Mittwoch, 9. Dezember 2020

Jeder sechste US-Amerikaner “von Hunger bedroht”

 

Beispiellose Armutspandemie in den USA

 8 Dez. 2020 

Immer mehr US-Amerikaner rutschen in die Armut ab. Die Corona-Maßnahmen haben diesen Trend dramatisch verstärkt.

Der Leiter des Welternährungsprogramms (WFP) schlägt Alarm. Nach Angaben von David Beasley verdoppelte sich weltweit die Zahl der Menschen, die aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise von Hunger bedroht sind.

Der WFP-Direktor, der zuvor gewarnt hatte, dass die “Medizin” gegen die COVID-19-Pandemie nicht schlimmer sein dürfe als die “Krankheit”, erklärte vor wenigen Tagen vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen, dass infolge der wirtschaftlichen Corona-Auswirkungen nun 270 Millionen Menschen “in Richtung Hungertod marschieren”.

“Wie ich bereits im April vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gewarnt hatte, könnte, wenn wir nicht aufpassen, die Medizin wegen des wirtschaftlichen Dominoeffekts schlimmer sein als die Krankheit – wenn wir nicht mit wirtschaftlichen Turbulenzen, Versorgungsproblemen usw. usw. angehen”, erklärte Beasley.

Die Situation sei bereits vor der postulierten COVID-19-Pandemie dramatisch gewesen, fuhr Beasley fort.

“Wie wir bereits im April vorhergesagt hatten, war die Zahl der Menschen, die in Richtung Hungertod marschieren, in den letzten vier Jahren bereits von 80 Millionen auf 135 Millionen gestiegen, hauptsächlich wegen des von Menschen verursachten Konflikte.

Doch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise hätten alles noch wesentlich schlimmer gemacht:

“Aber wegen COVID ist die Zahl der Menschen, die jetzt nicht hungrig zu Bett gehen, sondern buchstäblich Richtung Hungertod marschieren, von 135 Millionen auf 270 Millionen angestiegen”, fuhr der WFP-Direktor fort.

Und längst lässt die Corona-Krise auch das Wirtschaftssystem im globalen Norden auf dramatische Weise erodieren, mit katastrophalen sozialen Konsequenzen und COVID-19 als Brandbeschleuniger. So etwa in den Vereinigten Staaten.

“Bis zum Ende dieses Jahres könnten mehr als 50 Millionen Menschen von Hunger bedroht sein”, stellt die US-Organisation Feeding America fest.

Von den Betroffenen seien etwa 17 Millionen Kinder.

Damit sei einer von sechs erwachsenen US-Amerikanern und eines von vier Kindern in den Vereinigten Staaten von Hunger bedroht. Schon 2019 hätten 35 Millionen US-Bürger “mit Hunger zu kämpfen” gehabt, heißt es weiter. Längst wird international von einer beispiellosen Hungerkrise gesprochen, die von den USA Besitz ergriffen habe.

“Es gibt 22 Millionen Kinder, die schon vor dieser Pandemie auf kostenloses und reduziertes Mittagessen angewiesen waren. Wenn man hört, dass Schulen geschlossen sind, bedeutet das nicht nur, dass es Herausforderungen für Kinder in der Ausbildung gibt, sondern es bedeutet auch verlorene Mahlzeiten”, erklärte Claire Babineaux-Fontenot, Direktorin von Feeding America.

Mehr Menschen als je zuvor sind laut der US-Organisation auf Lebensmitteltafeln angewiesen. Von März bis Juni traten demzufolge vier von zehn Personen zum ersten Mal den Gang zur Tafel an. Dies hänge mit Arbeitsplatzverlust bzw. Arbeitszeitkürzungen im Zuge der Corona-Krise zusammen.

“Mehr als 80 Prozent, d.h. vier von fünf Tafeln, versorgen heute mehr Menschen als noch vor einem Jahr”, klärt Feeding America auf.https://platform.twitter.com/embed/index.html?dnt=false&embedId=twitter-widget-0&frame=false&hideCard=false&hideThread=false&id=1334929302606012425&lang=de&origin=https%3A%2F%2Fde.rt.com%2Fnordamerika%2F110187-beispiellose-armutspandemie-in-den-usa-jeder-sechste-von-hunger-bedroht%2F&siteScreenName=ActualidadRT&theme=light&widgetsVersion=ed20a2b%3A1601588405575&width=550px

Daten der University of California in Santa Cruz zufolge wurden in den USA zwischen Februar und September mehr als 316.000 Geschäfte aufgegeben, was 1.500 Schließungen pro Tag entspricht.

Seitdem hat sich die Situation weiter verschärft, und längst scheint die Warnung von WFP-Direktor Beasley vor einer “Medizin”, die wesentlich gefährlicher sei als die “Krankheit”, bitterer Alltag zu sein.

Mit Blick auf die nächsten vier Wochen berichten US-Medien, 56 Prozent der Haushalte mit Kindern seien “nicht sehr zuversichtlich”, dass sie ihren Lebensmittelbedarf werden decken können. Neun Prozent gaben an, “überhaupt nicht zuversichtlich” zu sein.

