Wie begann die Corona-Krise? Und wie wurde sie zum Medienereignis? Untersucht man den genauen Ablauf der Ereignisse im Januar 2020, dann ergeben sich überraschende Einsichten – und manche Fragen.
Ein Auszug aus dem neuen Buch „Chronik einer
angekündigten Krise“.
PAUL SCHREYER
18. September 2020
31. Dezember
Zu Silvester 2019 begann sich die Corona-Krise in den Medien zu entfalten – zunächst noch zaghaft und unscheinbar. Die erste Meldung tauchte am 31. Dezember auf und lautete:
„Eine mysteriöse Lungenkrankheit ist in
der zentralchinesischen Metropole Wuhan ausgebrochen. Bislang seien 27
Erkrankte identifiziert worden, berichtete die Gesundheitskommission der
Stadt. Gerüchten im Internet, es könnte sich um einen neuen Ausbruch der
Lungenseuche Sars handeln, trat die 'Volkszeitung' entgegen. Die
Gesundheitskommission berichtete, viele der Infektionen könnten auf den Besuch
des Huanan-Fischmarktes von Wuhan zurückgeführt werden. Die Erkrankten seien in
Quarantäne untergebracht worden. Sieben seien in einem ernsten Zustand.“
Diese dpa-Meldung, die offenbar auf einer
Nachricht der Agentur Reuters basierte, die wiederum auf eine
Pressemitteilung des Gesundheitsamts der Stadt Wuhan zurückging,
wurde in Dutzenden deutschen Medien veröffentlicht, erregte allerdings, mangels
erkennbarer Relevanz, kein weiteres Aufsehen.
Dass 27 Erkrankte (nicht etwa Tote) am anderen Ende
der Welt überhaupt zu einer Agenturmeldung in Deutschland und anderen
westlichen Ländern führten, ist erklärungsbedürftig.
Die Tatsache, dass Nachrichtenagenturen diese
Information für veröffentlichungswert hielten, hing fraglos mit den im Bericht
erwähnten „Gerüchten im Internet“ zusammen (von wem eigentlich
verbreitet?), in denen spekuliert worden war, die 2003 epidemisch aufgetretene
und seither wieder verschwundene Lungenkrankheit SARS könne womöglich
neu ausgebrochen sein. SARS war vielen noch in lebhafter Erinnerung, da das
Phänomen damals über Wochen hinweg für weltweite Schlagzeilen gesorgt hatte.
Alle ersten Berichte über die „mysteriöse Lungenerkrankung“ verwiesen auf den
17 Jahre zurückliegenden SARS-Ausbruch. Das war der Kontext, der überhaupt erst
das Interesse schuf.
1. Januar 2020
Bereits zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung
setzte eine Informationskontrolle ein. Laut einem chinesischen Bericht vom 1.
Januar 2020 hatte die Polizei in Wuhan mehrere Menschen festgenommen, die „falsche
Informationen“ zu dieser Krankheit im Internet verbreitet hätten, was zu
„negativen gesellschaftlichen Auswirkungen“ geführt habe. Die Polizei ermahnte
die Bürger der Stadt, „keine Gerüchte zu glauben oder in Umlauf zu bringen“ und
für „ein harmonisches, sauberes Internet“ zu sorgen – Empfehlungen, die bald
auch in Deutschland populär werden sollten.
Über den Beginn der Epidemie herrschte Unklarheit. Im April 2020 tauchten in amerikanischen und israelischen Medien Berichte auf, wonach eine Abteilung des US-Militärgeheimdienstes DIA, das sogenannte National Center for Medical Intelligence, bereits im November (!) 2019 sowohl die eigene Regierung als auch die Nato sowie das israelische Militär vor einer sich ausbreitenden Seuche in der Region Wuhan gewarnt hatte, die sich „katastrophal“ entwickeln könne.
Der Geheimdienst dementierte die Meldung. War sie
dennoch zutreffend – wofür die zusätzliche Bestätigung durch die Israelis
sprach –, würde eine naheliegende Frage lauten, wie der Geheimdienst schon im
November zu seinen Erkenntnissen hatte kommen können – als allem Anschein nach
selbst die chinesischen Behörden noch keine Kenntnis von einem Ausbruch hatten.
