Sonntag, 17. März 2019
Will Trump nun auch noch einen Währungskrieg mit China?
31.07.2018
Andreas Peter
Damir Sagolj
Der Handelskrieg mit China reicht dem US-Präsidenten offenbar noch nicht. In einem Fernsehinterview hat Donald Trump China unterstellt, die eigene Währung abzuwerten, um seine Exporte zu verbilligen. Internationale Medien befürchten nun auch noch das Aufflammen eines Währungskrieges zwischen den USA und China. Doch China hat andere Interessen.
Donald Trumps liebster Feind war China schon im Wahlkampf:
„Denn wir können nicht weiter erlauben, dass China unser Land plündert, denn das ist es, was sie tun.”(Donald Trump, 1. Mai 2016, Fort Wayne, Indiana)
Jetzt als Präsident macht er so weiter. In einem Interview mit dem Fernsehsender CNBC am 20. Juli unterstellt er China Manipulation der Wechselkurse: „In China fällt die Währung wie ein Stein, und unsere Währung geht hoch, und ich muss Ihnen sagen, es ist zu unserem Nachteil."
Angeblich werte die chinesische Regierung ihre Währung, den Yuan, ab, um Exporte zu verbilligen und dem US-Dollar zu schaden. Doch ausgerechnet der Internationale Währungsfonds, IWF, in dem die USA den Ton angeben, verteidigt China. James Daniels, stellvertretender Direktor der Asien- und Pazifik-Abteilung, erklärte sechs Tage nach Trump, ebenfalls bei CNBC, der Yuan sei "fair bewertet".
Das sehen auch die meisten professionellen Beobachter so. Die Abwertung des Yuan habe rein marktbezogene Gründe, vor allem die schwächelnde Konjunktur Chinas. Peking habe im Moment überhaupt kein Interesse an einem schwachen Yuan. Denn der könne innenpolitischen Druck aufbauen, weil die Effekte aus Strafzöllen plus abgewertetem Yuan eine doppelte Preiserhöhung für chinesische Verbraucher bedeuten. China will vieles, aber ganz sicher keinen komplett unnötigen Finanzkrieg.
China hat Interesse an Abkopplung vom Dollar
Aber vielleicht wollen ihn die USA, um chinesische Pläne zu sabotieren, die die USA herausfordern? China ist schon lange bemüht, sich und andere interessierte Staaten von der überproportional hohen Bindung an die US-Ökonomie und den US-Dollar zu lösen.
In der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) sind Staaten zusammengeschlossen, die 40 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren. Sie ist die größte zwischenstaatliche Organisation neben der Uno. Sowohl in der SCO als auch im BRICS-Verbund sind auch Russland und China liiert. Die BRICS-Staaten haben eine Neue Entwicklungsbank gegründet, wie Russlands Präsident Wladimir Putin auf dem BRICS-Treffen 2015 in Ufa noch einmal bekräftigte:
„Während des Treffens im erweiterten Format haben wir den Abschluss des Prozesses zur Schaffung der Neuen Entwicklungsbank begrüßt und einen Pool von ausländischen Währungsreserven gebildet, mit einem totalen Umfang von 200 Milliarden Dollar.“
Im September 2017 wurde der Grundstein für das Hauptquartier der Bank in Shanghai gelegt. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer sind an dieser Bank interessiert, weil sie es leid sind, für IWF-Kredite Bedingungen zu akzeptieren, die eigentlich von den USA diktiert werden, da sie den IWF dominieren.
Trump wirft China und EU Manipulierung ihrer Währungen vor
Genau deshalb initiierte China 2015 ein weiteres Gegenmodell zum IWF, die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank. Damals entbrannte ein knallharter Streit. Denn trotz Drohungen aus Washington beteiligten sich mit Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien gleich vier der wichtigsten Verbündeten der USA an der Bank, die inzwischen 61 Mitglieder hat.
Nicht nur China hat damit begonnen, seine Währungsreserven in Form von US-Staatsanleihen umzuschichten, und immer häufiger wird darüber diskutiert, den US-Dollar als zentrale Verrechnungseinheit für internationale Geschäfte abzulösen. Das wäre das Ende des Geschäftsmodells USA.
