Je mehr Menschen sich mit einem Virus infizieren, umso mehr Varianten entstehen und umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dabei auch Varianten entstehen, die ansteckender sind. Und diese Varianten setzen sich dann langfristig durch. Genau diese Form … ist gerade in der weltweiten Corona-Pandemie zu beobachten.
In den letzten Monaten sind mehrere beunruhigende Varianten aufgetaucht, die in Großbritannien, in Brasilien, in Südafrika ihren Ursprung haben. Sie gelten als deutlich ansteckender als das Corona-Wildtypvirus…
Klinisch seien Mutationen nicht erkennbar, so der Infektiologe Clemens Wendtner im Deutschlandfunk. Die Symptome seien dieselben wie bei der Standardvariante – mit einer Ausnahme:
Auch Kinder können schwerer erkranken.
Ansonsten sei ein typischer Verlauf zu beobachten: grippale Symptome in der ersten Woche. Und in der entscheidenden zweiten Woche zeige sich dann, ob eine starke Entzündung vorliege.
Bezüglich der Wirkung von Impfungen… gebe es Hinweise, dass die Impfstoffe bei der südafrikanische und der brasilianischen Variante weniger erfolgreich seien…
Zudem gebe es neue Antikörper, die bei der britischen Virusvariante gut wirkten – wenn man sie in den ersten Tagen nach Auftreten der Symptome einsetze…Antikörper müsse man „flächendeckend da einsetzen, wo sie gebraucht werden, nämlich in der Frühphase – wir sehen die Patienten in der Regel zu spät“….
„Sars-CoV-2 wird aller Voraussicht nach endemisch werden in Deutschland, in der Welt“, so der Mediziner, „wir werden aber auch mit intelligenten Werkzeugen gegen die Mutanten vorgehen können.“ Unsere Impfstoffe könnten in der nächste Saison angepasst werden…. Dann könne man mit diesem Virus leben – „aber das wird frühestens 2022 so eintreten“.
Wie Vakzine an Virusvarianten angepasst werden
Von Volkart Wildermuth
Die neuen Coronavirus-Varianten breiten sich weltweit aus. Sie könnten für Impfstoffe zum Problem werden, weil der Impfschutz irgendwann nicht mehr zu den Viren passt.
Ein Überblick zum Stand der Forschung und zu möglichen Strategien zur Weiterentwicklung der Vakzine.
In Großbritannien, Südafrika und Brasilien sind bereits neue Mutationen des Coronavirus entdeckt worden.
Die britische Variante wurde inzwischen in rund 100 weiteren Ländern nachgewiesen, auch in Deutschland….
Die große Hoffnung ruht auch hier auf den voranschreitenden Impfungen und ihrer Wirkung auch gegen die Mutationen….
Wir haben es in Deutschland vor allem mit der britischen Variante B.1.1.7 zu tun. Die breitet sich zwar schneller aus, führt wohl auch zu stärkeren Symptomen….
Ein bisschen anders gelagert ist die Situation bei B.1.351 aus Südafrika und auch bei der Variante P1 aus Brasilien.
Beide beinhalten eine Mutation im Spikeprotein, die offenbar die Bindung von Antikörpern beeinträchtigt. Mit der Folge, dass die Impfstoffe nicht mehr so gut wirken….
Versuche im Reagenzglas zeigen: Die nach der Impfung gebildeten Antikörper reagieren nicht so gut auf B.1.351….
Die EU-Behörde EMA hat bisher drei Stoffe zugelassen – von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca. Wie sie wirken und welche Impfstoff-Kandidaten es noch gibt – ein Überblick.
Welche Strategien gibt es, eine Immunantwort auf Coronavirus Mutationen zu erhöhen?
Die Impfstoffhersteller und auch die Zulassungsbehörden sind eifrig dabei, neue Strategien auszuloten.
Am einfachsten umzusetzen ist die Booster-Impfung. Also einedritte Impfdosis statt der bisher üblichen zwei. Sie führt zu einer weiteren Steigerung der Antikörperspiegel.
Und es könnte sein, dass ein Mehr an Impfstoff tatsächlich die richtige Antwort ist….
In vielen Fällen sind für den vollen Schutz gegen Corona zwei Impfungen notwendig. Eventuell könnten hier unterschiedliche Impfstoffe verwendet werden….
Ein weiterer Ansatz nennt sich „Mix and Match“, also das Impfen mit verschiedenen Vakzinen. Da laufen schon klinische Studien mit einer Kombination von AstraZeneca und BioNTech …. es könnte sein, dass die Kombination auch effektiver ist, weil jeder Einzelimpfstoff zu einer etwas anderen Immunantwort führt und die Kombination deshalb breiter aufgestellt sein sollte, aber das wird man erst nach den Studien wirklich wissen.
Klar ist: Bei beiden Strategien, Booster und „Mix and Match“, werden bereits zugelassene Impfstoffe verwendet, deshalb sind die Hürden für die Zulassung der etwas veränderten Anwendung niedrig….
Könnte man theoretisch beliebig oft impfen?
Auch das ist nicht wirklich bekannt.
