Sonntag, 14. Februar 2021

“America is back”

 

Osteuropa bleibt im Visier der USA


23 Jan. 2021

von Prof. Dr. Anton Latzo

Bereits vor seiner Wahl zum US-Präsidenten hat Joe Biden den globalen Führungsanspruch der USA bekräftigt. Zu dessen Umsetzung ist die Vorherrschaft in Eurasien laut dem US-Strategen Brzezinski unerlässlich. Neben China steht dort vor allem Russland den US-Interessen im Weg – weshalb die neue Biden-Administration Osteuropa verstärkt ins Visier nehmen wird.

Die außenpolitische Praxis der USA nach dem zweiten Weltkrieg, einschließlich der von Präsident Barack Obama und seinem Vize Joe Biden geführten Regierung, hat eine hegemoniale Politik verfolgt. Die USA haben sich von dem von Zbigniew Brzezinski formulierten Ziel, die “einzige” und sogar die “letzte” Weltmacht zu sein, auch jetzt nicht verabschiedet.

Sie verfolgen auch mit dem am Mittwoch vereidigten Präsidenten Joe Biden das Konzept, wonach Eurasien “das Schachbrett (ist), auf dem der Kampf um globale Vorherrschaft auch in Zukunft ausgetragen wird”. Sie gehen davon aus, dass eine Macht, die in Eurasien die Vorherrschaft gewinnt, diese auch weltweit ausüben kann.

Eurasien umfasst die Territorien von Lissabon bis Wladiwostok und schließt bekanntlich China und Russland ein.

Eine Macht, die Eurasien beherrscht, würde über zwei der drei höchstentwickelten und wirtschaftlich produktivsten Regionen der Welt gebieten“, heißt es in Brzezinskis Werk “Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft” von 1997.

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Deshalb müsse das Ziel amerikanischer Außenpolitik darin bestehen, zu sichern, “dass kein Staat oder keine Gruppe von Staaten die Fähigkeit erlangt, die Vereinigten Staaten aus Eurasien zu vertreiben oder auch nur deren Schiedsrichterrolle entscheidend zu beeinträchtigen”. Die USA müssten “das Emporkommen eines Rivalen um die Macht … vereiteln”.

Vor seiner Wahl zum Präsidenten der USA hat Joe Biden zwar erklärt, er wolle die Außenpolitik neu ausrichten. Aber unter welchen Gesichtspunkten? Grundsätzlich hieß es in seinem programmatischen Artikel 

https://www.foreignaffairs.com/articles/united-states/2020-01-23/why-america-must-lead-again

in den Foreign Affairs (März/April 2020) unter der Überschrift “Warum Amerika wieder führen muss”:

Als Nation müssen wir der Welt beweisen, dass die Vereinigten Staaten bereit sind, wieder zu führen.”  

Offensichtlich wird auch in Zukunft differenziert zwischen “demokratischen” Staaten, also Staaten, die kapitalistisch sind und den Intentionen der USA folgen, und den anderen Staaten, die auch an ihre nationalen Interessen denken – ganz zu schweigen von denen, die andere Wege bei der Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse wagen.

Biden wolle Schritte unternehmen, “um das demokratische Fundament der Vereinigten Staaten zu stärken und andere zum Handeln anzuregen“.

Er wolle seine “demokratischen Mitstreiter auf der ganzen Welt einladen, die Stärkung der Demokratie wieder auf die globale Agenda zu setzen”.

Dabei bezog er sich ausdrücklich auf die Beziehungen zu den Verbündeten der USA und auf die Rückkehr in das Pariser Klimaabkommen sowie in die WHO. Auch zu Donald Trumps Austrittsdrohungen aus der WTO geht er auf Distanz.

Im gleichen Beitrag stellte Biden klar, dass die politische Agenda seiner Administration “die Vereinigten Staaten wieder am Kopfende der Tafel platzieren” werde, von wo aus sie führen werden und zwar “nicht nur durch unsere beispielhafte Macht, sondern durch die Macht unseres Beispiels”. Der Anspruch auf eine anhaltende und auszubauende Dominanz ist nicht zu übersehen! 

