NATO-Generalsekretär Stoltenberg:
"China und Russland umzingeln zerstrittene westliche Allianz"
2 Dez. 2020
Das transatlantische Bündnis denkt in der
Videokonferenz der Außenminister der NATO-Staaten immer lauter über einen
Strategiewechsel nach. Den Ehrenplatz auf der Feindesliste nimmt wie gewohnt
Russland ein, doch es bekommt Gesellschaft: China gilt als stetig wachsende
Gefahr.
Der Leitgedanke, von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg explizit in den Vordergrund gerückt, ist der folgende: China und Russland stellen für die westliche Allianz eine steigende Bedrohung dar, während die NATO permanente Zwistigkeiten und Zerwürfnisse unter ihren Mitgliedern behandeln muss.
EU
will Verhältnis zu den USA "wiederbeleben"
"China investiert massiv in neue Waffen.
Es rückt uns immer näher,
von der Arktis bis nach Afrika …
Es respektiert fundamentale Menschenrechte
nicht und versucht, andere Länder einzuschüchtern," so
Stoltenberg am Dienstag in der Pressekonferenz.
Er fügte sogleich hinzu: "Gleichzeitig
stationiert Russland mehr Truppen in unserer Nachbarschaft, vom hohen
Norden bis Syrien und Libyen." ...
Außerdem sei das chinesische Militär im Weltraum sehr
aktiv, so Hutchison.
China versuche, die Navigationsfreiheit für
kommerzielle Schiffe einzuschränken und kaufe strategische
Vermögenswerte in Europa auf.
Turbulente Zeiten für die NATO
Die letzten vier Jahre mit US-Präsident Donald Trump
haben die westliche Allianz stark herausgefordert. Trump hatte die NATO am
Anfang seiner Amtszeit sogar als "obsolet" bezeichnet, dann sich
dafür entschieden, Kampftruppen aus Deutschland abzuziehen und dann damit
gedroht, sich komplett aus der Allianz zurückzuziehen. Wenn sich die Partner,
vor allem Deutschland, weiterhin weigerten, mehr für die gemeinsame
Verteidigung zu zahlen, werde Amerika aus dem Bündnis aussteigen.
Unter dem Druck von US-Präsident Donald Trump haben
sich die NATO-Staaten vor einem Jahr vor dem Gipfel in London auf eine neue
Aufteilung der Gemeinschaftskosten geeinigt.
Deutschland zahlt tatsächlich ab 2012 so viel wie die
USA. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sieht der neue
Aufteilungsschlüssel vor, dass von 2021 an der US-Anteil an den
Gemeinschaftskosten von derzeit 22,1 Prozent auf 16,35 Prozent gesenkt und der
deutsche Anteil von 14,8 Prozent auf 16,35 Prozent erhöht wird.
Auch der hastige Abzug der US-Truppen aus
Afghanistan durch Trump stößt die NATO in ein Dilemma. Die USA waren im Oktober
2001 nach 9/11 unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush mit den
NATO-Verbündeten in Afghanistan mit der Berufung auf das Recht auf
Selbstverteidigung einmarschiert, also vor 19 Jahren. Innerhalb dieser Zeit
ist weder Frieden in Afghanistan eingekehrt, noch wurde der Angriff auf
die New Yorker Zwillingstürme "gerächt". Die NATO müsste somit unvollendeter
Dinge abziehen. Die Mission, die ohnehin unklar und widersprüchlich scheint,
bliebe unvollendet.
Stoltenberg
zu US-Teilabzug aus Afghanistan, Russlands Militär und Einladung Joe Bidens
nach Brüssel
Währenddessen hatte das NATO-Mitglied Türkei S-400
Mittelstreckenabwehrsysteme vom Hauptfeind gekauft und hatte dabei auch noch
den NATO-Partnern Griechenland und Frankreich mit Erkundungsschiffen im
östlichen Mittelmeer auf der Nase herumgetanzt...
