Donnerstag, 15. Juli 2021
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland bekräftigen heute ihr Bekenntnis zu enger bilateraler Zusammenarbeit bei der Förderung von Frieden, Sicherheit und Wohlstand auf der ganzen Welt.
Das gemeinsame Bekenntnis zu demokratischen Grundsätzen, Werten und Institutionen bildet die Grundlage unserer Beziehungen. Gemeinsam werden wir die Rechtsstaatlichkeit wahren, Transparenz und verantwortungsbewusstes staatliches Handeln fördern und die Zivilgesellschaft und unabhängige Medien unterstützen.
Wir werden für die Rechte und die Würde aller Menschen eintreten und Ungerechtigkeit und Ungleichheit bekämpfen, wo immer sie auch auftreten.
Wir wahren die universellen Werte, die das Herzstück der Charta der Vereinten Nationen bilden, und wissen uns einig in unserem Eintreten für die Achtung der Menschenrechte überall, auch indem wir Verletzungen der Menschenrechte entgegentreten und einvernehmlich auf diese reagieren.
Wir müssen jetzt handeln, um zu beweisen, dass Demokratie den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger unserer Länder und demokratische Führung den Erwartungen der Welt gerecht werden können.
Wir verpflichten uns, offene Gesellschaften zu verteidigen. Überall auf der Welt müssen alle Nationen frei und ohne Einflussnahme aus dem Ausland, ohne Zwang oder Dominanz fremder Mächte über ihre politische Zukunft bestimmen können.
Als zwei Nationen, deren Volkswirtschaften vom freien Warenverkehr rund um den Globus abhängig sind, bekräftigen wir, dass die Freiheit der Schifffahrt und des Überflugs und andere rechtmäßige Nutzungen des Meeres im Einklang mit dem Völkerrecht von entscheidender Bedeutung sind.
Diese Zielvorstellung wäre unerreichbar in einer Welt, die in miteinander konkurrierende Einflusssphären unterteilt ist, und wir werden Versuchen zur Schaffung solcher Sphären entgegenwirken, unabhängig davon, ob sie durch Versuche der Annektierung von Gebieten, durch die Kontrolle der digitalen Infrastruktur, durch länderübergreifende Unterdrückung oder durch Versuche, Energieströme als Waffe einzusetzen, geschaffen werden sollen.
Mehr als drei Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung werden wir uns weiterhin unermüdlich für ein Europa einsetzen, dass geeint und frei ist und in dem Frieden herrscht. Wo fremde Mächte ein Hindernis für die Realisierung dieses Ziels darstellen, werden wir uns zusammenschließen, um gemeinsam unsere Verteidigung zu stärken, unsere Widerstandsfähigkeit auszubauen und unsere Solidarität zu steigern. Die NATO wird weiterhin den Grundpfeiler dieser Bemühungen bilden, und unser Bekenntnis zu Artikel 5 ist in Stein gemeißelt.
Wir betonen die Notwendigkeit, auf unseren Bündnissen und Partnerschaften aufzubauen, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen – einschließlich Cyberbedrohungen, Energiesicherheit, Desinformation, Korruption, Abkehr von der Demokratie und Einflussnahme auf unsere Wahlen.
Wir werden zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Regeln, Normen und Standards, die für neue Technologien gelten, auf Freiheit und nicht auf Unterdrückung ausgerichtet sind.
Das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger, unsere Volkswirtschaften und unser geopolitisches Umfeld werden durch Technologie neu gestaltet; sie muss daher unsere zentralen demokratischen Werte widerspiegeln.
Wir werden die Zusammenarbeit zwischen unseren Wissenschaftlern, Ingenieuren und Mathematikern vertiefen, um zu gewährleisten, dass durch die großen Innovationen dieses Jahrhunderts demokratische Staatsführung und nicht autoritäre Regierungssysteme gefördert werden. Staaten müssen die Rechte ihrer Bürgerinnen und Bürger schützen, und wir werden der Nutzung und Verbreitung von Überwachungstechnologien, mit denen die Ausübung von Menschenrechten missbräuchlich beschränkt wird, entgegenwirken.
Wir erkennen unsere Verantwortung an, bei der Entwicklung globaler Lösungen für gemeinsame Herausforderungen eine Führungsrolle zu übernehmen.
Das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger unterliegt Störungen durch eine Reihe internationaler Kräfte, was eine gemeinsame Reaktion erfordert.
Wir sind entschlossen, unverzüglich Maßnahmen als Reaktion auf die Klimakrise zu ergreifen, unter anderem, indem wir eine Klima- und Energiepartnerschaft ins Leben rufen, um die Zusammenarbeit an den zur Beschleunigung des weltweiten Übergangs zu „Netto-Null“ erforderlichen Strategien und Energietechnologien zu vertiefen.
Wir werden daran arbeiten, die globale Gesundheit und den globalen Gesundheitsschutz zu stärken, darunter die Widerstandsfähigkeit gegen zukünftige Pandemien.
Wir werden unermüdlich auf eine nachhaltige Erholung der Weltwirtschaft hinarbeiten, die auf einer gerechten, alle einschließenden, nachhaltigen, regelbasierten Weltwirtschaft für das 21. Jahrhundert aufbaut.
Mit gemeinsamer Stärke und Einfallsreichtum werden wir neuartige Lösungen für diese neuen Herausforderungen entwickeln – und bilateral sowie im Rahmen der G7 und der G20 zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass das multilaterale System, darunter das VN-System, den Bedürfnissen unserer Zeit entspricht.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben unzählige Menschen aus allen Lebensbereichen – darunter Wirtschaft und Wissenschaft, Zivil und Militär, zivilgesellschaftliche Organisationen, Thinktanks und akademische Netzwerke – das Band zwischen unseren beiden Nationen gestärkt und gefestigt.
Als lebendigen Beweis für unsere bilateralen Beziehungen und unser Bekenntnis zu den oben genannten Grundsätzen rufen wir das deutsch-amerikanische Zukunftsforum (U.S.-German Futures Forum) ins Leben, in dessen Rahmen das Fachwissen und die Innovationskraft unserer Gesellschaften in vollem Umfang ausgeschöpft und Lösungen zur gemeinsamen Gestaltung der Zukunft vorgeschlagen werden.
Um die Zusammenarbeit bei zentralen wirtschaftlichen Themen zu erleichtern, werden wir ferner einen Wirtschaftsdialog zwischen den USA und Deutschland ins Leben rufen.
Joseph R. Biden, Jr.
Angela Merkel
15. Juli 2021
https://www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/erklaerung-von-washington-1942704