Die Pläne des US-Präsidenten Donald Trump, ein Teil der in Deutschland stationierten US-Truppen abzuziehen, stößt fast ausnahmslos auf Kritik in den lokalen Medien und der Politik. Über die Berichterstattung und mögliche Auswirkungen eines Abzugs sprach Sputnik mit dem Bundesvorsitzenden des Deutschen Freidenker-Verbandes, Klaus Hartmann.
- Herr Hartmann, viel wurde darüber spekuliert, nun hat die US-Regierung Deutschland offiziell über einen möglichen Teilrückzug der US-Truppen unterrichtet. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte in Berlin: „Die Bundesregierung ist darüber informiert worden, dass es in der US-Administration Überlegungen gibt, die Präsenz der US-Streitkräfte in Deutschland zu reduzieren.“ Eine abschließende Entscheidung gebe es aber noch nicht. Laut Medienberichten sollen 9500 der rund 34.500 US-Soldaten aus Deutschland abgezogen werden. Wie beurteilen Sie diese Pläne?
Wie wohl auch jeder andere aus der Friedensbewegung, sehe ich diese Pläne äußerst positiv. Wobei wir uns nicht wundern, dass unser Außenminister Maas jetzt ein kompliziertes Verhältnis erblickt, der CDU-Außenpolitiker Röttgen von einer bedauerlichen Entscheidung spricht. Bemerkenswert finde ich auch die Stimmen von den Grünen, von Jürgen Trittin, der davor warnt, ohne Ramstein, Stuttgart und Landstuhl würden die USA ihre Fähigkeit schwächen, global Krieg zu führen. Ist das jetzt ein grünes Anliegen? Donald Trump würde sich damit selbst ins Knie schießen. Dann gibt es einen Transatlantikkoordinator der Bundesregierung, der heißt Beyer (CDU) und der warnt, damit würden transatlantische Brücken wegbrechen. Im gleichen Tonfall gibt es noch einen Obmann der Grünen im Verteidigungspoltischen Ausschuss, der heißt, wie der FDP-Mann, Lindner, spricht auch fast genauso und meint, Präsident Trump sei ein transatlantischer Geisterfahrer. Und so stellen wir fest: Nur die Partei „Die Linke“ hat dazu aufgefordert, diesen Teilabzug doch wenigstens als Chance zu begreifen.
Das ist bei dem Medienecho dann allerdings nicht zu hören. Wenn man zum Beispiel in der ARD-Tagesschau einen Herrn Teichmann gehört hat, der die Nachricht bringt: Die USA wollen offenbar ihre Drohungen wahrmachen. Damit ist die Einstimmung des Publikums schon geklärt: Ihre Drohungen wollen sie wahrmachen und einen Teil der Truppen abziehen. Danke für die Einordnung! Hier wird gehässiger- und unzulässigerweise Kommentar und Nachricht total vermischt. Was insbesondere in dieser gesamten Presseberichterstattung überhaupt nicht vorkommt, sind die Fragen: Warum sind überhaupt US-Soldaten in Deutschland stationiert? Was ist denn der Sinn, der Zweck und die Legitimation der US-Truppenpräsenz?
Außerdem: Geht es da um einen Abzug oder geht es da um eine Verlegung, also vielleicht nach Polen? Da fällt mir ein: Da gibt es doch die Nato-Russland-Akte. Die ist doch völkerrechtsverbindlich. Wenn weitere Truppen nach Polen gebracht würden, dann wäre das ja ein weiterer, eklatanter Bruch dieser Akte. Abgesehen von der politischen Gesamtbewertung, einer weiteren Einkreisung Russlands, ist das eine Gefahr für Europas Sicherheit. Aber solche Stimmen kommen natürlich in der deutschen Medienlandschaft überhaupt nicht vor. Hier haben die Transatlantiker seit Jahren das Monopol und die alleinige Deutungshoheit.
- Da haben Sie jetzt einige Punkte angesprochen, die ich mir gerne auch noch einmal im Detail anschauen würde. Betrachten wir mal die Situation in Deutschland, da war ja, wie Sie schon gesagt haben, der Aufschrei in den Medien und der Politik groß. Zum einen sind das ja viel Geld und viele Arbeitsplätze, die an den US-Truppen hängen würden. Zum anderen wird die Art, wie der Truppenabzug kommuniziert beziehungsweise nicht kommuniziert wird, kritisiert. Schauen wir uns den ersten Punkt mal an: Ist der Abzug der Soldaten ein großer Verlust für die BRD?
