Mittwoch, 5. August 2020

Provoziert US-Luftwaffe China zu Gegenschritten?

Experten haben gegenüber Sputnik Informationen über eine rasant gestiegene Zahl von Aufklärungsflügen der US-Marinefliegerkräfte über dem Südchinesischen Meer kommentiert.
 04.08.2020  An der Beobachtung des chinesischen Territoriums und der Aktivitäten Pekings in diesem Gebiet nahmen neueste Patrouillen- und Anti-U-Boot-Flugzeuge der US-Seestreitkräfte sowie Drohnen MQ-4C teil. Darüber berichtete die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ unter Berufung auf die Denkfabrik South China Sea Strategic Situation Probing Initiative (SCSPI) bei der Pekinger Universität. Nach ihren Angaben wurden im Juli 67 solche Flüge (gegenüber 35 im Mai und 49 im Juni) registriert.  https://de.sputniknews.com/kommentare/20200727327573371-usa-china-beziehungen-eskalation/
Zuvor hatte diese Denkfabrik auch über Flüge von anderen US-amerikanischen Flugzeugen über diesem Territorium berichtet. Es handele sich um Kampfleit- und Zielanweisungsmaschinen E-8S sowie Aufklärungsflugzeuge RC-135W.
Die Online-Zeitung veröffentlichte auf Twitter ein Video, auf dem Übungsflüge der chinesischen Luftstreitkräfte im Juli zu sehen waren. Dabei kamen unter anderem neueste Bomber H-6G und H-6J zum Einsatz. Diese Flüge bei Tag und Nacht fanden im Rahmen von planmäßigen Übungen statt.
Auch die US-Flugzeuge hoben nachts ab. Im Juli gab es 13 solche Nachteinsätze. Dabei flogen die Amerikaner etwa 40 bis 70 Seemeilen vom chinesischen Hoheitsgewässer entfernt.
„Dadurch haben die Amerikaner die Möglichkeit für eine tiefgreifende (für mehrere Hunderte Kilometer) Funkmessaufklärung zu führen. Unter anderem können sie dabei offenbar Funkgespräche der chinesischen Militärs abfangen“, sagte der Experte Wladimir Jewssejew des Russischen Instituts für strategische Forschungen. „Das ist eine ziemlich geringe Entfernung vom chinesischen Territorium. Wenn russische Flugzeuge in einer solchen Entfernung erscheinen, heben üblicherweise Abfangmaschinen ab. Die USA wollen eine Vorstellung von den Handlungen der chinesischen Marinekräfte bekommen, und zwar sowohl der Überwasserschiffe und der U-Boote. Es geht um eine bewusste Provokation, was der Politik Präsident Trumps durchaus entspricht, die eine Zuspitzung der Beziehungen mit China beabsichtigt. Trump glaubt, dass China sein militärische Potenzial enorm ausbaut, und will es unter Druck setzen – genauso wie er auch Russland unter Druck setzt. Aber gegenüber China und Russland ist diese Politik völlig nutzlos. Dieser Druck wird den USA nicht helfen, ihre Ziele zu erreichen. China hat eigene Interessen im Südchinesischen Meer. Immer häufigere Flüge der US-Aufklärungsmaschinen werden nur entsprechende Gegenschritte Chinas provozieren“, so der Experte.
Sein Kollege Cheng Xiangmiao vom Chinesischen Institut für Probleme im Südchinesischen Meer zeigte sich ebenfalls überzeugt, dass die Amerikaner die Reaktion der chinesischen Militärs quasi testen wollen, um dann das Vorgehen ihrer Fliegerkräfte in diesem Gebiet entsprechend zu koordinieren.
„Während der Pandemie nimmt die Intensität der Militäreinsätze der USA im Südchinesischen Meer immer mehr zu. Es kommen auch immer neue Maschinen zum Einsatz. Dabei verfolgen die USA gleich mehrere Ziele. Eines von ihnen ist, bei ihren Luft- und  Meeres-Einsätzen die chinesischen Grenzen zu erforschen, die Reaktion der Chinesen darauf zu analysieren und dann ihre eigenen Aufgaben zu korrigieren. Ein anderes Ziel ist, China mit hochintensiven militärischen Mitteln unter Druck zu setzen und zu Zugeständnissen zu zwingen, indem es bei der normalen Verteidigung seiner Rechte behindert wird. Zudem geben die USA ihren Verbündeten ein Zeichen von ihren Fähigkeiten und von ihrer Absicht, ihre absolute Dominanz an der See aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig ist das ein Versuch, auch andere Länder, die territoriale Streitigkeiten mit China haben, zu unterstützen, indem sie Möglichkeiten für die Eindämmung Chinas bekommen. Und schließlich sind die militärischen Aktivitäten der USA in dieser Region mit ihrer eigenen innenpolitischen Situation verbunden, wo der Druck auf China für den Gewinn von neuen Wählern genutzt wird.“
Am 13. Juli hatte US-Außenminister Mike Pompeo erklärt, Chinas Ansprüche auf Offshore-Ressourcen im größten Teil des Südchinesischen Meeres wären völlig illegitim. China wies seinerseits die Vorwürfe der Amerikaner zurück und warf ihnen selbst Einmischung in territoriale Streitigkeiten in diesem Raum vor. Diese Muskelspiele provozieren nur neue Spannungen, so Peking.
Die Aufklärungseinsätze der USA seien Teil des großen Spiels, das die Amerikaner gegen China führen, findet der Experte Cheng Xianmiao:
„Diese Einsätze der USA im Südchinesischen Meer wie auch die Erklärung vom 13. Juli und die US-Diplomatie sind Teile eines umfassenden Mechanismus zur Eindämmung Chinas. Dabei sind die Aktivitäten im Südchinesischen Meer nur ein Aspekt ihres vielseitigen Eindämmungsplans. Meines Erachtens bestimmen die USA die Ziele dieser Einsätze im Südchinesischen Meer neu – im Rahmen eines großen chinesisch-amerikanischen Spiels.“
Im Juli hatte im Südchinesischen Meer ein großes US-Manöver stattgefunden, an dem zwei Flugzeugträgergruppen mit der USS Nimitz und der USS Ronald Reagan an der Spitze teilnahmen. Gleichzeitig spionieren die Amerikaner China bei dessen Marineübungen aus. Unter anderem wurde Ende Mai im Gelben Meer, wo eine Übung unter Beteiligung von zwei chinesischen Flugzeugträgern stattfand, der US-amerikanische Zerstörer USS Rafael Peralta gesichtet. Diese Übung dauerte insgesamt elf Wochen und endete am 31. Juli. Dieser Zerstörer war schon das zweite US-Schiff, das sich vor der östlichen Küste Chinas während dessen Übungen befand. Zuvor war dort noch die USS McCampbell gesehen worden, und zwar nur 42 Seemeilen von der Küste entfernt.