Vielleicht liegt ja hier einer der wahren Gründe für die wütenden Attacken von Donald Trump?
https://de.sputniknews.com/politik/20180731321785483-waehrungskrieg-trump-china-wahlkampf/
Trumps Abkehr, Chinas Siegeszug und die Angst des Westens
18.01.2019
Alexander Boos
Eine Veranstaltung der Leibniz-Gemeinschaft in Berlin lud am Donnerstag die Präsidenten mehrerer renommierter Wirtschafts-Forschungsinstitute ein,
um über „Die Zukunft desWelthandels“ zu diskutieren. Was im Laufe der Runde klar wurde: Die neue Wirtschaftsmacht China stellt den Westen vor immer mehr Herausforderungen. Sputnik war vor Ort.
Der Abbau von Handelshemmnissen, darunter auch Zöllen, sei jahrzehntelang eine unangetastete Prämisse der Globalisierung gewesen, sagte Moderatorin Ursula Weidenfeld zu Beginn der Veranstaltung am Donnerstagabend im Haus der Leibniz-Gemeinschaft in Berlin. Sie trug den Titel: „Das Ende des Multilateralismus? / Die Zukunft des Welthandels.“
Die Wirtschaftsjournalistin und Moderatorin betonte, seit der US-Handelspolitik unter US-Präsident Donald Trump habe sich dieser Ansatz verschoben. „Das geplante Freihandelsabkommen TTIP ist gescheitert, die EU und Washington verhängen gegenseitige Strafzölle.“ Und: Ein akuter Handelskrieg zwischen China und den USA bahne sich an. Es drohe letztlich „eine Krise des Welt-Freihandels“. Das Credo, dass Freihandel und Globalisierung allen nütze, „wird von immer mehr Ländern, früheren Garanten des Freihandels, in Frage gestellt“. Damit meinte sie direkt die USA unter Trump.
„Viele Menschen im Westen unzufrieden mit Globalisierung“
„Wir erkennen jetzt, dass die Globalisierung nicht allen genützt hat“, sagte der US-Ökonom Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW).
„Sie hat im Westen einer Elite sehr viel genutzt, sie hat in Schwellenländern sehr viel erreicht, indem viele Hunderte Millionen Menschen aus der Armut herauskamen.“
Gleichzeitig habe aber der Prozess der Globalisierung auf viele Menschen in westlichen Industriestaaten die Auswirkung gehabt, dass sich viele – vor allem Arbeitnehmer in unteren und mittleren Positionen – als „Verlierer“, als „Abgehängte“ der Globalisierung sehen.
„Diejenigen haben sich jetzt zu Wort gemeldet in den verschiedensten Ländern“, so Snower. „Das sind diejenigen, die Trump gewählt haben, die für den Brexit gestimmt haben, das sind die Gilles jeunes, die „Gelbwesten“ in Frankreich“, warf Moderatorin Weidenfeld ein. „Ja“, erwiderte der Wirtschaftswissenschaftler. „Diese Menschen sehen, dass sie wenig Chancen haben im Wettbewerb mit der Elite oder mit den Schwellenländern.“
Trump und die Digitalisierung
Dem Präsidenten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) mit Sitz in Essen, Christoph Schmidt, war diese Analyse „viel zu pessimistisch“.
Durch die Globalisierung seien „viele Volkswirtschaften sehr viel wohlhabender geworden, als sie es vor Jahrhunderten oder Jahrzehnten waren“. Das Kernproblem sei: Nicht alle Staaten haben solch ein gut aufgestelltes Sozialsystem, wie es in Deutschland vorherrsche. Dadurch könne vielerorts die Unzufriedenheit der Bevölkerung nicht aufgefangen werden. Er nannte den „mittleren Westen der USA“, die Trump-Wähler hochburg, als Beispiel. Letztlich würde er die Globalisierung als „großes Plus für die Welt als positiv einordnen“.
Clemens Fuest, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München, nannte den technischen Wandel und die Digitalisierung als Hauptfaktoren für weltweite Verwerfungen. „Donald Trump hat angekündigt, dass er den technischen Wandel eben nicht aussperren will. Es ist eben nicht so, dass Digitalisierung aufhört, wenn wir jetzt Zölle einführen. Wir jagen bei der Globalisierung einem Phantom nach. Wir haben die falsche Vorstellung: Wenn wir das Problem nur einfangen, dann hören die sozialen Probleme auf.“ So einfach sei es nicht.