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Von dem friedenspolitischen Gewinn einmal abgesehen, machen wir jetzt einmal die Bilanz auf der Seite der Arbeitsplätze oder auch der Ökologie auf. Einen größeren Volltreffer in der Schadstoffstatistik, als durch die nutzlosen, unproduktiven und permanenten Flüge und Manöver von Kampfflugzeugen ist unvorstellbar. Wenn man sich die Konzentration der US-Truppen, besonders in der Region Ramstein, Kaiserslautern und in der Pfalz anschaut, kann man in der Arbeitslosenstatistik der Bundesanstalt nachschauen, wie das in diesen Regionen aussieht. Es gibt zwar vereinzelte Arbeitsplätze für deutsches Personal, die meisten, auch sonstigen Zivilaufgaben werden dort allerdings von US-Personal erledigt. Das führt dazu, dass gerade diese Kommunen im Landkreis Kaiserslautern zu den höchstverschuldeten in der Region, in ganz Deutschland gehören, dass Gewerbesteuereinnahmen nicht generiert werden und dass die Arbeitslosenquote entsprechend hoch ist. Von daher ist ein Verlust auf dieser Seite der sozialen Bilanz überhaupt nicht gegeben. Alles andere sind Sonntagsreden, die zwar in der rheinland-pfälzischen Landesregierung beliebt sind, von der faktischen Seite her sind die Auswirkungen allerdings gegenteilig.
Im Wesentlichen geht es ja, wie wir gehört haben, um Truppen, die in Rheinland-Pfalz stationiert sind, gegebenenfalls auch noch ein paar in Bayern. Der Abzug solcher Truppen wäre eine Wohltat für die Bevölkerung in der betroffenen Region.
- Es gibt im Bündnis festgelegte Spielregeln, mit denen man derartige Schritte konsultiert und vorab informiert. Aus den Stationierungsvereinbarungen ergibt sich auch eine vertragliche Verpflichtung der USA, die Bundesregierung vor Verringerungen zu informieren. Das ist ja anscheinend alles so nicht passiert. Wie beurteilen Sie die Art, wie die Trump-Administration diesen Schritt bisher kommuniziert hat, und was bedeutet das für das transatlantische Nato-Bündnis?
Es gibt eine Reihe von Insidern, auch solche, die bei der sogenannten Münchner Sicherheitskonferenz aktiv sind und waren. Die weißen darauf hin, dass dieser Schritt überhaupt nicht überraschend kommt, sondern bereits seit Monaten in dieser Richtung angedeutet wurde. Wie exakt nun die Besprechungen stattgefunden haben, mit welchem Klartext gesprochen wurde, das werden wir von unseren eigenen Ministern in der Bundesregierung nicht entsprechend hören können. Was wir hören können und gelesen haben, ist, dass der US-Botschafter Grenell zu seiner Verabschiedung vor gut 14 Tagen deutlich machte: Deutschland begeht einen Fehler, wenn es glaubt, der US-Druck sei vorbei oder jetzt weg. Wie sich das zu kommentieren gehört, zumindest für Transatlantiker und Nato-Stiefellecker, das hat uns ja der „Bild“-Redakteur Julian Röpke vorgeführt, indem er sagte: „Mit Richard Grenell verliert Deutschland einen der besten US-Botschafter in unserem Land überhaupt. Ob es der Druck war, Nord Stream 2 zu stoppen, die Liebesaffären zwischen Deutschland und dem iranischen Regime zu überdenken oder unsere Verteidigungsausgaben zu erhöhen – er war immer auf dem Punkt und handelte im bestmöglichen US-amerikanisch-deutschen Interesse.“ Zitat Ende. Deutsch- und US-amerikanisches Interesse ist also nach dieser Lesart identisch. Das ist bei einem Menschen, der in seinem Arbeitsvertrag im Hause Springer die Vasallentreue zur USA unterschreiben muss, kein Wunder. Diese Krokodilstränen, die da geweint werden, sind eigentlich schon seit Trumps Amtsantritt bekannt. Das läuft darauf hinaus, dass die Globalisierungsführungsmacht der Welt nicht mehr in dem Maße für militärische Expansion und Aggression zu stehen droht, wie man das eigentlich von ihr erwartet. Wir erinnern uns an die Ausrufung von Angela Merkel zur neuen Führung der freien Welt. Darin kommt zum Ausdruck: Wenn die Kriegsverbrecherin Hillary Clinton US-Präsidentin geworden wäre, dann wäre der Wohlfühleffekt für die Transatlantiker hierzulande natürlich ein anderer gewesen.