Man wird die Macht aber “umsichtiger”, “überlegter” und mit einem “freundlichen” Gesicht einzusetzen versuchen – was an der Substanz der Hegemonialpolitik nichts ändert.

“Wir können gleichzeitig stark und klug sein”, so Joe Biden. Er fuhr fort: “Es gibt einen großen Unterschied zwischen groß angelegten, unbefristeten Einsätzen von Zehntausenden amerikanischer Kampftruppen, die beendet werden müssen, und dem Einsatz einiger hundert Special Forces-Soldaten und Geheimdienstkapazitäten zur Unterstützung lokaler Partner gegen einen gemeinsamen Feind. Diese kleinen Missionen sind militärisch, wirtschaftlich und politisch nachhaltig und fördern das nationale Interesse.”

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Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist auch, dass Biden die NATO als “ein Wertebündnis” kennzeichnet. Sie sei nicht nur “das Herzstück der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten“, sondern auch “das Bollwerk des liberal-demokratischen Ideals – ein Wertebündnis“. Dies sei “weitaus dauerhafter, zuverlässiger und leistungsfähiger als Partnerschaften, die auf Zwang oder Geld aufgebaut wurden”.

Es ist auch daran zu erinnern, dass die USA ihre Beziehungen zu allen osteuropäischen ehemaligen Warschauer Vertragsstaaten nicht nur im Rahmen ihrer NATO-Mitgliedschaft, sondern auch durch bilaterale strategische Partnerschaften gestalten. Da Biden sich darum bemühen will, die “Partnerschaften … für die Welt, mit der wir heute konfrontiert sind, neu zu definieren”, kann das ein Hinweis darauf sein, dass er beide Säulen, NATO und bilaterale Partnerschaften, inhaltlich besser zusammenzuführen und verzahnen will!

Denn, “um der russischen Aggression entgegenzuwirken, müssen wir die militärischen Fähigkeiten des Bündnisses scharf halten und gleichzeitig seine Fähigkeit erweitern, nicht-traditionelle Bedrohungen wie Korruption, Desinformation und Cyberkriminalität anzunehmen”, so Präsident Biden.

Das heißt im Klartext: die NATO und ihre Mitglieder noch mehr auf die Linie der US-Außenpolitik einzuschwören, um “Russland echte Kosten” aufzuerlegen “und uns der russischen Zivilgesellschaft stellen, die sich immer tapfer gegen das kleptokratische autoritäre System von Präsident Wladimir Putin gestellt hat”.

Wichtig ist für die USA, dass der amerikanische Einfluss in allen ehemaligen Sowjetrepubliken gesichert ist, und dass diese Länder, zusammen mit den ehemaligen Warschauer Vertragsstaaten, ein sicheres Gelände für ausländisches Kapital sind und sich an das westliche Rechtsverständnis anpassen. Damit lässt sich sowohl die Ausbeutung der Arbeitskraft als auch der materiellen und geistigen Reichtümer dieser Länder absichern und auch der Missbrauch des Territoriums dieser Staaten als Brückenkopf gegen Russland und den gesamten eurasischen Raum rechtfertigen!

Dazu sind die USA bereit, wenn es diese Staaten nicht “freiwillig” tun, mit Mitteln der Desintegration eine innere bzw. regionale Ordnung durchzusetzen, wie es am Beispiel Jugoslawien und der Ukraine bewiesen wurde.

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Die nächsten Jahre dürften somit eine weitere Zuspitzung der Widersprüche in Osteuropa bringen, nicht nur eine Zuspitzung der inneren Entwicklung der Länder, sondern auch im Kampf um die Sicherung des Einflusses der USA in dieser Region. Denn die Vereinigten Staaten sind nicht nur an der Hegemonie im bilateralen Verhältnis zu diesen Ländern interessiert.

Wer die Region kontrolliert, hat unmittelbaren Zugang zu den russischen Grenzen von der Ostsee bis über das Schwarze Meer hinaus.

Derjenige kontrolliert aber auch einen großen Teil der Verbindungen der EU und ihrer Mächte zum “Gegner” Russland.

