Great Reset: Das Weltwirtschaftsforum plant den Großen
Neustart, um ihn zu verhindern
Der Club der reichsten Menschen und der größten naturzerstörenden Konzerne will den “Great Reset”, den Großen Neustart.
Nach seiner Eigenbeschreibung ist das
Weltwirtschaftsforum “DIE internationale Organisation für öffentlich-private
Zusammenarbeit” und hat als Hauptziel “die Verbesserung des Zustands der Welt”.
An Macht fehlt es der 1971 vom deutschen Wirtschaftswissenschaftler Klaus
Schwab gegründeten Stiftung ebenso wenig wie an Selbstvertrauen.
Seit Jahren pilgern fast alle wichtigen Regierungschefs der Welt zum jährlichen Treffen in Davos, um den Konzernen und Milliardären ihre Aufwartung zu machen.
Die Weltbank hat es zur Strategie erhoben, nur
noch solche Entwicklungsprojekte zu fördern, an deren Umsetzung die
Mitgliedsunternehmen dieses Clubs Geld verdienen können.
Die Vereinten Nationen (UN) sind hochgradig
abhängig vom Geld der Konzerne gemacht worden und können praktisch nichts mehr
tun, was deren Interessen nicht fördert oder ihnen gar zuwiderläuft.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF)
gebärdet sich inzwischen ganz ungeniert als Türöffner für Multis, wenn er einem
armen Land in Schwierigkeiten helfen oder dessen Finanzsystem beurteilen soll.
Da müssen dann zuerst einmal Zölle, sonstige Handelsschranken und generell alle
Formen von staatlicher Regulierung abgebaut werden.
Diese mächtige Organisation Weltwirtschaftsforum
arbeitet also seit knapp 50 Jahren daran, die Welt besser zu machen.
Wenn man den kurzen Film anschaut,
den das Forum zu Einstimmung auf den Großen Neustart veröffentlicht hat, kommt
man nicht um das Urteil herum, dass es bei seinem Hauptziel entweder kläglich
versagt hat, oder – wahrscheinlicher – den Zustand der Welt nur für seine
Mitglieder verbessern will.
Die Abbildung des Ist-Zustands besteht aus einer
hektischen Abfolge dystopischer Szenerien: Müllhalden, Epidemien, Proteste
gegen Ungleichheit, Umweltzerstörung… Dann wird auf einem alten Computer auf
den Reset-Knopf gedrückt, und plötzlich ist alles gut. Bilder von
Fischschwärmen im blauen Ozean, schöne grüne Landschaften, glückliche Babys…
Nach dieser Peinlichkeit von einem Werbefilmchen geht
es in dem Video direkt weiter mit dem ganz großen Auftrieb. Dann werben nach
Klaus Schwab für den Großen Neustart, unter anderem noch der britische
Thronfolger, die Chefin des Internationalen Währungsfonds und der
Generaldirektor der Vereinten Nationen.
Damit Sie es nicht tun müssen, habe ich ihn mir
angeschaut, wenigstens bis zur Hälfte und dem Ende meiner
Floskel-Aufnahmekapazität. Klaus Schwab macht uns gleich zu Beginn Angst mit
der Feststellung: “Jetzt ist es Zeit, das System für die Nach-Corona-Zeit zu
gestalten.” Uno-Generalsekretär Guterres und Prinz Charles
blasen jede Menge Floskeln zum Frieden auf Erden und einer harmonischen
Gesellschaft in Einklang mit der Natur. Nichts darüber, wie wir da hinkommen.
IWF-Chefin Georgieva
lässt etwas Offenheit zu, wenn sie davon redet, dass es nun darum ginge, die
Digitale Spaltung zu überwinden, also dafür zu sorgen, dass die
US-Digitalkonzerne in jedem Winkel der Welt Geld verdienen können. Danach driftet
sie ins ungewollt Sarkastische ab, wenn sie, die Chefin der Organisation, die
seit Jahrzehnten den Abbau von Sozialleistungen durchsetzt, betont, wie wichtig
es sei, “in die Menschen zu investieren, in den sozialen Zusammenhalt der
Gesellschaft”. Man müsse die Sozialsysteme leistungsfähiger machen, fordert sie
allen Ernstes, während ihre Leute auf ihren Missionen in armen Ländern
wahrscheinlich gleichzeitig an etwa einem Dutzend Sozialabbauprogrammen sitzen.