- Die gängige Meinung hierzulande ist ja, dass der Abzug ein Erfolg für Russland und China wäre. Ist dem wirklich so?
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Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender Freidenker-Verband
Das wäre natürlich zu schön, um wahr zu sein. Ich hatte schon ganz kurz auf die Problematik hingewiesen, dass diese Truppen wahrscheinlich nicht abziehen, nur nach Osten weiterziehen. Und wenn man sich das im Gesamtkontext ansieht, dann hatten wir in den 75 Jahren der Befreiung von Faschismus und Krieg den wundersamen, aber irrsinnigen Einfall der USA und der Nato, diesen Jahrestag ausgerechnet mit einem großangelegten Manöver zu begehen, genannt „Defender 2020“. In dem der schnelle Sprung an Russlands Grenze geübt werden soll. 86 Prozent aller Deutschen sind für den Abzug aller Massenvernichtungswaffen aus Deutschland und speziell der US-Atomwaffen. Vor zehn Jahren gab es sogar einen Bundestagsbeschluss, dass die USA ihre in Deutschland gelagerten Atombomben abziehen sollen. Von der Bundesregierung nie umgesetzt, sondern hintertrieben. Die Atombomben, die in Deutschland lagern, sollen aktualisiert werden, das heißt, „intelligent“ und „smart“ werden. „Intelligent“ heißt, den Atomkrieg wieder führbar zu machen, und „smart“ heißt, sie sollen klein sein, auf Deutsch: nur die vierfache Sprengkraft der Hiroshima Bombe haben.
Um dem ganzen Spuk ein Ende zu setzen – Deutschland als Aufmarschgebiet gegen Russland, atomare Massenvernichtungswaffen auf deutschem Boden, Kriegsdrehscheibe in Ramstein –, hilft nur, den Truppenstationierungsvertrag zu kündigen! Juristisch kein Problem, die Kündigungsfrist beträgt zwei Jahre. Jetzt muss „nur noch“ politischer Druck entwickelt werden.
Das komplette Interview mit Klaus Hartmann zum Nachhören:
*"Oh, Baby, please
don't go!" – Trumps Truppenabzug und der deutsche Mainstream
26.06.2020
von Leo Ensel
Ein Gespenst geht um in
Deutschland – das Gespenst eines amerikanischen Truppenabzuges von sage
und schreibe 9.500 US-Soldaten.
Nahezu alle Parteien, von
der AfD bis zu den Grünen, inklusive sämtlicher Leitmedien, haben sich zu einer
Hetzjagd gegen dieses Gespenst verbündet. Wo ist der Politiker, der nicht
verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wo die
Qualitätszeitschrift, die nicht warnend Richtung jenseits des Atlantiks angemerkt
hätte, die USA würden sich mit dieser Entscheidung nur selber schaden?
Zweierlei geht aus dieser
Tatsache hervor: Trumps, wie immer, einsame Entscheidung hat den offiziellen
Berliner Politikbetrieb mächtig ins Schwitzen gebracht und – erheblich
wichtiger – den deutschen Mainstream en passant dazu gezwungen, endlich einmal
detaillierter über den tatsächlichen Sinn und Zweck der amerikanischen
Truppenpräsenz in Deutschland aufzuklären. ..
Es ist kaum vorstellbar,
dass die US-Regierung das Hauptquartier ihrer Air Force in Ramstein, das
US-Afrika-Kommando in Stuttgart oder ihr größtes Militärkrankenhaus im Ausland
in Landstuhl schwächen würde.
Mehr zum Thema - Trump
bestätigt Teilabzugspläne: "Der mit Abstand schlimmste Täter ist
Deutschland" (Video)
Noch deutlicher war
bereits nach den ersten – damals noch unbestätigten – Abzugsgerüchten der
außenpolitische Experte der CDU im Bundestag, Andreas Nick, am 6. Juni gegenüber der Deutschen
Welle geworden:
Der CDU-Politiker verwies
auch auf die Schwerpunkte der in Deutschland stationierten US-Streitkräfte. Ein
Großteil sei vorrangig nicht auf die territoriale Landesverteidigung
ausgerichtet. Vielmehr erfüllten sie Aufgaben innerhalb des NATO-Bündnisses
und in der weltweiten militärischen Präsenz der USA.
Gut, dass auch das
Ausland, für das die Deutsche Welle ja sendet, das mal erfuhr!