Deutschland, die USA und der „China-Schock“
Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim: „Globalisierung hat es immer schwer gehabt“, betonte er. Er erinnerte an die Anti-TTIP-Demos in Deutschland und weltweit vor drei Jahren. „Der Bereich, wo wir am kritischsten waren, ist der Außenhandel. Allerdings waren es nicht die Globalisierungs-Verlierer, die gegen TTIP auf die Straßen gegangen sind.“
Es sei letztlich ein durch den technischen Fortschritt bedingter „China-Schock“, der in der Wahrnehmung des Westens existiere. „Wir haben eine Reihe von interessanten Studien, die das thematisieren. Studien zum ‚China-Schock‘ in den USA und in Deutschland zeigen ganz klar, dass es regionale Verlierer gibt.
Wir sehen bei Deutschland zwar regionale Verlierer, aber noch viel mehr regionale Gewinner. Deutschland hat es sehr gut hinbekommen, auf den rasanten Anstieg von China – China hatte vor zehn Jahren anteilig neun Prozent am Welthandel, heute sind es 18 Prozent – zu reagieren, indem wir auch nach China exportieren.“ Deutschland könne – auch bedingt durch seinen Mittelstand – viel „flexibler“ auf die Herausforderung aus Ostasien reagieren.
Wo steht die Handelsmacht EU?
Im Gegensatz dazu leide die US-Wirtschaft viel stärker unter der chinesischen Konkurrenz, weil dort „die Faktenlage eine andere ist“. Chinesische Produkte würden auf dem US-Markt viel häufiger und deutlicher mit Produkten „Made in USA“ konkurrieren, als dies hierzulande der Fall ist.
Makroökonom Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) sagte: „Die Frage für mich ist dabei: Wo werden in Zukunft die Entscheidungen getroffen? Werden wir eine G2 mit China und den USA haben, die letztlich die wichtigen Stellschrauben setzen? Oder gibt es einen dritten Partner, Europa?“ Die aktuelle „Brexit“-Diskussion schwäche die Handelsmacht EU: „Wir müssen endlich aufwachen und mehr über Europa diskutieren, neue Lösungen finden.“
„Wählerisches“ China profitiert von Globalisierung
„China glaubt an den Welthandel, China glaubt an den Multilateralismus“, so Frank N. Pieke, Direktor des Mercator Institute for China Studies (MERICS) in seiner englischsprachigen Rede: „Das Land hat massiv von der Globalisierung profitiert. Aber Peking ist sehr wählerisch: Es sucht sich meist nur die Aspekte und Wirtschaftsfelder aus, die den eigenen Interessen dienen.“
Die zentralistisch geführte chinesische Regierung könne bei Handel und Investitionen ganz andere Akzente setzen als demokratisch-kapitalistisch regierte Staaten.
China habe bereits begonnen, eigene bi- bzw. multilaterale Institutionen und Organisationen zu schaffen, die „teilweise als Konkurrent den etablierten Organisationen“ wie der WTO oder dem IWF entgegenstehen, die aber auch „teilweise mit diesen kooperieren: Was immer Chinas Interessen dient“. Damit bezog er sich beispielsweise auf die „Shanghai Cooperation Organisation“ (SCO; dt.: „Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit“) und deren neuer Entwicklungsbank „New Development Bank“ mit Sitz in Shanghai. Das Kreditinstitut zur Vergabe von Entwicklungsgeldern solle nach Aussage der SCO-Regierungen ein Gegengewicht zur etablierten Weltbank des Westens darstellen.
„Echte Gefahr, wenn wir die Chinesen außen vor lassen“
Eine Patentlösung, wie der Westen mit der chinesischen Herausforderung umgehen soll, konnte am Ende der Diskussionsrunde niemand der anwesenden Wirtschafts-Experten nennen.
„Eine echte Gefahr ist“, betonte Wirtschafts-Fachmann Fuest zum Ende der Veranstaltung, „falls tatsächlich noch ein transatlantisches Handelsabkommen ähnlich TTIP zustande kommt, dass die Chinesen draußen gehalten werden. Das ist eine echte Gefahr. Insofern: Multilateralismus (also weltweite Zusammenarbeit – Anm. d. Red.) tut uns allen gut.“
Er plädierte für verpflichtende, globale Standards vor allem in der Digitalisierung und der technischen Forschung. Damit meinte er Standards, die sowohl der Westen als auch nicht-westliche Handelsmächte wie China akzeptieren könnten.
https://de.sputniknews.com/politik/20190118323641504-leibniz-gemeinschaft-china-diskussion/