Immer mehr Kinder in den USA haben nicht genug zu essen

Immer mehr Kinder in den USA haben nicht genug zu essen

Einer von acht US-Amerikanern gab an, in der vergangenen Woche manchmal oder oft nicht genug zu essen gehabt zu haben – ein Anstieg, der um ein Mehrfaches höher war als die am ehesten vergleichbare Zahl vor der Pandemie. Dies geht etwa aus dem Ende Oktober und Anfang November erhobenen Umfragedaten des Census Bureau hervor. “Diese Zahl stieg seither auf mehr als einen von sechs Erwachsenen in Haushalten mit Kindern”, war wiederum bei der Washington Times zu lesen.

Derweil zeigte sich der Direktor des Welternährungsprogramms alles andere als zuversichtlich, was das kommende Jahr anbelangt.

“Basierend auf dem, was wir in dieser Phase des Spiels sehen, wird es katastrophal sein”, ist Beasley überzeugt.https://de.rt.com/nordamerika/110187-beispiellose-armutspandemie-in-den-usa-jeder-sechste-von-hunger-bedroht/

Mehr zum Thema – US-System am Limit: Historischer Ansturm auf Armen-Tafeln und Billionen Dollar für die Industrie

Millionen US-Amerikanern droht Zwangsräumung

Rund neun Millionen US-Amerikaner konnten bereits im November ihre Miete nicht mehr zahlen. Derweil läuft ein Zwangsräumungsmoratorium im Rahmen des Corona-Konjunkturpakts zum Jahresende aus. Millionen Menschen droht die Obdachlosigkeit, darunter sind viele Frauen mit kleinen Kindern.
"Flutwelle": Millionen US-Amerikanern droht ZwangsräumungQuelle: www.globallookpress.com © Lev Radin/Keystone Press Agency/ Global Look Press

Laut Moody's Analytics hat das Coronavirus eine noch nie dagewesene Gesundheits- und Wirtschaftskrise ausgelöst, welche Haushalte und Unternehmen vor nie dagewesene Herausforderungen stellt. Aktuell erwartet Charlie Harak, leitender Anwalt des National Consumer Law Center, das sich mit Verbraucherfragen von Menschen mit geringem Einkommen befasst, eine "Flutwelle" durch Überschuldungsfälle, wie er gegenüber der Washington Post erklärte.

Denn wie auch eine Analyse von Moody's Analytics zeigt, können bereits jetzt Millionen US-Amerikaner, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie kein Einkommen haben, ihre Miete und andere Rechnungen nicht mehr zahlen. Daher werden im kommenden Jahr Massenräumungen erwartet.

Etwa zwölf Millionen Mieter bleiben bis Januar durchschnittlich 5.850 US-Dollar an Miete und Nebenkosten schuldig. Doch das Zwangsräumungsmoratorium der US-Regierung läuft bereits am 31. Dezember aus, eine Einigung auf ein zweites Konjunkturpaket steht noch aus.

"Es wird wirklich schrecklich für die Menschen werden. Die Zahl der Menschen, die jetzt 90 Tage im Rückstand sind, und die Dollars, mit denen sie im Rückstand sind, wachsen ganz erheblich", warnt der Anwalt Charlie Harak.

Laut Umfragedaten des Census Bureau waren bereits im vergangenen Monat neun Millionen Mieter in den USA nach eigenen Angaben nicht mehr in der Lage, die Miet- oder Nebenkosten zu zahlen. Besonders hart betroffen von Covid-19-Erkrankungen und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen sind farbige Menschen sowie Familien mit kleinen Kindern. Mehr als 20 Prozent der Familien mit kleinen Kindern konnten demnach die Rechnungen nicht mehr begleichen, bei Afroamerikanern waren es 29 Prozent, bei Latinos 17 Prozent.

Bisher konnten viele US-Amerikaner, die aufgrund der Pandemie ihre Arbeit verloren haben, die Zahlung ihrer Miete im Rahmen eines nationalen Räumungsmoratoriums zumindest aufschieben. Doch jetzt müssen sogar Familien mit Kindern, welche für die Unterrichtsteilnahme während der Pandemie auf Internetzugang angewiesen sind, befürchten, bald nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf, geschweige denn einen Internetanschluss zu haben.

Denn das Räumungsmoratorium fällt im Januar weg, und voraussichtlich gibt es keinen Ersatz, da die Gesetzgeber sich seit Monaten nicht auf ein zweites Konjunkturpaket einigen konnten. Weitere Gespräche zwischen Demokraten und Republikanern sind für diese Woche angesetzt.

Familien mit Kindern machen laut einer Studie, die im Jahr 2020 veröffentlicht wurde, mehr als ein Drittel der gesamten Obdachlosen in den USA aus. Nicht alle leben auf der Straße, etwa die Hälfte dieser Familien ist in Unterkünften untergebracht, einige leben bei Verwandten oder Bekannten. Vorrangig sind alleinerziehende Müttern zwischen 20 und 30 Jahren mit Kleinkindern, von denen die Hälfte unter sechs Jahre alt ist. Diese Frauen sind weitaus häufiger von Depressionen betroffen als andere, und beinahe alle von ihnen (92 Prozent) sind Opfer körperlichen oder sexuellen Missbrauchs, was wiederum langfristige psychologische und damit oft wirtschaftliche Folgen für die Kinder hat.