Was sie nicht einmal erwähnt, ist die Möglichkeit,
zusätzliches IWF-Geld, die sogenannten Sonderziehungsrechte, zu schaffen, und
bevorzugt an die durch Corona in existenzielle Not geratenen Entwicklungsländer
zu verteilen. Auch die Möglichkeit von Schuldenerleichterungen erwähnt sie
nicht.
Auch Schwab, der dann nochmal zu Wort kommt, lässt es
weiterhin bei Floskeln. “Wir müssen unsere Art zu denken ändern”, fordert er,
eine langfristige Perspektive einnehmen.
Das Konkreteste, was er von sich gibt, ist die
Forderung an die Unternehmen, mit noch größerer Selbstverständlichkeit Umwelt-
und Entwicklungsziele aufzustellen (die niemand weh tun), und darüber zu
berichten.
Dann erklärt der Chef von Mastercard, Ajay
Banga endlich, wie der Übergang ins Paradies “aus Sicht der Unternehmen” zu
bewerkstelligen ist, wenigstens im Prinzip: “Damit es funktioniert, muss es
der Privatsektor zu einem Teil seines Geschäftsmodells machen”, also daran
Geld verdienen können. Sonst wird das nichts. Dafür brauche man “enormes
Vertrauen zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor, das sehr schwer zu
erreichen ist.” Aber, Corona sei dank, gebe es inzwischen mehr von diesem
Vertrauen. Die Staaten vertrauten den Unternehmen inzwischen viel mehr Daten
zur freien Verarbeitung an. Mehr davon, und alles wird gut.
Wenn es für die Politiker und Adligen nur darum geht,
wohlklingende Floskeln zu verbreiten, und die Konzerne nur das wollen, was sie
schon immer wollen, nämlich Geld verdienen, wozu dann der ganze große Auftrieb
mit Starbesetzung?
Die Antwort liegt in der Planung für den Großen
Neustart, nicht in dessen ohnehin nicht geplanter Umsetzung.
Der Weg ist das Ziel, könnte man sagen.
Es geht nicht um einen Neustart, sondern darum, die Diskussion
über einen möglichen radikalen Neustart zu lenken und zu monopolisieren.
Frei nach dem Motto: Wenn dir eine Bewegung gefährlich werden könnte und du
sie nicht besiegen kannst, setz dich an ihre Spitze.
Ich bin sicher nicht der Einzige, der auf die Idee
kam, ein Buchprojekt zum Ausstieg aus der immer schnelleren Abfolge
wirtschaftlicher und sozialer Krisen “Neustart” zu nennen. Untertitel: “Wie der
Kapitalismus funktioniert und wie wir ihn überwinden.” Das liegt irgendwie in
der Luft, wenn in einer derart tiefen wirtschaftlichen Krise die reichsten
Menschen der Welt viele Milliarden an Reichtum gewinnen und die Aktienmärkte
nach einer Schreckminute so tun, als sei nichts gewesen.
Bevor das Weltwirtschaftsforum auch mit dem “Neustart”
kam, hatte ich den etwas abstrakten Arbeitstitel allerdings schon geändert in
den konkreteren: “Welt am Nasenring: Wie die Konzerne die Macht übernehmen und
was wir dagegen tun können”.
Aus dem riesigen Interesse der Leserschaft meines
Blogs gerade an diesen Themen schließe ich, dass das Gefühl, dass etwas ganz
furchtbar falsch läuft und ein Neustart tatsächlich nötig wäre, in
der Gesellschaft sehr weit verbreitet ist.
Da gilt es dringend, die Diskussion zu
kontrollieren und alle, die mit zugkräftigen radikalen Ideen kommen (könnten),
rechtzeitig entweder zu isolieren oder zu umarmen. Und genau das findet
jetzt statt.