Der Impfstoff von AstraZeneca und viele andere Präparate nutzen abgeschwächte Schnupfenviren, um die genetische Information des Corona-Spike-Proteins in den Körper zu bekommen…. Die mRNA-Impfstoffe sind in winzige Lipidtröpfchen verpackt, die werden vom Immunsystem eigentlich ignoriert, von daher ist die Hürde hier niedriger, aber auch hier gilt: Studien abwarten.
Was tun bei Virusvarianten, bei denen kein aktueller Impfstoff mehr hilft?
Das kann früher oder später passieren, weil ständig neue Varianten entstehen. Aktuell werden welche aus Japan und Kalifornien diskutiert, auch B.1.1.7 hat in Großbritannien neue Mutationen entwickelt.
Und das kann dazu führen, dass da wirklich ganz neue Impfstoffe nötig werden.
….
Und genau daran wird bereits heute in den Laboren der Hersteller gearbeitet. Bei CureVac, bei AstraZeneca, bei BioNTech. Dort sagt der Gründer Ugur Sahin sogar:
„ Mutationenanpassung ist eine neue Wissenschaft.“
Und die schreitet schnell voran.
Im Grunde muss nur die Information für das veränderte Spikeprotein einer neuen Mutante in das bereits bewährte Impfstoffkonstrukt integriert werden.
Das sollte, wenn eine gefährliche Mutante auftaucht, innerhalb von rund sechs Wochen möglich sein.
Im nächsten Schritt muss dann die Produktion des neuen Impfstoffs unter Reinbedingungen hochgefahren werden.
Das gelingt bei den mRNA-Impfstoffen schneller, die werden chemisch synthetisiert….
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA, das deutsche Paul-Ehrlich-Institut und die anderen Zulassungsbehörden in Europa prüfen Wege für eine beschleunigte Zulassung …. In diesem Fall werden dann keine neuen Tierversuche oder klinischen Studien zur Sicherheit verlangt. Zweitens muss die Wirksamkeit des Impfstoffs gegenüber der neuen Variante in deutlich kleineren Studien, nicht mit zehntausendenden Teilnehmern sondernnur mit einigen hundert.
Bei so wenigen Probanden ist es nicht mehr möglich, tatsächliche Infektionen bei der Placebo-Gruppe und der Impfgruppe zu vergleichen.
Stattdessen greift man auf das sogenannte Immunobridgeing zurück. Im Grunde auf Laborwerte, die die Stärke der Immunantwort messen und damit, davon gehen alle aus, auch die Stärke des Schutzes. Da geht es wahrscheinlich vor allem um neutralisierende Antikörper die im Reagenzglas verhindern, dass die Viren Zellen infizieren… Alles in allem könnte ein Variantenimpfstoff in knapp einem halben Jahrverfügbarsein…
Aktuell kommt es erst einmal darauf an, schnell die verfügbaren Impfstoffe auch zu nutzen und die Produktion hochzufahren.
Wenn es dann Probleme gibt, kann man erst einmal mit einer dritten Impfdosisreagieren. Wie gesagt, die Produktionskapazitäten sind entscheidend. Und dann wird man über eine Anpassung nachdenken.
Aber anders als bei der Grippe ist das alles noch Neuland. Auf Nachfrage konnte niemand, weder von den Firmen noch von den Zulassungsbehörden konkret sagen, ab wann die Impfstoffe tatsächlich angepasst werden. Die Kriterien dafür müssen noch entwickelt werden.
Es wird ja auch so sein, dass neben den neuen die alten Viren weiter in Umlauf sind, also gegen die muss die Impfung ja weiter schützen. Hier gibt es noch viel Forschungsbedarf, aber wirklich alle haben das auf dem Schirm und sind da schon aktiv dabei.
Gleich drei veränderte Varianten des ursprünglichen Coronavirus bereiten derzeit Sorge. Vor allem die britische Mutante könnte sich schnell verbreiten. Müssen die bestehenden Impfstoffe angepasst werden?
Könnte man einen universellen Impfstoff entwickeln, der gegen alle Varianten schützt? …
Solche universellen Impfstoffe sind wirklich der Gral der Vakzin-Forschung. Bei der Grippe wird daran seit über 20 Jahren gearbeitet und so langsam gibt es auch konkrete Erfolge.
Vielleicht wäre ein Schritt nach vorne, die Coronaimpfstoffe breiter aufzustellen, sich nicht nur auf das Spikeprotein zu konzentrieren. Das ist in jedem Fall entscheidend, weil man darüber verhindern kann, dass die Viren überhaupt in die Zellen eindringen.
Aber man könnte zusätzlich auch gegen das N-Protein zum Beispiel im Inneren der Viren eine Immunantwort auslösen. Das verändert sich nämlich nicht so schnell…
Also ein universeller Impfstoff ist ganz sicher kein leichtes Ziel und eher etwas für die Phase nach der Pandemie, meint Marylyn Addo.
Erst einmal geht es darum, möglichst viel der verfügbaren Impfstoffe zu produzieren und sie vielleicht anzupassen.