Er hat auch die Kontrolle über wichtige Verbindungsstränge der Seidenstraße, die zwischen Westeuropa und dem “strategischen Rivalen” China verlaufen.

Unter diesen Gesichtspunkten ist – bei Weiterführung der NATO-Politik und der bilateral vereinbarten militärischen Präsenz der USA in der Region (besonders in Rumänien, Polen, den baltischen Staaten und der Ukraine) – auch künftig mit der Politik der massiven Einmischung in die inneren Angelegenheiten der osteuropäischen Staaten zu rechnen.

Dabei werden auch die Instrumente der “Soft Power” mit dem breiten Netz von Nichtregierungsorganisationen erweiterte Förderung durch die staatlichen Institutionen der USA erfahren.

Die “Menschenrechte” sind ja schon länger ein beliebtes Instrument der Demokratischen Partei der USA…

Bereits länger andauernde Krisen werden weiter bestehen und, bedingt durch den Ausbau der Region zum militärischen Aufmarschgebiet, an Schärfe zunehmen und die Gefahren des Einsatzes von Gewalt verstärken. Eine andere Entwicklung erfordert eine grundlegende Wende in den Zielen und in der Politik der USA, die aber nicht abzusehen ist.

Bis dahin werden die osteuropäischen Staaten auf dem großen Schachbrett als einfache Schachfiguren missbraucht!

https://de.rt.com/meinung/112093-osteuropa-bleibt-im-visier-usa/

“America is back”: Joe Biden verkündet Konfrontationskurs gegenüber Russland und China

4 Feb. 2021

In einer programmatischen Rede hat US-Präsident Joe Biden die zukünftigen Schwerpunkte seiner Außenpolitik gesetzt. Wie zu erwarten geht es dabei vor allem um die Begegnung einer angeblichen Bedrohung durch die Aggressoren Russland und China.

Der neue US-Präsident Joe Biden hat am Donnerstag in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington eine erste wichtige Rede zur Außenpolitik seines Landes gehalten. Darin verkündete er in unmissverständlichen Worten seinen Willen, gegenüber Russland und China einen konfrontativen Kurs zu verfolgen. Programmatisch verkündete er gleich zu Beginn seiner Rede:

“Amerika ist zurück. Die Diplomatie ist zurück und steht wieder im Zentrum unserer Außenpolitik.”

In seiner Rede betonte er eine Kehrtwende zur Amtszeit seines Vorgängers Donald Trump, dem oft vorgeworfen wurde, sich nicht genügend für die weltweite Führungsrolle der USA eingesetzt zu haben. Biden versprach, die Allianzen seines Landes mit anderen Staaten “zu reparieren” und mit der Welt insgesamt zu interagieren. Anschließend widmete er sich der Frage, wozu die USA eine weltweite Führungsrolle beanspruchen sollte:

“Die amerikanische Führung muss diesem neuen Moment des voranschreitenden Autoritarismus einschließlich der wachsenden Ambitionen Chinas, mit den USA zu rivalisieren, sowie der Entschlossenheit Russlands, unserer Demokratie zu schaden und sie zu stören, begegnen.”

Somit erwähnte er gleich in den ersten Minuten seiner Rede die zwei angeblichen Hauptrivalen der Vereinigten Staaten und grenzte sich deutlich von seinem Vorgänger ab, dessen Motto “America first” lautete.

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Die USA müssten, so Biden, sich den “beschleunigenden globalen Herausforderungen” stellen. Hierzu zählte der 78-Jährige etwa die globale Pandemie und die Erderwärmung. Solche Herausforderungen ließen sich nur lösen, wenn Staaten zusammenarbeiten würden. Alleine könne man diese Probleme nicht überwinden. 

Als Ausgangspunkt für einen solchen Ansatz nannte er eine Diplomatie, die in den am meisten geschätzten demokratischen Werten der USA verwurzelt sei:

“Die Freiheit verteidigen, universelle Rechte hochhalten, die Rechtsstaatlichkeit respektieren und jeden Menschen mit Würde zu behandeln: Das ist das Erdungskabel unserer globalen Politik, unserer globalen Macht.”