In der ersten Januarhälfte blieb das Thema in
westlichen Medien weitgehend unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Es erschienen
zwar vereinzelte Meldungen, aber keine herausgehobenen Berichte.
9. Januar
Auch als am 9. Januar erstmals gemeldet wurde, dass
die „rätselhaften Lungenerkrankungen in China offenbar auf ein bisher
unbekanntes Coronavirus“ zurückgingen, das „bei 15 der insgesamt fast 60
offiziell Erkrankten“ in Wuhan nachgewiesen worden sei, tauchte das in
Deutschland nicht in den Abendnachrichten auf, sondern lediglich in
einem Onlineartikel auf tagesschau.de.
Die Redaktion illustrierte den Text mit einem Foto der
Stadt Wuhan in dichtem Smog, womit dezent angedeutet wurde, dass die
Lungenerkrankung vielleicht auch etwas mit der starken Luftverschmutzung vor
Ort zu tun haben könnte.
16. Januar
Dass ein Team um den Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité bereits am 16. Januar einen PCR-Test zum Virusnachweis entwickelt hatte, den die WHO umgehend Laboren in aller Welt empfahl, wurde von den Medien zunächst nicht registriert.
Zum unglaublichen Tempo dieser Testentwicklung erklärte Drosten
später:
„Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr
ging das los, dass hier die erste informelle Information ankam. (...) Wir haben
uns tatsächlich auf so ein paar Indizien verlassen. Wir haben aus sozialen
Medien Informationen gehabt, dass das ein SARS-ähnliches Virus sein könnte und
wir haben dann eins und eins zusammengezählt. (…) Und als dann so eine Zeit
später die Kollegen aus China die erste Genom-Sequenz öffentlich
gestellt haben von diesem neuen Virus [am 10. Januar; P.S.], haben wir das
natürlich mit all unseren Kandidatentests verglichen, die besten herausgesucht
und mit denen weitergearbeitet. (…) Wir haben diesen Test Kollegen in China
zur Verfügung gestellt, deren Namen ich jetzt nicht nennen kann. Und die haben
das für uns getestet und uns gesagt, dass es gut funktioniert.“
Den Anstoß für die Testentwicklung hatten also die
schon erwähnten, nicht näher bezeichneten „Gerüchte im Internet“ gegeben,
bestätigt hatten die Wirksamkeit des Tests dann anonym bleibende „Kollegen in
China“. All das wurde, wie gesagt, Mitte Januar in den Medien nicht berichtet...
Übung und Realität vermischen sich
17. Januar
Am Freitag, dem 17. Januar passierte in diesem
Zusammenhang etwas ausgesprochen Seltsames:
Das Johns Hopkins Center for Health Security veröffentlichte zusammen mit dem World Economic Forum und der Gates Foundation eine gemeinsame Pressemitteilung, in der die Übungsauswertung von „Event 201“ vorgestellt wurde, insbesondere die politischen Empfehlungen, die man drei Monate zuvor beschlossen hatte.
Oktober 2019
Bei der Übung hatten Konzernmanager und Beamte
bekanntlich im Oktober 2019 eine Coronavirus-Pandemie durchgespielt.
Januar 2020
In der Mitteilung vom Januar 2020 hieß
es:
„Die nächste schwere Pandemie wird nicht nur Krankheit und Tod verursachen, sondern könnte auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Kettenreaktionen auslösen (...). Die Bemühungen, solchen Folgen vorzubeugen oder auf sie zu reagieren, während sie sich entfalten, werden ein beispielloses Maß an Zusammenarbeit zwischen Regierungen, internationalen Organisationen und privaten Unternehmen erfordern.“
Angemahnt wurde der weitere Ausbau einer
internationalen Impfstoffreserve, der Abbau von Regularien bei der
Impfstoffentwicklung sowie ein verstärkter Kampf gegen Falschinformationen.