By the way: Eines der bevorzugten Zielländer des Senders ist Russland …
Erfreulich unmissverständlich drückte sich bei dieser Gelegenheit auch der
Transatlantiker Norbert Röttgen aus:
Die Stationierung der
amerikanischen Soldaten in Deutschland sei für die Koordination der
internationalen militärischen Präsenz der USA enorm wichtig,
sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Die
Zusammenarbeit laufe ‚bestens‘, wie immer wieder von US-Militärs bestätigt werde.
Und klare deutsche
Prosa kam
vom früheren Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, General a.D.
Harald Kujat:
Die Amerikaner sind nicht
hier, um uns einen Gefallen zu tun, sondern weil sie strategische Interessen
haben. Deshalb werden sie auch ganz sicher nicht vollständig aus Deutschland
abziehen.
Kujat verwies in diesem
Zusammenhang unter anderem auf den US-Stützpunkt Ramstein und die
Bereitstellung von Truppenübungsplätzen, Kasernen und Personal durch die
deutsche Seite. Noch drastischer hatte sich einen Tag zuvor der frühere
Spitzenkommandeur der US-Armee in Europa, Ben Hodges gegenüber der New
York Times geäußert:
The reason we have troops
overseas in Germany is not to protect Germans, everything we have is for our
benefit.“ („Der Grund, warum wir Überseetruppen in
Deutschland haben, ist nicht der Schutz der Deutschen, alles, was wir haben,
ist zu unserem Vorteil.“)
Mehr zum Thema – Ex-US-Armeechef
in Europa: USA könnten sich schon in 15 Jahren mit China im Krieg befinden
Bei so viel Beruhigung
wollten in dieser ganz großen Koalition selbstverständlich auch die Grünen
nicht nachstehen. So
warnte der Verteidigungspolitiker der Grünen im Bundestag,
Tobias Lindner, die USA, Trump verletze vor allem die Interessen seines eigenen
Landes. Und Jürgen Trittin belehrte den
Großen Bruder jenseits des Teiches gar, „ohne Ramstein, Stuttgart
und Landstuhl würden die USA ihre Fähigkeit schwächen, global Krieg zu führen.
Donald Trump würde sich damit selbst ins Knie schießen.“ Ob er das
begrüßte oder bedauernswert fand, ließ der Ex-Fundi offen.
Kurz: Soviel Klartext
wurde in den öffentlich-rechtlichen Medien schon lange nicht mehr gesprochen!
Schon allein dafür sollte man dem erratischen US-Präsidenten dankbar sein.
Landstuhl, Stuttgart,
Ramstein
Und siehe da: Unter dem
Titel „Was machen US-Soldaten in Deutschland?“ veröffentlichte die Tagesschau auf
ihrer Website einen
Hintergrundbericht, dem wir immerhin folgendes entnehmen können:
Während 1985 im Kältesten
Krieg rund 250.000 US-Soldaten in der alten Bundesrepublik stationiert waren,
sind es heute noch um die 35.000. (Was sich in diesem Zusammenhang noch
angeboten hätte: Von den 386.000 in der DDR stationierten Sowjetsoldaten
befindet sich seit Sommer 1994 kein einziger mehr auf deutschem Boden!) Wir
erfahren weiterhin, dass das pfälzische Landstuhl das größte
US-Militärkrankenhaus außerhalb der USA beherbergt.
(Leider erfahren wir
allerdings nicht, dass gerade, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, im
nahegelegenen Weilerbach dicht neben der Airbase Ramstein ein Neubau für das in
die Jahre gekommene Landstuhler Krankenhaus entsteht: Ein Hospital, angelegt
für alle US-Soldaten und ihre Angehörigen in Europa, im Nahen Osten und in
Afrika. Medizinische Anlaufstelle für 200.000 Amerikaner, für die Verwundeten
aus den US-Einsätzen u.a. im Irak und Afghanistan. Kostenpunkt: Knapp eine
Milliarde US-Dollar. Deutschland
übernimmt im Rahmen der NATO-Verpflichtungen die
Planungskosten in Höhe von 151 Millionen Euro. Deutsche Patienten haben dennoch
keinen Zutritt.)