Biden erklärte, dass viele dieser Werte in den vergangenen Jahren unter Druck gestanden hätten, was als weitere Anspielung auf die Amtszeit von Donald Trump verstanden werden kann. Aber:

“Das amerikanische Volk wird aus dieser Situation stärker, entschlossener und besser ausgestattet hervortreten, um die Welt für den Kampf zur Verteidigung der Demokratie zu einen”

Anschließend sprach Biden zur Situation in Myanmar nach der Verhängung des Ausnahmezustandes durch das Militär:

“Das burmesische Militär sollte die Macht, die sie ergriffen hat, aufgeben und die Anwälte, Aktivisten und Beamte freilassen, die festgenommen wurden, die Beschränkungen der Telekommunikation aufheben und von Gewalt Abstand nehmen.”

Die USA würden mit ihren Partnern zusammenarbeiten, um die Wiederherstellung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Myanmar zu sichern und Konsequenzen für jene beschließen, die für die Vorgänge in dem Land verantwortlich seien. Konkrete Maßnahmen nannte er in diesem Zusammenhang nicht.

Biden betonte, dass er seit seiner Amtseinführung am 20. Januar mit vielen der “engsten Freunde” der USA gesprochen habe. Konkret nannte er Kanada, Mexiko, Großbritannien, Deutschland, die NATO, Japan, Südkorea und Australien. Ziel seiner Kontaktaufnahme sei es gewesen, die gewohnte Kooperation wiederherzustellen. Auch wolle er die “Muskeln demokratischer Allianzen” wieder stärken, die in den vergangenen Jahren eingeschlafen seien.

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Führung durch Diplomatie bedeute auch, den vermeintlichen Gegnern und Konkurrenten der USA diplomatisch zu begegnen, wo dies im Interesse der USA sei. In diesem Kontext nannte er die Verlängerung des New-START-Vertrages. Hierzu betonte Biden:

“Gleichzeitig habe ich Präsident Putin ganz im Gegenteil zu meinem Vorgänger klar gemacht, dass die Zeiten vorbei sind, in denen sich die Vereinigten Staaten den aggressiven Handlungen Russlands unterwerfen.”

Als Beispiele dieser angeblichen feindseligen Handlungen Russlands nannte Biden die nie belegten, von Vertretern der Demokratischen Partei und weiteren transatlantischen Kräften jedoch wiederholt erhobenen Vorwürfe einer russischen Einmischung in US-Wahlen, angebliche Cyberangriffe und die “Vergiftung seiner Bürger”. Er warnte unmissverständlich:

“Wir werden nicht zögern, die Kosten für Russland zu erhöhen und unsere Kerninteressen und unser Volk zu schützen.”

Die USA wären bei der Handhabung Russlands effektiver, wenn man mit anderen Staaten zusammenarbeiten würde, so Biden.

Die erst vor kurzem verhängte Gefängnisstrafe gegen den russischen Politaktivisten und Blogger Alexei Nawalny nannte der US-Präsident politisch motiviert. Biden erklärte, Nawalny sei ins Fadenkreuz geraten, da er Korruption aufgedeckt habe. Der Aktivist genieße unter der russischen Verfassung bestimmte Rechte und “sollte sofort und ohne Vorbedingungen freigelassen werden”, so Biden.

Er versprach auch, den Herausforderung bei der Sicherung des Wohlstands, der Sicherheit und der demokratischen Werte der USA gegenüber China, dem vermeintlich größten Konkurrenten, direkt zu begegnen:

“Wir werden Chinas Missbrauch der Wirtschaft entgegentreten. Wir werden seine aggressiven, unterdrückerischen Handlungen, seine Angriffe auf die Menschenrechte, das geistige Eigentum und die globale Ordnung kontern und zurückdrängen.”

Die Biden-Regierung sei aber auch bereit, mit Peking zusammenzuarbeiten, falls dies im Interesse der USA liege. https://de.rt.com/international/112781-america-is-back-joe-biden