Bizarr war daran vor allem, dass die sich gerade entfaltende Corona-Krise
mit keinem Wort erwähnt wurde, die Pressemitteilung aber offensichtlich in
diesem Zusammenhang lanciert worden war. Andernfalls hätte man sie bereits drei
Monate zuvor, unmittelbar nach dem Ende der Übung, veröffentlichen können.
Übung und Realität verzahnten sich in eigenartiger Weise miteinander.
20. Januar
Das große und bis heute anhaltende Medieninteresse
am Virus begann dann schlagartig und unvermittelt genau drei Tage
später, am Montag, dem 20. Januar, einen Tag vor der Eröffnung des World
Economic Forum (WEF) in Davos, dem jährlichen Treffen der wichtigsten
Staats- und Konzernchefs der Welt.
An diesem Tag wurde die neue Erkrankung auch zum
ersten Mal in der Hauptausgabe der Tagesschau erwähnt. Der Zwei-Minuten-Beitrag
tauchte zum Ende der Sendung hin auf, nachdem zuvor ausführlich über das
anstehende WEF-Treffen berichtet worden war.
Zur eingeblendeten Schlagzeile „Massiver Anstieg von Coronavirus-Fällen“ erklärte Moderator Jens Riewa dem Fernsehpublikum:
„Das neuartige Coronavirus in China
breitet sich überraschend schnell aus. Mehr als 200 Menschen sind
offiziellen Angaben zufolge bereits an einem Lungenleiden erkrankt, das durch
den Erreger ausgelöst wird. Inzwischen haben auch drei Nachbarländer
Infektionen gemeldet. Die Weltgesundheitsorganisation berief ein
Expertengremium ein, das unter anderem mögliche Maßnahmen empfehlen soll.
Chinesischen Forschern zufolge überträgt sich das Virus auch von Mensch zu
Mensch.“
Die Aussage, das Virus verbreite sich „überraschend
schnell“ war zu dem Zeitpunkt, angesichts von lediglich 200 Erkrankten
innerhalb von drei Wochen, nur schwach belegt.
Die wesentliche, neue Information lag in der nun erklärten
Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch.
20. Januar
Neu war außerdem, dass die chinesische Regierung
ihren anfänglichen Kurs, das Thema unter den Teppich zu kehren, inzwischen
radikal geändert hatte und die Krise nun selbst mit aller Kraft und
öffentlichem Nachdruck zu einer Staatsaffäre erklärte. Beginnend mit
dem 20. Januar legten die chinesischen Gesundheitsbehörden täglich einen
Bericht mit den neuesten Corona-Fallzahlen vor. Auf
diese ersten Zahlen bezog sich auch die Tagesschau in
ihrem Fernsehbericht.
Anschließend an die kurze Moderation Jens Riewas
folgte ein Bericht des Pekinger ARD-Korrespondenten, in dem es hieß:
„Jetzt vor dem Neujahrsfest ist
Hauptreisezeit in China. Auf dem Bahnhof von Wuhan wird nun jeder kontrolliert.
Fiebermessgeräte und medizinisches Personal sind im Einsatz. (…) Bisher sind
drei Menschen gestorben. Die meisten Patienten seien nicht schwer krank, litten
unter Fieber und Atemproblemen. (…) Im Staatsfernsehen berichtet heute ein
Forscher von Infizierten, die nicht selbst in Wuhan waren, aber Angehörige von
ihnen: 'Wir können daher bestätigen, dass es Fälle gibt, bei denen das Virus
von Mensch zu Mensch übertragen wurde.' Mit dieser Nachricht ist klar: Eine
weitere Ausbreitung des Virus in China wird wahrscheinlicher und die Kontrolle
der Krankheitswelle schwieriger.“
Damit war der Ton für die kommenden Wochen vorgegeben – nicht nur in der Tagesschau. Das zu diesem Zeitpunkt abrupt anschwellende Medieninteresse lässt sich auch anhand der Berichterstattung der New York Times nachverfolgen.
