieg gegen Russland vor?
Moskau habe daraufhin enttäuscht abgewinkt, „es wollte vor dem Westen keine Rechenschaft mehr ablegen“, betonte Rahr. Die Russen hätten sich nicht mehr im „ständigen Lehrer-Schüler-Verhältnis“ sehen wollen. Deshalb habe sich Russland auf diese Suche nach einer neuen Identität mit Hilfe alter, vorrevolutionärer Traditionen begeben.
Der Politologe verwies angesichts westlicher Vorwürfe, Russland wolle Einflusssphären in seinem Umfeld, dass die Nato und die EU sich nach Ostmitteleuropa erweitert haben – „bis an die russischen Grenzen, bis auf Teile der einstigen Sowjetunion“. Die Bundesrepublik habe sich als Führungsmacht in der Europäischen Union, neben Frankreich, entschieden, ihre Russlandpolitik an den neuen ostmitteleuropäischen EU-Mitgliedern auszurichten. „Die Aussöhnung mit Russland wurde in Deutschland als zweitrangiges, gar drittrangiges Ziel behandelt, vor allem in den Medien.“

Deutschland hat sich von Russland entfernt

Für die neuen östlichen EU-Staaten sei das deutsche Ansinnen, europäische Sicherheit mit Russland zu gestalten, nur „idiotische Utopie“ gewesen, schätzte Rahr ein. Hinzu sei das Bestreben der USA gekommen, die transatlantischen Verbindungen zu sichern. Statt dem Konzept eines gemeinsamen Europas von Lissabon bis Wladiwostok zu folgen habe der Westen ausschließlich auf die Nato und die EU gesetzt. „Eine OSZE, die im Kalten Krieg eine Vermittlungsrolle zwischen den gegnerischen Blöcken gespielt hatte, wurde nicht mehr benötigt.“
Russland sei jegliche Mitsprache beim Aufbau eines neuen Europas im 21. Jahrhundert verwehrt worden. Rahr erinnerte ebenso daran, dass der von den Kanzlern Helmut Kohl und Gerhard Schröder begonnene Kurs auf eine deutsch-russische Partnerschaft spätestens mit der Amtsübernahme durch Angela Merkel beendet wurde. „Deutschland beschwor unter der neuen Kanzlerin Merkel die transatlantische Schicksalsgemeinschaft als das Wichtigste.“
Die zweite große Rede Putins auf deutschem Boden, bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2007, habe einen Wendepunkt markiert, stellte der Experte fest. Darin habe der russische Präsident vor einem neuen Kalten Krieg gewarnt, wenn der Westen weiter nach Hegemonie streben würde. Merkel habe zwar 2008 „Augenmaß“ bewiesen und mit Paris verhindert, dass Georgien und die Ukraine in die Nato aufgenommen wurden. Trotzdem habe sich Deutschland immer weiter von Russland entfernt, so Rahr.

„Westen verkennt die Lage“

„Die fehlgeleitete westliche Politik der östlichen Ausdehnung endete 2013 in der Ukraine mit einem Desaster. Russland und die EU standen sich plötzlich in der Ukraine als Kriegsparteien gegenüber.“ Zwar habe Merkel die gefährliche Lage begriffen und mit Frankreich gemeinsam versucht, zwischen Russland und der Ukraine zu schlichten. Das sei aber bisher ohne Erfolg geblieben, weil sich Deutschland „eben nicht als Vermittler, als Schlichter sieht, sondern als Schutzpatron der Ukraine“.
© REUTERS / HANNIBAL HANSCHKE

Der Politikwissenschaftler ist überzeugt, dass Russland dem westlichen Sanktionsdruck auf Dauer widerstehen kann. Zu der Überzeugung in der bundesdeutschen Politikelite, Russland müsse abgeschreckt und eingedämmt werden, sagte Rahr: „Dazu wäre Anlass gegeben, wenn Russland Nato-Territorium bedrohen würde. Dem ist aber nicht so. Russland verteidigt – so wie die USA in den 1960er Jahren auf Kuba – seine sicherheitspolitischen Interessen in der unmittelbaren Nachbarschaft.“