Wir erfahren weiterhin,
und viele vermutlich zum ersten Mal, dass 2008, also lange nach dem Kalten
Krieg, ausgerechnet in Stuttgart das Hauptquartier des amerikanischen
Afrika-Kommandos (Africom) eingerichtet wurde – zwölf afrikanische Länder
hatten sich geweigert –, in dem die USA, offiziellen Angaben zufolge, ihre
Militäroperationen auf dem afrikanischen Kontinent koordinieren, sprich: in
Zusammenarbeit mit der Airbase Ramstein den
Drohnenkrieg führen. Deutsche Behörden
dürfen das Quartier ohne Erlaubnis der Amerikaner nicht betreten.
Mehr zum Thema - Ehemaliger
US-Drohnensoldat: "Schlimmer als die Nazis, weil wir es besser wissen
sollten"
Umgekehrt genießen
allerdings die Angehörigen der US-Streitkräfte Immunität – ein Recht, das ein
Land wie Polen dagegen seinen amerikanischen Beschützern nicht einzuräumen
gewillt ist! Und an dieser Stelle erfahren wir, dass
die Bundesrepublik zwischen 2006 und 2015 ganze 570 Millionen Euro für
Bauherren- und Planungskosten für Neubauten und Erweiterungen von US-Kasernen
übernahm. (Übrigens: Für den Zeitraum von 2019 bis 2030 sind weitere 650
Millionen Euro vorgesehen.)
Und dann wird kurz
Klartext gesprochen:
Die Lage der US-Kasernen
in Deutschland ist für die USA geostrategisch von großer Bedeutung: durch die
Nähe zu Russland und anderen Regionen auf dieser
Seite der Erdkugel.
In dieser Tonlage geht es
weiter: „Für Diskussionen sorgten tödliche Drohneneinsätze der USA,
beispielsweise im Jemen oder Pakistan. Offiziell heißt es, diese Einsätze
seien weder von deutschem Boden gestartet noch gesteuert worden. Jedoch werden
die Funksignale über Ramstein weitergeleitet. Ohne diese Option wären die
US-Drohneneinsätze wohl kaum möglich.“
Und zum Schluss wird noch
nebenbei angemerkt: „Übrigens: Rechtlich gesehen, könnte Deutschland
die Stationierungsverträge mit einer Frist von zwei Jahren kündigen.“
Mit einem Wort – diesen
Schluss legen die Ausführungen zwingend nahe: Deutschland ist für die USA ein
unverzichtbarer ‚Flugzeugträger‘ für globale Operationen!
Na also. Geht doch! Warum
nicht gleich so? Schade nur, dass das ebenfalls in Stuttgart stationierte
Oberkommando der US-Streitkräfte in Europa (Eucom) und ausgerechnet die Atomsprengköpfe
von Büchel vergessen wurden ... Dennoch: Solche Berichte, liebe Tagesschau, hätten
wir Rundfunkgebührenzahler gerne öfter von Ihnen!
Freut euch nicht zu früh!
Eine Warnung an die deutschen Pazifisten
Mal abgesehen davon, dass
möglicherweise doch nicht alles so heiß gegessen wird, wie Präsident Trump es
gerade kocht: Ein Grund zum Jubeln allerdings wäre der Abzug von rund einem
Viertel der in Deutschland stationierten US-Soldaten für Friedensbewegte und
Linke noch lange nicht. Selbst wenn die USA tatsächlich, wie einige Politiker
der Links-Partei verständlicherweise forderten, auch noch ihre in Büchel
gelagerten Atomsprengköpfe mitnehmen würden.
Jedenfalls dann nicht,
wenn die meisten Soldaten inklusive Atomsprengköpfe nicht etwa nach Übersee,
sondern, wie gerade diskutiert wird, nur ein paar hundert Kilometer weiter
östlich ins benachbarte Polen verlegt werden sollten. Dort jedenfalls frohlockten,
wie seinerzeit bei der amerikanischen Kündigung der INF-Vertrags, gewisse
Regierungskreise sofort.
Eine weitere Verlegung
tausender US-Soldaten in das Nachbarland, wo eh bereits 5.000 US-Soldaten
stationiert sind, könnte zu einer ernsten Krise führen, die auch für
Deutschland unabsehbare Folgen hätte: Aus russischer Perspektive nämlich könnte
diese Maßnahme mit der – bereits x-mal vom Westen höchst kreativ ausgelegten
– NATO-Russland-Grundakte endgültig
nicht mehr kompatibel sein! Russland könnte sich gezwungen sehen, die Grundakte
zu kündigen, wodurch zusätzlich zu den bereits aufgekündigten Abrüstungs- und
Rüstungskontrollverträgen einer der allerletzten vertrauensbildenden
Grundpfeiler der Sicherheitsstruktur zwischen West und Ost auch noch entfiele.