Während bis dahin nur vereinzelte Artikel zum Virus
erschienen waren, so etwa am 10.1. („China berichtet ersten Toten durch neues
Virus“), 15.1. („Japan und Thailand bestätigen neue Fälle des chinesischen
Coronavirus“), 17.1. („Drei US-Flughäfen kontrollieren Passagiere auf ein
tödliches chinesisches Coronavirus“), 18.1. („Tödliches Rätselvirus wird in
zwei neuen chinesischen Städten und Südkorea gemeldet“), und 20.1. („China
bestätigt, dass neues Coronavirus sich von Mensch zu Mensch überträgt“), so explodierte
die Menge der Artikel mit Beginn des WEF-Treffens in Davos geradezu.
21. Januar
Allein am 21. Januar, dem Eröffnungstag der
Konferenz, erschienen in der New York Times fünf verschiedene Artikel zum
Coronavirus sowie zusätzlich erstmals eine optisch leicht erfassbare „Wuhan
Coronavirus-Karte“ zur Verfolgung des Ausbruchsgeschehens.
21. Januar
Ebenfalls am 21. Januar veröffentlichte die WHO
ihren ersten „Coronavirus-Lagebericht“, der seither täglich erscheint. Der
Startschuss für das mediale und politische „Corona-Dauerfeuer“ war erfolgt.
Das Covid-19-Dashboard ist sofort
einsatzbereit
22. Januar
Schon am nächsten Tag passierte etwas Weiteres, für die mediale Vermittlung des Themas sehr Folgenreiches: Die Johns Hopkins Universität startete ihr Covid-19-Dashboard, jene mittlerweile berühmt gewordene online verfügbare Weltkarte, in der die geografische Verteilung aller Corona-Fälle sowie deren Entwicklungstrend, die Fall- und Todeszahlen ständig aktualisiert dargestellt wurden.
Zum Start am Mittwoch, dem 22. Januar hieß
es in einem Pressebericht:
„Bis Mittwochnachmittag wurden laut
offiziellen chinesischen Berichten 444 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert,
von denen mindestens 17 am neuartigen Coronavirus verstorben sind. Doch die
Karte, die am Mittwoch von Forschern der Johns Hopkins Universität vorgestellt
wurde, lässt vermuten, dass diese Zahlen möglicherweise schneller wachsen,
als nationale Quellen es zeigen. 'Wir denken, dass es für die Öffentlichkeit
wichtig ist, die Situation in ihrem Verlauf mit transparenten Datenquellen zu
verstehen', so Lauren Gardner, Professorin an der Johns Hopkins University, die
das Team leitete, das die Karte erstellte. (...) Laut Gardner handelt es sich
bei der Karte um eine 'sehr einfache' Sammlung von gemeldeten Fällen, die aus
Quellen auf lokaler Ebene zusammengetragen wurden und keine Modellierung
erfordern. Um die Karte zu erstellen, haben Gardner und ihr Team lokale
chinesische Medienberichte gesichtet und zusammengestellt. Diese Berichte
wurden dann ins Englische übersetzt, und ihre Standorte wurden kartiert. Wenn
neue Berichte eintreffen, wird die Karte aktualisiert, so Gardner.“
Das Dashboard entwickelte durch seine leichte
Verständlichkeit ein Eigenleben.
Hunderte Medien in aller Welt übernahmen
die Daten und auch die Art der grafischen Darstellung.
Die schwer greifbare Gefahr einer Epidemie ließ
sich damit hervorragend veranschaulichen.
Das Dashboard bediente zusätzlich das mediale
Bedürfnis nach ständigen News und Updates – und befeuerte damit die
öffentliche Nervosität weiter.
Viele Redakteure und Medienkonsumenten, aber auch
Politiker schauten fortan gebannt auf die steigenden Kurven, die in fast
jeden Artikel zum Thema eingebaut waren und die den Eindruck vermitteln, man
habe mit einem Blick darauf auch bereits das Wesentliche verstanden.
„Quelle: Johns Hopkins“
wurde zu einem geflügelten Wort in den Medien, wo man den amerikanischen
Zahlen meist blind vertraute. Durch das Dashboard erlangte eine private
US-Institution die internationale Deutungshoheit über die Höhe der Fallzahlen.