Warnung vor falschen Illusionen

Ein Verzicht des Westens auf eine weitere Nato-Osterweiterung sowie eine Neutralität für die Ukraine und die anderen Staaten in dem Umfeld – das wäre für den Experten der „goldene Weg aus dem Konflikt“. Um den Frieden in Europa zu erhalten müsse erkannt werden: „Der Westen darf Russland nicht mehr als ein Land behandeln, das die schlechtere Moral und die falsche Werte besitze.“ Die westliche Politik müsse sich von ihrer lehrerhaften Art gegenüber Moskau verabschieden.
© SPUTNIK / TILO GRÄSER
Der Politologe bezeichnete als „falsche Illusion“, darauf zu hoffen, „dass Putin eines Tages vom russischen Volk gestürzt wird und Russland dann in die Zeiten Gorbatschows zurückkehrt“. Russland habe sich nicht mehr auf ein werteorientiertes Westeuropa orientiert, sondern auf die „neuen Kraftzentren in Asien“, mit denen es Bündnisse schließe. „Noch ein paar Jahre und das ist nicht mehr aufzuhalten.“
Rahr bedauerte in der Diskussion mit dem Publikum, dass es in der bundesdeutschen Politik außer bis auf Einige in der Linkspartei und Russlanddeutsche in der AfD kaum Kräfte gebe, die sich für ein besseres Verhältnis zu Russland einsetzen würden. Selbst in der SPD sei jemand wie der ehemalige Parteichef Matthias Platzeck, der eine neue Ostpolitik fordert, eine Ausnahme.

Dominanz der Transatlantiker

Für ihn ist eines der grundlegenden Probleme dabei, dass es in der Bundesrepublik keine Netzwerke oder Denkfabriken gebe, die Strategien für eine andere Politik entwickeln. Es fehle eine Gegenöffentlichkeit und dass mit russischen sowie chinesischen Instituten zusammengearbeitet werde.
„Unsere ganzen Eliten sind so verwurzelt mit US-amerikanischen Thinktanks, mit US-Organisationen.“ Das sei „kaum auflösbar“, weil es in den letzten 70 Jahren aufgebaut wurde. Die notwendige Abkopplung von den USA können nur in einem ganz langwierigen Prozess erfolgen, schätzte er ein.
Er verwies auf den Druck aus den USA in den letzten Jahren auf bundesdeutsche Unternehmen, nicht mehr mit Russland zusammenzuarbeiten. Die Drohungen – vorgetragen selbst durch die US-Botschafter – seien so weitgegangen, dass die Unternehmen vom US-Markt ausgeschlossen werden würden. „Die deutsche Wirtschaft hat sich gefügt“, stellte Rahr fest.

„Medien verbreiten antirussisches Gift“

Auf eine Frage nach der Russlandfeindlichkeit in der bundesdeutschen Medienlandschaft meinte Rahr: „Das ist Gift, was da teilweise verbreitet wird.“ Er befürchtet, dass sich der Konflikt am kommenden 8. Mai, dem 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, deutlich zeigt. Dazu veröffentlicht er in Kürze das Buch „Der 8. Mai. Geschichte eines Tages“. Der Politologe setzt auf den Gegenwind in den sogenannten sozialen Medien zur Hetzte in den etablierten Medien.
© AFP 2020 / JOHN MACDOUGALL
Er bedauerte, dass trotz aller Umfragen, in denen sich eine Mehrheit der Bundesbürger für ein besseres Verhältnis zu Russland ausspreche, sich die meisten hierzulande nicht mehr für Russland interessieren. Das gelte insbesondere für die bundesdeutsche Politik, was er erlebt habe, als er dem Kanzleramt Putins Vorstellungen zu Syrien übermittelt habe.
Das sei ebenso ignoriert worden wie der Vorschlag aus Russland, gegenseitig auf Mittelstreckenraketen in Europa zu verzichten – „ein genialer Vorschlag“. Doch keiner unterstütze diesen, auch Bundesaußenminister Heiko Maas habe nur erklärt, das mit Washington beraten zu müssen.

Hoffnung auf wirtschaftliche Impulse

Dennoch hofft er weitere auf Impulse aus den Unternehmen für bessere deutsch-russische Beziehungen. Aus seiner Sicht gehe es dabei auch nicht darum, politisch und wirtschaftlich zu alten besseren Zeiten zurückzukehren.
„Die Welt braucht immer was Neues – und es gibt etwas Neues“, sagte Rahr: „Das ist eine grüne Allianz durch die Zusammenarbeit in der Umweltpolitik, bei umweltschonenden Technologien.“
Es gehe dabei nicht um den Austausch von Technologie gegen Ressourcen, sondern um gemeinsame Entwicklungen. Das sei das Hauptthema auf vielen Konferenz in Russland und hierzulande, an denen er teilnehme. Der notwendige politische Wille sei auf russischer Seite vorhanden.