Das nächste Jahrestreffen in Davos soll ein doppelter
Gipfel sein: Einerseits das übliche Stelldichein der Konzernlenker mit den
Regierungschefs und den Medien. Andererseits sollen alle wichtigen “Stakeholder”
mindestens digital vertreten sein und den Großen Neustart planen. “Stakeholder”
ist ein Manager-Modewort für von den Unternehmen handverlesene Vertreter von
Gruppen, denen neben den Aktionären und Spitzenmanagern auch noch ein gewisses
Interesse an dem nachgesagt wird, was die Unternehmen so tun.
Der “Great Reset” wird von uns verlangen, alle
Stakeholder der globalen Gesellschaft in eine Gemeinschaft mit gemeinsamen
Interessen, Zielen und Handlungen zu integrieren.
Schauen wir uns einmal die Liste der Stakeholder
an, die das Weltwirtschaftsforum auffährt. Sie scheint einigermaßen
abschließend gemeint, nimmt man das folgende beim Wort: “Die Ankündigung des
“Grossen Neustartes” wurde von S.K.H. The Prince of Wales und
Professor Schwab während eines virtuellen Treffens gemacht, gefolgt von
Erklärungen des UN-Generalsekretärs António Guterres und der
geschäftsführenden Direktorin des IWF Kristalina Georgieva.
Ihre Aussagen wurden von Stimmen aus allen
Stakeholdergruppen der Weltgesellschaft unterstützt, darunter:
Victoria Alonsoperez,
Gründerin und Geschäftsführerin von Chipsafer, Uruguay, und ein Young
Global Leader;
Caroline Anstey,
Präsidentin und Geschäftsführerin von Pact, USA;
Ajay S. Banga,
Geschäftsführer, Mastercard, USA;
Sharan Burrow, Generalsekretärin,
Internationaler Gewerkschaftsbund (IGB), Brüssel;
Ma Jun, Vorsitzender, Green
Finance Committee, China Society for Finance and Banking, und Mitglied des
Geldpolitischen Ausschusses der People’s Bank of China;
Bernard Looney,
Geschäftsführer, BP, Vereinigtes Königreich;
Juliana Rotich, Venture
Partner, Atlantica Ventures, Kenia;
Bradford L. Smith,
Präsident, Microsoft, USA;
Nick Stern, Vorsitzender,
Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment,
Vereinigtes Königreich.“
Microsoft, BP, Mastercard,
eine Kapitalanlagegesellschaft, ein IT-Startup, garniert mit
einer Gewerkschafterin und einer Chefin einer amerikanischen
Entwicklungsorganisation, die vorher Bankerin und Beraterin des
Weltwirtschaftsforums war, das sind die “Stimmen aus allen
Stakeholdergruppen der Weltgesellschaft”. Der Umweltschutz ist dabei
vertreten von einem chinesischen Offiziellen, der sich Green Finance auf
die Fahnen geschrieben hat und einem Wirtschaftswissenschaftler, der
– immerhin, aber nicht gerade radikal – dafür eintritt, ein Prozent des
Bruttoinlandsprodukts für Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung einzusetzen.
Wenn es bei Diskussionen zwischen diesen Vertretern
des und Profiteuren vom Status quo bliebe, könnte man das Ganze getrost
ignorieren, auch wenn es vom Who is Who der “Global Governance”
(Weltregierung) unterstützt wird.
Aber der Kern des Programms ist etwas anderes: Schwab
sagte, der deutschen Version der Presseerklärung des Forums zufolge:
“Der “Great Reset” wird von uns verlangen,
alle Stakeholder der globalen Gesellschaft in eine Gemeinschaft mit gemeinsamen
Interessen, Zielen und Handlungen zu integrieren.”
Im Video wird er noch deutlicher, was den Anspruch
der Monopolisierung der Debatte angeht (meine Übersetzung aus dem
schwäbischen Amerikanisch): “Diese Initiative wird jeden auf der Welt
integrieren, der eine Stimme hat und der einen besonders innovativen Vorschlag
zur Verbesserung der Lebensbedingungen hat.”