22. Januar
Ebenfalls am 22. Januar folgte der nächste große
Paukenschlag: Die chinesischen Behörden kündigten an, am folgenden Tag die Zehn-Millionen-Metropole
Wuhan sowie mehrere weitere Großstädte vollständig unter Quarantäne zu
stellen. Niemand dürfe diese Städte dann mehr betreten oder verlassen – eine in
diesem Umfang beispiellose Aktion. Die Entscheidung schien die Größe der Gefahr
nochmals zu belegen. Als Beobachter musste man annehmen, dass die Lage
außergewöhnlich bedrohlich war, wenn die Regierung sich zu einem so extremen
Schritt entschloss.
30. Januar
Innerhalb der WHO-Gremien wurde am gleichen Tag versucht, die Behörde zu veranlassen, einen „Internationalen Gesundheitsnotstand“ („Public Health Emergency of International Concern“) auszurufen, was sich zunächst intern nicht durchsetzen ließ, am 30. Januar aber nachgeholt wurde.
23. Januar
Die weltweite Berichterstattung fokussierte nun vollständig auf das Thema Corona. In der New York Times erschienen allein am 23. Januar 13 (!) Artikel zum Thema. Die Überschriften lauteten unter anderem: „Ängste wegen des neuen Coronavirus ergreifen Davos“ und „Wie Chinas Virusausbruch die Weltwirtschaft bedrohen könnte“.
21. bis zum 24. Januar
Wie erwähnt, tagten zur gleichen Zeit, vom 21. bis zum 24. Januar, fast 3.000 Politiker, Manager und Journalisten, darunter viele der mächtigsten Staats- und Konzernchefs, in Davos.
Dieser Umstand erinnert an das bereits geschilderte Pandemieszenario
der Übung „Atlantic
Storm“ von 2005,
wo die Nachricht von einem Seuchenausbruch die Staatschefs ebenfalls auf einer
internationalen Konferenz überraschte, wo alle Entscheidungsträger
günstigerweise schon gemeinsam versammelt waren.
Hier der entsprechende Auszug aus dem damaligen
Drehbuch:
„Am 13. Januar, dem Vorabend des Gipfels,
wurden in Deutschland, den Niederlanden, Schweden und der Türkei Pockenfälle
gemeldet. Die Staats- und Regierungschefs beschließen, sich am 14. Januar für
einige Stunden zu treffen, bevor sie sich auf den Heimweg machen, um sich mit
der beginnenden Krise zu befassen. Während des sechsstündigen Treffens rangen
die transatlantischen Staats- und Regierungschefs mit dem Ausmaß und dem
rasanten Tempo der sich ausbreitenden Pockenepidemie, den Spannungen zwischen
Innen- und Außenpolitik, der Herausforderung, die Bewegung von Menschen über
die Grenzen hinweg zu kontrollieren und dem weltweiten Mangel an kritischen
medizinischen Ressourcen wie einem Pockenimpfstoff.“
Ersetzte man hier das Wort „Pocken“ durch
„Coronavirus“ und den 13. Januar durch den 23. Januar, dann landete man recht
genau in der Realität.
Die wichtigsten Entscheidungsträger sind
versammelt
Ende Januar 2020
Das jährlich stattfindende WEF-Treffen in Davos ist die größte und am hochkarätigsten besetzte Veranstaltung dieser Art. Ende Januar 2020 waren die Führer der mächtigsten Konzerne der Welt dort versammelt, darunter die Chefs von Google, Apple, Facebook und Microsoft.
Dazu kamen die Vorstandsvorsitzenden der führenden Pharmafirmen:
Roche, Bayer, Sanofi, Astra Zeneca (das Unternehmen, das wenige Monate
später Deutschland für einen dreistelligen Millionenbetrag einen
Impfstoff verkaufte,
der noch gar nicht entwickelt war) sowie der Chef des Pharmakonzerns Moderna,
wo man sich auf neuartige mRNA-Impfstoffe konzentrierte, die in der
Corona-Krise in hohem Tempo entwickelt wurden. Ebenfalls zugegen waren die
Vorsitzenden der Impfallianz Gavi und des Impfstoffforschungsverbundes
CEPI, Richard Hatchett, der kurz darauf „die
weltweite Covid-19-Impfstoffentwicklung koordinierte“.
