Revolution in USA unvermeidlich
22.08.2017
Iswestija
Über den Kampf des Nationalen und des Globalen in den USA schreibt der Politologe Andrej Besrukow, Dozent an der MGIMO-Universität, in seinem Beitrag für die Zeitung „Iswestija“.
Dass in den USA gerade eine Revolution stattfindet – daran gibt es keinen Zweifel…
Bald werden Konservative und Sozialliberale — einfacher gesagt, die Nachfolger von Reagan und Roosevelt — aufeinander prallen...
US-Unternehmen, die ihre Konkurrenzfähigkeit verlieren, und die ärmer werdende Mittelschicht haben ein gemeinsames Interesse am Sieg des Nationalen über das Globale. Der Aufruf Trumps zum traditionellen Amerika stieß auf positive Reaktionen unter jenen, die um ihre Zukunft bangten.
Der Nationalist Trump machte Schluss mit der Globalisierung, als er die ganze Welt als Konkurrent der USA bezeichnete.
Zudem machte er Schluss mit der Heuchelei der USA sich selbst gegenüber. Mit dem Amtsantritt Trumps kam das Ende der politischen Korrektheit, die die öffentliche Diskussion auf die von Eliten zugelassenen Rahmen enger machte und alle Ideen und ihre Autoren diskreditierte, die sich außerhalb dieser Rahmen bewegten. Das war die schlimmste Zensur.
Doch das Phänomen Donald Trump ist nicht nur das Ergebnis des Aufstiegs der konservativen Bewegung. Es ist auch das Ergebnis des Scheiterns der linken Ideologie in den USA.
Die Spitze der Demokraten distanzierte sich von der Mittelschicht als ihre traditionelle Basis. Die Partei wechselte vom Sozialliberalismus Roosevelts zum oligarchischen Neoliberalismus der Clintons.
Doch jetzt kehrte Amerika und die ganze Welt zu jener Situation zurück, die Roosevelt vor fast 100 Jahren an die Macht gebracht hatte.
Wir haben es erneut mit einer systemischen Wirtschaftskrise und Finanzblasen, Polarisierung und sozialer Unzufriedenheit und der Aussicht einer neuen Teilung der Welt und notwendigen Konzentration der nationalen Ressourcen für ein neues Rennen um die globale Führungsrolle zu tun.
Die historische Wahl, vor der die USA stehen, sieht folgendermaßen aus sie orientiert sich am Beispiel Roosevelts, der versucht hatte, die Verteilung nationalen Reichtums gerechter zu gestalten, um so die soziale Stabilität und Kaufkraft aufrechtzuerhalten.
Keine einzige Frage, von der die Zukunft der USA abhängt, kann aus der Position des Konservatismus gelöst werden, der den Abbau der Rolle des Staates, maximale Freiheit für Geschäfte und den Vorrang der persönlichen Interessen über den Interessen der Gesellschaft vorsieht.
Der Konservatismus führt das Land also in eine Sackgasse und zu einer sozialen Explosion. Deswegen ist die Machtübernahme durch die Sozialliberalen unausweichlich, das ist nur die Frage der Zeit.
Doch was hat Trump damit zu tun?
Um etwas Neues zu bauen, muss mit Altem gebrochen werden. Trump ist der Zerstörer eines alten Systems, der den politischen Raum für Wandel frei macht.
Trump desavouierte Washington – sowohl Demokraten, als auch Republikaner – als Träger einer universellen Wahrheit, wobei das Zeigen ihres moralischen Verfalls provoziert wurde.
Es wurde gezeigt, dass es neben amerikanischen Universallisten auch amerikanische Nationalisten gibt.
Zudem zerstört Trump auch die atlantische Solidarität, die für das eigenständige Amerika überflüssig und kostspielig wird.
Fortgeschrittene Demokraten müssen Trump dafür dankbar sein, dass er die Säuberung der linken Flanke der US-Politik von der Clinton-Fäule beschleunigte, an der die Demokraten selbst nicht rühren wollten. Wie der Wahlkampf zeigte, war es einfach unmöglich, die Mauer der politisch korrekten Zensur von der linken Seite, durch Sanders, zu durchbrechen. Das konnte letztlich nur Trump.
Trump kann noch verlieren, doch es wird keine Rückkehr mehr zum Status quo geben. Er zerstörte den Vertrag der Eliten, spitzte ihren Kampf zu, machte ihn öffentlich und schnitt ihre Wege zum Rückzug ab…
Das bedeutet, dass wir zum ersten Mal seit mehreren Jahren statt eines künstlichen Wettkampfes zwischen Republikanern und Demokraten einen realen Kampf der Rechten und Linken sehen – der Konservativen und Liberalen. Dieser Kampf beginnt mit örtlichen Machtorganen und wird in vier bis acht Jahren den Kongress erneuern.
Man soll besonders hervorheben, dass die Prioritäten der Konservativen Trumps und der Progressivismus-Anhänger Sanders bei mehreren wichtigsten Punkten der Hauptprobleme Amerikas – der Notwendigkeit einer Steuerreform, der Einschränkung der Macht der Finanzwelt, der Wiederbelebung der nationalen Wirtschaft und der Reform des Wahlsystems — zusammenfallen.
Das schürt die Hoffnung, dass eine stabile Wählermehrheit zur Unterstützung des linksliberalen Roosevelt-Kurses in der Innen- und Außenpolitik Amerikas von morgen nicht nur möglich sondern fast schon unausweichlich ist.
Die konservative Revolution von oben eröffnet einen Weg der liberalen Revolution von unten. Damit beschleunigt Trump selbst die historische Wende der USA von den Nachfolgern Reagans zu den Nachfolgern Roosevelts.