Man mag sich die Folgen nicht ausmalen!
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für Polen: Washingtons Vertreter in Berlin und Warschau zündeln wieder
Und was eine
Stationierung amerikanischer Atomsprengköpfe auf polnischen Territorium
beträfe, so hat sich bei den dortigen Machthabern offenbar immer noch nicht
herumgesprochen, dass man, der unerbittlichen Abschreckungslogik zufolge, mit
dieser Maßnahme sich selbst zur Zielscheibe gegnerischer – sprich: russischer –
Präventivschläge machen, also genau das Gegenteil des Beabsichtigten, nämlich
mehr Sicherheit, erreichen würde. „Rampen für Raketen“, so ein alter Spruch der
Friedensbewegung, „sind Untergangsmagneten!“
Und dass – die ‚Feder‘
sträubt sich bei diesem Gedanken! – selbst ein auf Polen begrenzter ‚nuklearer
Schlagabtausch‘ auch Deutschland in aller höchstem Maße mitaffizieren würde,
bedarf angesichts der Tatsache, dass der nukleare Fallout, siehe Tschernobyl,
sich um Staatsgrenzen einen Dreck schert, keiner weiteren Erläuterung. Ganz
abgesehen davon, dass im ominösen Ernstfalle eine Hightech-Drehscheibe wie
Ramstein ein Angriffsziel allerersten Ranges darstellen würde.
Kurz: Deutschland
würde bei einer Verlagerung amerikanischer Truppenteile und
Massenvernichtungsmittel nach Polen um keinen Deut sicherer.
Für eine neue
transatlantische Sicherheitsstruktur!
Nein, umgekehrt wird ein
Schuh draus – und die entsprechenden Vorschläge liegen längst vor. Sie könnten,
guten Willen westlicherseits vorausgesetzt, längst realisiert sein. Leider
wurden sie von USA und NATO noch nicht mal ignoriert!
Ich spreche von den
wiederholten Vorschlägen Russlands zum Aufbau einer neuen transatlantischen
Sicherheitsstruktur – zuletzt vom damaligen Präsidenten Medwedew, der im Sommer
2008 eine euroatlantische Friedenscharta von Vancouver bis Wladiwostok anregte.
Und ich spreche vom Geist der „Charta
von Paris“, die im November vor 30 Jahren verabschiedet wurde
und – wäre sie umgesetzt worden – die einmalige Chance für eine nachhaltige
Befriedung des euroasiatischen Kontinents geboten hätte. Dort hieß es unter
anderem: „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes
Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden.“
Aufgabe einer wirklichen
Sicherheits- und Friedenspolitik für alle Seiten wäre es, unter veränderten
geopolitischen Rahmenbedingungen hier wieder anzuknüpfen! Und die
Friedensbewegung hätte hier einen verlässlichen Kompass, um die offizielle
Politik in die richtige Richtung zu drängen.
PS:
Ein besonders
weitreichender Vorschlag kam kürzlich im Zusammenhang mit der Diskussion um die
Folgenbewältigung der globalen Corona-Pandemie von
Michail Gorbatschow. Dieser plädierte für eine
Entmilitarisierung des Sicherheitsbegriffes und für eine Kürzung der weltweiten
Rüstungsausgaben um 10 bis 15 Prozent:
Das übergeordnete Ziel
muss die menschliche Sicherheit sein: Bereitstellung von Nahrungsmitteln,
Wasser und einer sauberen Umwelt sowie Pflege der Gesundheit der
Menschen. Um dies zu erreichen, müssen wir Strategien entwickeln,
Vorbereitungen treffen, Reserven planen und schaffen. Aber alle Bemühungen
werden scheitern, wenn die Regierungen weiterhin Geld verschwenden, indem sie
das Wettrüsten befeuern.
Keine schlechte
Argumentationshilfe für die Bundesregierung in der Auseinandersetzung mit
Präsident Trump um das vielzitierte Zwei-Prozentziel – wenn sie sich eine
solche denn zutrauen würde! Berlin hätte hier die einmalige Gelegenheit zu
demonstrieren, wen es als Impulsgeber akzeptieren möchte: Den Vater des
INF-Vertrages, dem Europa 31 Jahre Sicherheit vor einem möglichen Atomkrieg –
und Deutschland obendrein Mauerfall und Wiedervereinigung – verdankt, oder
einen unerträglich primitiven unberechenbaren Maulhelden jenseits des
Atlantiks?
Manchmal muss man sich
halt entscheiden!
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