Zu den weiteren Gästen in Davos zählten die Bosse diverser Großbanken sowie von BlackRock, Visa, Mastercard, der Rockefeller Foundation, des Atlantic Council, die Vorsitzenden der Zentralbanken von einem Dutzend Staaten, zahlreiche Chefredakteure großer Medien sowie die Staats und Regierungschefs von mehreren Dutzend Ländern, darunter Donald Trump und Angela Merkel.
Sie alle verfügten während der aufregenden Woche in
Davos über ausreichend Gelegenheit, ihre Reaktionen auf die Krise miteinander
abzustimmen – nicht unbedingt nur auf offener Bühne, sondern auch diskret am
Rande der Veranstaltung.
23. Januar
Die Marschrichtung an die Politik gab am 23.
Januar ein
Kommentar in der New York Times vor: „Seien Sie auf alles gefasst und
überlassen Sie es den Experten.“
24. Januar
Gleichzeitig mit dem Abschluss des WEF-Treffens am 24.
Januar meldete die
WHO weltweit 25 Corona-Tote. Zu einer bedrohlichen „globalen Krise“
passte diese Zahl überhaupt nicht. Und doch war durch die beschriebenen politischen
Entscheidungen, deren mediale Begleitung sowie die allgemeine Projektion eines
„neuen SARS“ der Eindruck einer riesenhaften Gefahr entstanden.
24. Januar
Was im Nachhinein auffällt: Am 24. Januar, als die in
Davos versammelten Staats- und Konzernchefs wieder nach Hause reisten, waren
mehrere für das zukünftige Management der Corona-Krise wesentliche Elemente
bereits gestartet oder einsatzfähig:
- der
PCR-Test zum Sammeln der Fälle
- die
täglichen Lageberichte der WHO zur Unterrichtung der Öffentlichkeit
- das
Covid-19-Dashboard zur grafischen Darstellung der Lage in den Medien
- die
politischen Empfehlungen des WEF und der Gates Foundation
Alles war vorbereitet.
Und tatsächlich:
Von diesem Zeitpunkt an
entfaltete sich die Krise fast wie automatisch.
Die große Pandemie-Maschine, jahrelang konstruiert,
geprobt und für den Ernstfall vorbereitet, lief nun.
Auch an dieser Stelle sei aber wieder der Hinweis
angefügt: Diese Beobachtung unterstellt noch keine Planung oder bewusste
Herbeiführung der Pandemie. Der Ablauf lässt sich auch harmlos erklären: Die
beteiligten Institutionen waren auf einen solchen Ausbruch ganz einfach
„gedrillt“. Virologen suchten ständig nach neuen Krankheitserregern, begierig,
diese nachzuweisen. Wissenschaftler wie von der Johns Hopkins Universität hatten
seit 20 Jahren nichts anderes gemacht, als vor Bioterror und Pandemien zu
warnen. Zeichnete sich deren reale Möglichkeit ab, entfalteten sie maximale
Betriebsamkeit. Auch die WHO und viele andere Behörden setzten lediglich
dutzendfach geprobte Abläufe um, bestrebt, so „effizient“ wie möglich zu
arbeiten, keine Fehler zu machen und dem einstudierten Protokoll genau zu
folgen. Es handelte sich, so gesehen, tatsächlich um eine Art Maschine, die,
einmal gestartet, ihrer programmierten Eigendynamik folgte.
So weit die harmlose Erklärung. Dennoch blieben auch
andere denkbar.
Dieser Text ist ein Auszug aus dem am 14. September erschienenen Buch "Chronik einer angekündigten Krise – Wie ein Virus die Welt verändern konnte", Westend Verlag, 176 Seiten, 15 Euro
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