Um weltweit all diese Leute zu finden, fährt das
Weltwirtschaftsforum in den nächsten sechs Monaten bis zum Davoser Treffen
seine Tentakeln aus, die es bisher weitgehend im Verborgenen gelassen hat.
Das Netzwerk von knapp 10.000 “Global Shapers“,
in 428 Städten (Hubs) und 148 Ländern wird aktiviert.
Das ist so etwas wie die Nachwuchsorganisation des
Weltwirtschaftsforums. Sie dient dazu High Potentials, die in Unternehmen,
Politik und Kultur einflussreich werden könnten, frühzeitig zu identifizieren,
miteinander zu vernetzen und an das Weltwirtschaftsforum heranzuführen.
Wenn sie sich dabei als hinreichend ehrgeizig und
lenkbar erweisen, werden ihre Karrieren gefördert.
Auf diese Weise haben Klaus Schwab und die Mitglieder
seines Clubs fast überall auf der Welt jemand in einflussreicher Position in
Unternehmen, Politik oder Kultur, den sie anrufen können, wenn sie etwas wissen
müssen oder einen Gefallen brauchen. Und es kostet praktisch nichts, denn High
Potentials wollten und müssten die Unternehmen ja ohnehin akquirieren.
Diese Global Shapers hat das
Weltwirtschaftsforum für Zwecke des Großen Neustarts zu DEN Vertretern
der Jungen Generation erklärt, die dafür sorgen sollen, dass die
Reformpläne langfristig im Sinne künftiger Generationen (von Eliten) ausfallen.
Die jungen Arrivierten sollen im nächsten halben Jahr
im Einzugsbereich ihres Hubs Menschen identifizieren, die nennenswerte
Reforminitiativen vorantreiben. Diese sollen sie einladen, über ihren Hub
digital am Davoser Great-Reset-Pauwau teilzunehmen.
Das ist dann erst der Anfang. Wer sich als potentiell
wirkmächtig und damit gefährlich herausstellt, wird umgarnt, als Sprecher zu
wichtig scheinenden Versammlungen in allen Teilen der Welt geflogen, mit
Jobangeboten, Fördermitteln und sonstiger Unterstützung geködert und
unmerklich in einem Netz von Abhängigkeiten verstrickt, aus dem er oder sie
sich kaum noch befreien kann ohne in die Bedeutungslosigkeit abzustürzen.
Diese Initiative wird jeden auf der Welt integrieren,
der eine Stimme hat und der einen besonders innovativen Vorschlag zur
Verbesserung der Lebensbedingungen hat.
Oder aber, man widersetzt und entzieht sich der
Umarmung von vorne herein. Dann darf man zuschauen, wie andere Reformer mit
weniger Berührungsangst in der Öffentlichkeit zu neuen Hoffnungsträgern
hochstilisiert werden.
So wird sichergestellt, dass keine Reformbewegungen
außer Kontrolle geraten, die etwa den Megareichen ihren Megareichtum wegsteuern
wollen, oder durch Abbau der überzogenen, wettbewerbsverhindernden Schutzrechte
für geistiges Eigentum dafür sorgen könnten, dass es gar nicht erst zu diesem
obszönen Reichtum kommt, oder die die Rechte der Arbeitnehmer stärken wollen,
oder gar dafür sorgen, dass Konzerne Steuern bezahlen.
So läuft das, wenn auch selten so offen ausgebreitet
wie bei diesem Reformverhinderungsprojekt der Eliten namens Großer Neustart.
https://norberthaering.de/die-regenten-der-welt/grosser-neustart/
Rückkehr zur Normalität darf es nicht geben, weil das
Weltwirtschaftsforum den Großen Neustart will
11. 10. 2020
von Norbert Häring
Der britische Premierminister Boris Johnson sagte am
8. Oktober per Video auf einem Kongress seiner konservativen Partei (Zitate
durchweg meine Übersetzung):
Wir haben zu viel verloren und über zu viele getrauert
und das Leben kann nicht weitergehen wie vorher. Die Geschichte zeigt uns, dass
Ereignisse dieser Größenordnung – Kriege und Seuchen – nicht einfach kommen und
gehen. Sie sind meistens Auslöser für sozialen und ökonomischen Wandel. Wir
sehen diese Momente als eine Zeit zu lernen und besser zu werden. Deshalb wird
diese Regierung etwas Besseres aufbauen (build back better).”
