Kontroverse zum Thema «China und Sozialismus»
von RÜDIGER RAULS
Die Mär vom «sozialistischen Charakter» des Rüdiger Rauls: Schützen wir den legendären italienischen Denker Losurdo vor Missbrauch!..
Privatbesitz an den Produktionsmitteln, zumal im grossen Stil wie gerade heute auch in China, kann niemals einer Gesellschaft «sozialistischen Charakter» verleihen – ausser man sei Sozialdemokrat, Selbstverwaltungs«sozialist» …
Sozialismus bedeutet ausnahmslos immer das Vorhandensein einer gesellschaftlichen Entwicklungsstufe, die auf dem gesellschaftlichen Eigentum an den wichtigsten Produktionsmitteln gründet, die völlige Enteignung der wichtigsten Kapitalistengruppen zur Voraussetzung hat und damit die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beendet.
Doch ein Herr Rüdiger Rauls schickt sich nun an, …zu China einen Sozialismus zu «entwickeln», der «das Privateigentum an Produktionsmitteln zulässt».…
Rauls versucht, «eurozentrischen Hochmut» all jenen unterzuschieben, die sich von ihm nicht belehren lassen, dass im China der herrschenden sozialimperialistischen Clique eben «dennoch» alles mit «sozialistischen» Dingen zu und her gehe: nämlich weil das Regime vorläufig darauf bestehe, in den privaten westlichen Unternehmen «Parteizellen einzurichten» (um der herrschenden Clique Bericht zu erstatten und Einfluss zu nehmen auf die Entscheidungen des ausländischen Unternehmens).
Dies alles, …bezeuge den «sozialistischen Charakter» der «neuen Machtverhältnisse» in China.
Doch in Wirklichkeit ist das ehemals sozialistische China längst zum Paradies für Millionäre und Milliardäre, für einheimische und ausländische Ausbeuter geworden. Wo ein paar Tausend oder Zehntausend die Eigentümer von sämtlichem gesellschaftlichem Kapitals sind, kann es für die Millionenmassen nichts mehr zu besitzen geben und leben diese notgedrungen als Mehrwertlieferanten in Lohnsklaverei.
RüRau hat zudem wohl nie etwas von den berühmten «vier Gruppen von Widersprüchen» gehört: die «Parteizellen» haben zwar nicht im Entferntesten etwas mit Sozialismus zu tun, aber sie sind ein Beispiel für die zwischenimperialistischen Widersprüche und Feindseligkeiten unter Geschäftspartnern: der chinesischen Regierung inkl. sozalimperialistischem Parteiapparat einerseits und den ausländischen Kapitalisten andrerseits…
Wenn sich im geschichtlichen Entwicklungsprozess allenfalls etwas verändert hat, dann dies, dass … China gegenüber ausländischen Kapitalisten im Verhältnis zu früheren Jahrhunderten mächtiger und selbstbewusster geworden ist, als dies die kolonial beherrschten Länder vergangener Zeiten waren.
N.L.
Die Duplik von Rüdiger Rauls
Hallo Werter N. L.
… Was haben die Linken eigentlich immer gegen Reichtum und Wohlstand?
Für N.L. wie für so manche andere, die meinen Artikel kritisieren, scheint das das Ausschlaggebende zu sein: In China gibt es Milliardäre und diese sind mit Sozialismus unvereinbar. Warum?
Reichtum ist nicht schlecht. Oder andersherum gefragt: Wozu soll denn Armut gut sein? Und dieser westliche naive Kloster-Sozialismus, dass alle alles miteinander teilen, war ja nie der Gedanke der Urväter. Die Westler können sich solchen Fantasien und Fantastereien hingeben, denn sie kennen keine Armut mehr. Wer von uns nach dem Krieg Geborenen hat denn noch Armut kennen gelernt? Wir haben doch alles, den meisten von uns fehlt es an nichts, besonders gilt das für jene, die sich als Linke bezeichnen. Da hat man gut reden über Bescheidenheit und das Glück der einfachen Verhältnisse.
China hat seit der Öffnung mehrere Hundert Millionen Menschen aus der Armut geholt.
Und das war Armut, nicht das, was wir hier im Westen für Armut halten. Das war bittere Armut wie auch in Russland, Armut die wir alle nicht mehr kennen und wofür wir dankbar sein sollten, anstatt sie als etwas Folkoristisches darzustellen….
Es geht um Wohlstand, um ein besseres Leben, eine bessere und freundliche Zukunft für unsere Kinder und die nachfolgenden Generationen.
Dafür haben diejenigen ihr Leben aufs Spiel gesetzt, die in Russland und China, in Kuba und Vietnam, in Korea und einigen Ländern Afrikas für den Sozialismus kämpften.
Da ging es um bessere Lebensbedingungen, um ein besseres Leben, nicht um eine Lehre. Das ist Ziel des Sozialismus, nicht die theoretische Rechthaberei.
Aber es war ihnen auch bewusst, zumindest den Kommunisten, dass diese Verbesserung der Lebensverhältnisse nicht erreicht werden kann, wenn diejenigen an der politischen Macht bleiben, die die schlechten Lebensverhältnisse verschuldet hatten, die Besitzer der Produktionsmittel als KLASSE, nicht als einzelne Personen.
Kapitalbesitzer ohne politische Macht sind keine herrschende Klasse mehr.
Das waren sie nicht unter dem Feudalismus und sind es auch nicht mehr unter dem Sozialismus.
Entscheidend ist nicht ihr Einkommen, sondern ihre Macht als politische Klasse.
Die Völker in China und Vietnam sind nun so weit, dass sie die Früchte dieses Kampfes ernten können. Sollen sie das nicht, nur weil einige westliche Intellektuelle und Salon-Revoluzzer ideologische Bedenken haben? Ich denke, dass die Menschen dieser Völker eher wissen als wir, was sie dem sozialistischen System zu verdanken haben. Sie haben dafür große Opfer gebracht, die sie sich mit Sicherheit nicht so leicht werden aus der Hand nehmen lassen. Und mit Sicherheit wissen sie das besser als linke Theoretiker und Besserwisser hier bei ums im Westen.
Und wenn die Chinesen dabei das Kapital des Westens nutzen, warum denn nicht?
Sie nutzen deren Kapital, sie lassen sich aber nicht vorschreiben, wie sie ihr Land und ihre Gesellschaft zu entwickeln haben.
Dafür sind die Arbeiter in den Betrieben wichtig als Zellen, damit dort Kontrolle herrscht.
Aber das hat ja für den westlichen Intellektuellen keine Bedeutung. Denn der westliche Intellektuelle glaubt, dass eigentlich er derjenige ist, der für die wichtige Aufgabe der Leitung am besten geeignet wäre, nicht irgendwelche Arbeiter, die er in seinem Innersten trotz aller sozialistischen Träume doch für ungebildet hält. Aber das gesteht er sich nicht ein.