"Ich kenne Joe Biden als einen sehr engagierten
Unterstützer der Kooperation, der Verbindung zwischen Nordamerika und Europa," drückte
Stoltenberg seine Hoffnung aus und fügte hinzu:
"Wir sind von den Sicherheitsgarantien der Vereinigten Staaten abhängig, aber gleichzeitig ist eine starke NATO auch wichtig für die Vereinigten Staaten.
Nicht zuletzt, weil wir jetzt sehen, dass sich die globale
Machtbalance mit dem Aufstieg Chinas verschiebt."
Biden als NATO-Verfechter
Bei der Gelegenheit lud Stoltenberg den künftigen
US-Präsidenten zu einem NATO-Gipfel Anfang 2021 ein.
Die Staats- und Regierungschefs der inzwischen 30
NATO-Mitgliedsstaaten sollten zusammenkommen, "um insbesondere
über die Zukunft der Anpassung der Allianz an die neuen Bedrohungen und
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu entscheiden." Ein
fester Termin für diesen Gipfel steht noch nicht fest...
Was die Türkei betrifft, sagte Stoltenberg, die
NATO-Mitgliedschaft würde verhindern, dass der Streit sich zu einem
regelrechtrechten Konflikt hochschrauben würde und das Ganze außer Kontrolle
geriete, auch wenn es einen versehentlichen Zusammenstoß zwischen den
NATO-Partnern auf dem Mittelmeer gegeben haben sollte..
NATO-Generalsekretär:
Mit Biden kommt "starker Unterstützer" – Druck auf Bündnispartner
bleibt
Auch hinsichtlich des kürzlich von der
Türkei von Russland erstandenen und inzwischen auch getesteten
S-400-Waffensystems hatten die USA der Türkei mit Sanktionen gedroht...
Reformvorschläge der Experten
In der NATO hat ein Jahr nach der beißenden "Hirntod"-Kritik
von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Debatte über konkrete
Reformvorschläge begonnen. Die Außenminister der 30 Bündnisstaaten debattierten
am Dienstag erstmals über Handlungsempfehlungen einer Expertengruppe. Die
Vorschläge zielen darauf ab, die politische Zusammenarbeit im Bündnis zu
verbessern und schneller zu Entscheidungen zu kommen.
USA
verlassen Open-Skies-Vertrag zwischen NATO und Russland
Auch die Türkei hat wie jeder
andere NATO-Staat ein Veto-Recht bei allen Bündnisentscheidungen.
Dabei ist ihre Politik zugleich einer der Hauptgründe,
dass in der NATO überhaupt über eine Reform nachgedacht wird. Die Politik
der Türkei war der Anlass, warum der französische Präsident Emmanuel Macron der
NATO den "Hirntod" attestiert hatte. So blockiert die Regierung in
Ankara seit Jahren die NATO-Zusammenarbeit mit Drittstaaten, die bei ihr in
Ungnade gefallen sind, wie Österreich. Hinzu kommen Alleingänge in Nordsyrien,
beim Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400 oder im Konflikt um
Bergkarabach.
So empfiehlt die Expertengruppe zum Beispiel, die
Blockade von Bündnisentscheidungen zu erschweren und einen neuen
Verhaltenskodex einzuführen.
Darüber hinaus sollen sich die NATO-Staaten
verpflichten, vor allen sicherheitspolitisch relevanten Entscheidungen die
Alliierten zu konsultieren.
Auch die politisch motivierte Blockade von
Entscheidungen aus Gründen ohne NATO-Bezug soll künftig tabu sein. Damit
dürfte die Türkei zum Beispiel nicht mehr die Zusammenarbeit mit Österreich
blockieren – oder Ungarn nicht mehr Spitzengespräche der NATO mit der
Ukraine.
Als unwahrscheinlich gilt, dass die Türkei Vorschlägen
zustimmt, die ihren Handlungsspielraum schwächen könnten.
https://de.rt.com/international/109965-nato-generalsekretar-stoltenberg-china-und/
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