Vergleichen wir das mit dem, was Klaus Schwab, Gründer
und Präsident des Clubs der größten multinationalen Unternehmen und
Milliardäre, Weltwirtschaftsforum, in seinem Buch “Covid-19: The Great Reset”
von Juli geschrieben hat (nach CNBC):
Viele von uns fragen sich, wann wir wieder zur
Normalität zurückkehren. Die kurze Antwort ist: nie. Nichts wird je wieder zu
dem kaputten Gefühl von Normalität zurückkehren, das vor der Krise geherrscht
hat, weil die Coronavirus-Pandemie einen fundamentalen Wendepunkt in unserer
globalen Entwicklung markiert. Manche Analysten nennen es eine Weggabelung,
andere eine Krise biblischen Ausmaßes, aber im Kern läuft es darauf hinaus,
dass es die Welt, wie wir sie in den ersten Monaten von 2020 kannten, nicht
mehr gibt. Sie hat sich im Kontext der Pandemie aufgelöst.
Starker Tobak, dafür, dass bisher etwas mehr Menschen
an der neuen Krankheit gestorben sind als während der Grippewelle von 2018, die
man beim Weltwirtschaftsforum und andernorts keiner Kommentierung für würdig
befunden hat. Aber das Folgende erklärt die Übertreibungen wohl:
Es ist unsere Aufgabe, den Stier bei den Hörnern zu
packen. Die Pandemie gibt uns die Chance: Sie stellt eine seltene und eng
befristete Gelegenheit dar, über unsere Welt nachzudenken, sie uns neu
vorzustellen, und einen Neustart zu wagen.
Nichts gehe an dem Großen Neustart, dem “Great Reset”
vorbei, den das Weltwirtschaftsforum sich im Juni zum Programm gemacht hat. Es
ist natürlich wie immer, wenn die großen Konzerne gemeinsam aktiv werden, ein
menschenfreundliches Programm. Es will alle Ungerechtigkeiten und
heraufziehende Katastrophen beseitigen, von Rassendiskriminierung bis
Umweltverschmutzung und Klimawandel.
Das harmoniert mit dem von Schwab schon lange
beworbenen und von den Konzernen seit etwa zwei Jahren proklamierten Übergang
zum Stakeholder-Kapitalismus. Das soll bedeuten, dass die Konzerne
Verantwortung für den Zustand der Welt übernehmen.
Liest man die entsprechenden Texte ein bisschen
misstrauisch, wird schnell klar, dass das ein Synonym ist für “die Regentschaft
übernehmen”. Denn die Staaten kommen in diesen Szenarien der
Verantwortungsübernahme durch die Konzerne kaum vor, und wenn, dann als Helfer,
die ihre Regulierungsmacht in den Dienst der nachhaltigen (=gewinnträchtigen)
Weltverbesserung durch die Konzerne stellen.
Das Weltwirtschaftsforum als Stichwortgeber
Anfang Juni hatte das Weltwirtschaftsforum sein “Great-Reset”-Programm mit
größtmöglicher Fanfare verkündet. Neben Charles Schwab sprachen u.a. Prinz
Charles, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der
UN-Generalsekretär.
Dort sagte der britische Thronfolger, der
Privatsektor(!) werde der Motor der Erholung sein. Er sagte auch (man
vergleiche mit Johnson und Schwab):
Wir haben ein einzigartiges und schnell sich
schließendes Zeitfenster, unsere Lektionen zu lernen und einen Neustart auf
einem nachhaltigeren Pfad einzuleiten.
Die Pandemie habe den Menschen gezeigt, dass
dramatische Veränderungen möglich sind.
Wir haben eine goldene Gelegenheit, etwas Gutes aus
dieser Krise zu machen. Deren noch nie dagewesene Schockwellen könnten die
Menschen empfänglicher machen für Visionen des radikalen Wandels.
IWF-Chefin Kristalina Georgieva verglich die
katalytische Rolle von Corona mit der des zweiten Weltkriegs, ein konkreterer
aber ebenso übertriebener Vergleich wie Johnsons “Kriege und Seuchen”, Schwabs
“Krise biblischen Ausmaßes” und des Prinzen “noch nie dagewesene
Schockwellen”.Wer es noch nicht getan hat, sollte an dieser Stelle in Betracht
ziehen, das zeitlos wichtige Buch “Die Schock-Strategie” von Naomi Klein zu
lesen, in dem anhand vieler Beispiele diese altbewährte Strategie der Mächtigen
beschrieben und analysiert wird.
Und dann sagte die IWF-Chefin noch einen Satz, den
Johnson in seiner Rede nur leicht abwandelte:
Das beste Denkmal, das wir denen bauen können, die ihr
Leben verloren haben, ist eine grünere, smartere und fairere Welt.
Smart (klug) habe ich nicht übersetzt, weil es Teil
von Ausdrücken wie Smart City ist, einem Euphemismus für totale Überwachung
jeder Bewegung aller Bürger im vorgeblichen Dienste der Effizienz und der
Ressourceneinsparung. Was man von ‘fairer’ als Ziel des Weltwirtschaftsforums
und des IWF halten darf, wird schnell klar, wenn man sich drei Dinge vor Augen
hält. Zum einen weinen die Wirtschaftsforums-Milliardäre seit Jahren in Davos
dicke Krokodilstränen über die zunehmende Ungleichheit und werden dabei
immer noch obszön reicher. Die Corona-Krise der übrigen Menschheit ist für sie
eine Corona-Bonanza. Und alle rund 80 aktuellen
IWF-Unterstützungsprogramme erlegen den betreffenden Regierungen
Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen auf, in aller Regel gerade nicht für die
Reichen, sondern für Mittelstand und Arme.
Einordnendes Resümee
Die Great-Reset-Initiative der Multis und Milliardäre,
die der britische Premier sich zu eigen macht, ist ein Manöver zur Ablenkung
vom tatsächlich angestrebten Neustart und zur Kontrolle jeglicher
Reforminitiativen. Indem das Weltwirtschaftsforum so tut, als wolle es alles
neu und besser für die Menschheit machen, schafft es den perfekten Vorwand, um
ganz offen große Veränderungen voranzutreiben. Diese gehen in Richtung einer
technokratischen global Governance (Weltherrschaft) der Konzerne, die durch
autoritär-technokratische Kontrolle die Macht bekommen wollen, die knapper
werdenden Ressourcen nicht nur effizient und sparsam einzusetzen, sondern auch
so zuzuteilen, dass der Status Quo nicht gefährdet wird.
Gleichzeitig können sie im Rahmen dieser Initiative
unverfänglich konkurrierende Reformbewegungen umarmen und lenken, damit diese
nicht zu einer Gefahr für ihren eigenen Plan werden können. Wie schrieb Schwab
doch laut CNBC:
“Die Pandemie muss zu wirklichem Wandel
führen, um Konflikte und Revolutionen zu vermeiden”.
Der Wandel, den das Weltwirtschaftsforum im Sinn hat,
ist der Übergang zur digital überwachten und kontrollierten Variante einer
Schönen neuen Welt, wie sie Aldous Huxley beschrieben hat. Auch den
technokratischen Erschaffern und Regenten dieser futuristischen Romanwelt, mit
ihrer total überwachten, ruhiggestellten und manipulierten Bevölkerung, geht es
um dieses Ziel: Kriege, Konflikte und Revolutionen vermeiden – und natürlich
die Privilegien der väterlich streng herrschenden Alpha-Klasse bewahren.
https://norberthaering.de/die-regenten-der-welt/boris-johnson-great-reset/